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Rumänien – Brückenkopf der NATO an Russlands Grenzen?

Die Entscheidung der NATO, schwere Waffen nach Rumänien zu verlegen, sorgt bei Russland für Unmut - grundlos, sagt die Allianz.

Rumänien – Brückenkopf der NATO an Russlands Grenzen?
Rumänien – Brückenkopf der NATO an Russlands Grenzen?

, 17.04.2015, 17:57

Das Zentrum für europäische Politikanalysen in Washington — kurz CEPA — hat unlängst ein Gutachten mit Empfehlungen zur Stärkung der Verteidigung im Osten der NATO vorgelegt. Eine Strategie der so genannten regionalen Zugangsverweigerung sei notwendig, sagen die Analysten des Thinktanks. Ziel ist, dass die Grenzstaaten der NATO über so hochentwickelte Waffensysteme verfügen, dass jeder Angriffsversuch mit sehr hohen Kosten verbunden ist. Die Studie wird zu einem Zeitpunkt vorgestellt, zu dem sich die Konsolidierung der Ostflanke der Allianz für immer mehr Akteure als eine wichtige Aufgabe im Kontext der Situation in der östlichen Ukraine und der Einstellung Russlands darstellt.



Das Au‎ßenministerium in Moskau beschwichtigt — es sei absolut offensichtlich“, dass von Russland keine Gefahr ausgeht. Die rumänische Landesführung sei es hingegen, die das Land in einen Brückenkopf der NATO und der USA vor den russischen Grenzen verwandelt und aus konjunkturbedingten Interessen „die Stabilitätsinteressen am Schwarzen Meer opfern will“, kommentierte Moskau die Bereitschaft Rumäniens, die Verlegung schwerer Waffensysteme der NATO auf seinem Gebiet zu akzeptieren. Der langjährige Moskau-Korrespondent von Radio Rumänien, Alexander Beleawski, beschreibt die Lage wie folgt:



Seit über einem Jahr sind Russland und die NATO, aufgrund der Krise in der Ukraine und der dadurch bedingten gravierenden Verschlechterung ihrer Beziehungen, in einer offenen, langfristigen Opposition. Das verändert die osteuropäische Militärlandkarte. Das Modell erinnert bereits an die klassische Positionierung in der Spitzenzeit des Kalten Krieges, als das konventionelle Kriegsrisiko an den Nord- und Südflanken konzentriert war, wo die NATO und der Warschauer Pakt gemeinsame Grenzen hatten. Auf den gleichen Flanken tritt jetzt eine stärkere Militärpräsenz auf, dabei erscheinen aber in einer neuen Anordnung auch neue Akteure. Ein weiterer wesentlicher Unterschied ist, dass die Südflanke — an der auch Rumänien liegt — eine höhere strategische und geopolitische Bedeutung hat. Die Hauptarena ist das Gebiet am Schwarzen Meer. Die Kontrolle über diesen Raum ist extrem wichtig, weil in nächster Nähe das Konfliktgebiet in der Ukraine, der Kaukasus, die kaspischen Ölrouten und gewisserma‎ßen der Nahe Osten liegen. An der Südflanke will — und das hat er klipp und klar gesagt — Russlands Präsident Putin die Krim in eine militärische Hochburg verwandeln. Das ist ein schneller Prozess, das Kräfteverhältnis am Schwarzen Meer hat sich bereits verändert und Reaktionen der NATO verursacht“, berichtet Beleawski weiter.



In Brüssel ist auf einem Treffen des Nordatlantikrates — dem zentralen politischen Gremium der NATO — entschieden worden, dass die Allianz sechs Kommandozentren in den baltischen Ländern, Polen, Rumänien und Bulgarien einrichten soll, um die Reaktionsfähigkeit der NATO rasch auszubauen. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg stellte seinerseits klar, dass die Verbände auf drei Brigaden, also rund 30.000 Soldaten, begrenzt sind. Die Speerspitze der Reaktionskraft, so Stoltenberg weiter, soll aus einer Heeresbrigade von 5.000 Infanteriesoldaten bestehen, die Unterstützung von Kriegsmarine, Luftwaffe und Spezialkräften bekommen und innerhalb von acht Stunden aufgestellt werden können. General Philip Breedlove, der Oberbefehlshaber der Alliierten Kräfte in Europa sagte seinerseits in Bukarest, dass eine Entscheidung zur Stationierung schwerer NATO-Waffen in Rumänien in Kürze ansteht.



Der rumänische Europaabgeordnete Victor Boştinaru sagte dazu in einem Interview mit Radio Rumänien, dass die Entwicklung kaum überraschend kommt: Ich glaube dass die schon letzten Herbst beim NATO-Gipfel in Newport getroffenen Entscheidungen die natürliche Reaktion der Allianz auf eine gro‎ße Sicherheitsherausforderung durch das völkerrechtswidrige Verhalten Russlands darstellen. Polen, Rumänien die gesamte Ostflanke sind in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der NATO aus einem ganz einfachen Grund gerückt — hier liegt die Herausforderung Russlands und es ist nur natürlich, dass die NATO hier Kapazitäten aufbaut.“



Wie Boştinaru weiter anführt, war die Militärausstattung im Gebiet schwach ausgeprägt — und zwar auch deshalb, weil man dachte, dass das neue Bündnisgefüge nach dem Ende des Kalten Krieges den Frieden garantiert, die Anwendung von Gewalt Geschichte ist und Russland keine offene Sicherheitsbedrohung mehr ist. Das hat sich nach dem Anschluss der Krim geändert, so der rumänische Europaabgeordnete. Moskau reagiert aber pikiert — die Pläne der NATO zur Verlegung von Militärkräften nach Rumänien, sehr nahe an der Grenze zu Russland, seien unangemessen und konfliktorientiert“. Auch die Antwort der NATO lie‎ß nicht lange auf sich warten, wie die Brüsseler Korrespondentin von Radio Rumänien, Cerasela Rădulescu, berichtet. Es geht um einen Propagandakrieg, den Russland gegen die NATO-Staaten führt, also auch gegen Rumänien. Die NATO-Sprecherin Carmen Romero sagt, dass Rumänien ein vertrauenswürdiger Bündnispartner ist und die NATO alle Alliierten gegen jede Bedrohung schützt. Romero sagt, dass russische Verantwortliche provokative Erklärungen abgeben, die grundlos und unangemessen sind und nicht zu Stabilität und Berechenbarkeit in Europa beitragen. Nach einer anderen NATO-Sprecherin, Oana Lungescu, sei der Zweck des NATO-Raketenabwehrschilds der Schutz vor Bedrohungen von au‎ßerhalb des euroatlantischen Raumes. Als Reaktion auf die aggressive Vorgangsweise Russlands in der Ukraine baue die NATO eben ihre Präsenz in Osteuropa aus. Diese Präsenz habe aber eine turnusmä‎ßige Ausrichtung und sei weit von jeder vernünftiger Definition substantieller Kampfverbände entfernt. Die Ma‎ßnahmen seien rein defensiv, verhältnismä‎ßig und mit den internationalen Verpflichtungen vereinbar, so die NATO-Sprecherin.

Foto: ckstockphoto / pixabay.com
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