Cambridge Analytica: Daten von 100.000 Rumänen gesammelt
Erstmals stellte sich Facebook-Chef Mark Zuckerberg in einer Anhörung vor dem US-Kongress den kritischen Fragen von Abgeordneten.
Corina Cristea, 20.04.2018, 17:30
Zuckerberg sagte im US-Kongress, er würde sich nicht einer Form von Internet-Regulierung widersetzen, die er angesichts der weltweit steigenden Bedeutung des Internets für unvermeidlich“ hielte. Gleichzeitig entschuldigte sich der Facebook-Gründer öffentlich dafür, dass er die persönlichen Daten der Nutzer nicht vollständig geschützt habe.
Facebook ist ein idealistisches und optimistisches Unternehmen. Ein großer Teil unserer Existenz hat sich auf die positiven Aspekte konzentriert, die Menschen verbinden können. Ich habe kürzlich gesehen, dass die #metoo-Bewegung und der »Marsch für unser Leben« hauptsächlich auf Facebook ihren Lauf genommen haben. Nach dem Hurrikan Harvey sammelten die Menschen über 20 Millionen Dollar für die Opfer. Und über 70 Millionen kleine Unternehmen nutzen derzeit Facebook, um neue Arbeitsplätze zu schaffen und zu entwickeln. Aber es ist jetzt klar, dass wir nicht genug getan haben, um zu verhindern, dass dieses Instrument auch dazu benutzt wird, Schaden anzurichten. Ich beziehe mich hier auf die Verbreitung falscher Nachrichten, die Beteiligung ausländischer Kräfte an Wahlen, Hassreden und die Vertraulichkeit von Daten. Wir haben die enorme Verantwortung, die wir haben, nicht erkannt, und das war ein großer Fehler. Es war meine Schuld und es tut mir leid.“
Die Anhörung im Kongress fand im Zusammenhang mit dem Cambridge-Analytica-Skandal statt. Dabei ging es um eine amerikanische Firma, die die Daten von zig Millionen von Facebook-Nutzern gesammelt hat. Die Daten sollen verwendet worden sein, um die Psychologie der Menschen zu verstehen und das Wählerverhalten zugunsten von Donald Trump oder den Brexit zu beeinflussen. Man werde alle Aspekte der Beziehung zu den Nutzern neu bewerten und sicherstellen müssen, dass von uns erwartete Verantwortung übernehmen, sagte der Facebook-Gründer.
Es reicht nicht, uns lediglich zu vergewissern, dass wir Leute in Kontakt miteinander bringen, wir müssen sicherstellen, dass diese Verbindungen positiv sind. Es reicht nicht, Menschen eine Stimme zu geben, wir müssen auch sicherstellen, dass die Menschen sie nicht missbrauchen, um anderen zu schaden oder Falschinformationen zu verbreiten. Es reicht nicht, den Menschen die Kontrolle über ihre Daten zu geben, wir müssen sicherstellen, dass die Entwickler, die von den Daten profitieren, diese wiederum schützen.“
Unter den Nutzern, deren Daten illegal verwendet wurden, befinden sich auch Rumänen. Bogdan Botezatu, ein Spezialist für IT-Bedrohungen beim Software-Unternehmen BitDefender, sprach über die Gefahren des Zugriffs auf persönliche Daten in der Online-Umgebung und darüber, was bei Cambridge Analytica passiert ist.
Heute sind Benutzerdaten und Informationen so etwas wie das neue Erdöl. Jedes seriöse Unternehmen hat den Anspruch, sogenannte Telemetrie zu sammeln, Informationen zu verbinden, Informationen von anderen Unternehmen zu kaufen und sie zusammen zu tragen. Dies wird normalerweise für finanzielle Zwecke getan, d.h. jedes Unternehmen, das Zugang zu solchen Informationen hat, wird versuchen, die Daten durch Werbung in Geld zu verwandeln. Wir sprechen über verschiedene Produkte. Was bei Facebook anders ist, ist die Tatsache, dass uns in diesem Moment Präsidenten, politische Kandidaten und vielleicht Botschaften verkauft wurden, etwa um die Europäische Union zu verlassen. Das ist der einzige Unterschied — uns wurden keine Produkte angedreht, uns wurden politische Kandidaten verkauft.“
Die Daten von etwa 100.000 Rumänen wurden auf diese Weise gesammelt. Sind Rumänen anfälliger oder gewappnet? Die Frage beantwortet Bogdan Botezatu.
Ich denke, wir sind für diese Art von Manipulation genauso anfällig wie jedes andere Land und wie jede andere Bevölkerung, die Zugang zu Technologie hat. Die Situation wurde mehrmals gemeldet, auch wenn bei uns die Fake-News-Bezeichnung verwendet wurde. Die Tatsache, dass es Rumänen gab, die ein Profil von der Cambridge-Analytica-Anwendung erstellt bekamen, zeugt von einem gewissen Interesse, denn im Internet können wir die Bevölkerung, auf die wir eingehen, irgendwie einteilen. Zu Beginn dieser Studie erhielten die Benutzer einen Dollar, um die Anwendung zu installieren und die Umfrage durchzuführen. So fand Cambridge Analytica in Rumänien einige Hundert oder vielleicht Tausende von Menschen, die bereit waren, an der Studie teilzunehmen, und sie zahlten ihnen Geld für die Teilnahme an der jeweiligen Studie. Es gibt also wahrscheinlich ein Interesse hier. Sie wollten also auch Informationen über den Durchschnittsrumänen sammeln, sein psychologisches Profil soweit wie möglich erstellen, etwa für den Fall, dass sie einen Geschäftspartner in Rumänien haben sollten, politische Persönlichkeiten oder Organisationen oder wer auch immer eine Kampagne mit Cambridge Analytica abwickeln wollte.“
Und leider, sagt Bogdan Botezatu, kann man keine Software entwickeln, um den Benutzer für solche Anwendungen unsichtbar zu machen.