Wirtschafts- und Weltmacht China: Kann Rumänien von neuen Handelsbrücken profitieren?
Rumänien hofft, bessere Absatzmärkte für seine Produkte in China zu finden. Gleichzeitig sollen chinesische Investoren für Infrastrukturprojekte in Rumänien herangezogen werden.
Corina Cristea, 14.11.2014, 17:30
Die Menschen machen sich Sorgen über den Nahen Osten, über den Iran, über Nordkorea oder über die Entwicklung des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine. Die große Herausforderung unserer Zeit ist aber keine davon, sondern der Aufstieg Chinas und ob dieses Land mir seiner neuen Macht friedlich umgeht“. Diese Einschätzung machte vor einigen Monaten der bekannte amerikanische Wirtschaftler Nouriel Roubini. Wenn China sich zur größten Wirtschaftsmacht der Welt entwickeln sollte, so werde auch seine politische Macht steigen, was zu furchteinflößenden Grenzkonflikten mit seinen Nachbarn führen könnte, so Roubini.
Trotz der globalen Wirtschaftskrise hat es China geschafft, hohe jährliche Wachstumsraten zu erzielen und entscheidend zur Erholung der USA und der Europäischen Union aus der Rezession beizutragen. Roubinis Prognose für dieses Jahr zum Wirtschaftswachstum Chinas beträgt 7%. In den nächsten zwei Jahren soll sich dieses auf 6,5 Prozent stabilisieren. Unter diesen Voraussetzungen ist das immer steigende Interesse der westlichen Länder oder Russlands an Peking selbstverständlich. Für Russland ist der China der wichtigste asiatische Handelspartner, der Handelsaustausch beziffert sich auf ungefähr 88 Milliarden Dollar. Bukarest hat schon seit vielen Jahren enge Beziehungen zu Peking. Diese bestehen schon seit der Zeit des kommunistischen Regimes in Rumänien und wurden vor zehn Jahren durch ein weitgehendes Freundschafts- und Zusammenarbeitsabkommen gefestigt.
Neulich wurden in Bukarest im Rahmen eines Seminars die Geschäftsmöglichkeiten in den beiden Ländern bewertet. Die wichtigste Schlussfolgerung der Beratungen — die Provinz Hong Kong stellt eine ausgezeichnete Drehscheibe, insbesondere für europäische Handelsfirmen dar, um nach China zu kommen. Man muss aber Möglichkeiten zur Einbeziehung der großen Unternehmen von dort erkennen, um die Investitionen des kontinentalen Chinas in Rumänien zu stützen. Laut den Vertretern des Rates für Handelsentwicklung in Hong Kong verfügt die Provinz über Zolleinrichtungen, die die Erhöhung des Handelsaustausches ermöglichen könnten. Außerdem gebe es hier auch eine sichere und vernünftige Rechtslage, was für alle rumänischen Handelsgesellschaften ein Vorteil sein kann. 17 Jahre nach der Rückerstattung der ehemaligen britischen Kronkolonie an China erfreut sich die autonome Sonderregion Hong Kong — laut dem Prinzip ein Land, zwei Systeme“ — eines kapitalistischen Wirtschaftssystems und der eigenen legislativen und exekutiven Gewalten, jedoch unter der wachsamen Beobachtung des kommunistischen Regimes in Peking. Der Leiter der Direktion für Bilaterale Beziehungen im rumänischen Wirtschaftsministerium, Valentin Brebenel, erläutert in einem Interview mit Radio Rumänien, warum China einen profitablen Absatzmarkt für rumänische Investoren darstellt:
Es gibt sehr viele Möglichkeiten, die der chinesische Markt bietet. Diese sind in erster Linie auf die Größe des Marktes und auf die Aufnahmefähigkeit zurückzuführen. Es ist der größte Markt, wenn man die Bevölkerung Chinas in Betracht zieht. Darüber hinaus sind die Einkommen der chinesischen Bevölkerung gestiegen, was eine höhere Kaufkraft bewirkt. Dadurch können auch rumänische Produkte besser aufgenommen werden. Gleichzeitig gibt es eine gewisse Tradition. Wein ist ein Produkt, das die bestehende Tradition bestätigt. Diese wurde nach einiger Zeit mit Erfolg wiederaufgenommen. Der rumänische Wein behält zurzeit eine gute Marktposition.“
Valentin Brebenel bezog sich auch auf die Interessensgebiete der chinesischen Geschäftsleute:
Erstens haben wir den Energiesektor. Wenn ich Energiesektor sage, dann spreche ich über alle Arten von Energieerzeugung, ausgehend von Wärmekraftwerken, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, bis hin zu Wasser- und Atomkraftwerken sowie erneuerbaren Energiequellen. In all diesen Bereichen gibt es entweder bereits gestartete Investitionen, mit konkreten abgeschlossenen Vereinbarungen und beträchtlichen Beträgen, oder Vorhaben, die in die Endphase der Verhandlungen angelangt sind. Ein weiterer Bereich ist die Infrastruktur. Chinesische Investoren haben eine gute Erfahrung und zeigen Interesse daran, sich an einem Vorhaben zur Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur zu beteiligen. Außerdem von Interesse für die chinesischen Investoren ist die Landwirtschaft. Sie möchten in Zusammenarbeit mit rumänischen Partnern unterschiedliche Pflanzen anbauen, Tiere züchten und Landbewirtschaftung- sowie Bewässerungssysteme sanieren.“
Nichtsdestotrotz ist der Markt in Hong Kong ist nicht leicht zugänglich, denn er ist hoch wettbewerbsfähig, erläutert Valentin Brebenel:
In Hong Kong gibt es eine besonders hohe Kapital- und Finanzenkonzentration. Hong Kong hat sehr viele Institutionen, die sich damit befassen. Deshalb könnte Hong Kong eine Quelle dafür darstellen. Finanzen- und Bankenanstalten sowie Investitionsfonds aus Hong Kong haben bereits in Rumänien investiert. Darüber hinaus könnte Hong Kong ein Eingangstor für rumänische Produkte darstellen, vor dem Hintergrund, dass die Praxis, die Regeln, die Anstalten, das Geschäftsumfeld in Hong Kong sich der europäischen Tradition und Praxis nähern. Das könnte für rumänische Unternehmer von Vorteil sein.“
Wohlgemerkt ist es einfacher, nach China durch Hong Kong zu gelangen. Dennoch sei das kein leichter Prozess, so Ministerialdirektor Brebenel.