Verwaltungsreform: Wie zeichnet man eine Landkarte neu?
Das Thema Regionalisierung“ wurde in den letzten Jahren in Rumänien immer wieder diskutiert. Alle politische Gruppierungen des Landes waren mit dieser Idee einverstanden, da die Regionalisierung mit den Vorteilen der europäsichen Fonds verbunden ist.
Corina Cristea, 01.03.2013, 19:23
Das Thema Regionalisierung“ wurde in den letzten Jahren in Rumänien immer wieder diskutiert. Alle politische Gruppierungen des Landes waren mit dieser Idee einverstanden, da die Regionalisierung mit den Vorteilen der europäsichen Fonds verbunden ist. Das Festlegen der Regionen Rumäniens ging aber nicht so leicht von sich her, und dies führte zu Verzögerungen im Regionalisierungsprozeß.
Die bedeutende ungarische Volksminderheit, die in der Landesmitte, in den Landkreisen Harghita, Covasna und Mureş konzentriert ist, wünschte sich, eine eigene Region zu bilden, aber die Entscheidungsträger in Bukarest sind der festen Meinung, daß eine Regionalisierung nach ethnischen Kriterien in Rumäniens nicht zu denken sei.
Vizepremier Liviu Dragnea gab neulich bekannt, die Erarbeitung eines gesetzlichen Rahmens zur Umsetzung des Projekts zur Dezentralisierung und Regionalisierung Rumäniens sei angelaufen. Liviu Dragnea wird das interministerielle Komitee führen, welches die Untersuchungen, Studien und Berichte des Konsultativrates, bestehend aus Experten, Politikern, Vertretern der Kommunalverwaltung und der Zivilgesellschaft, bearbeiten wird. Das Projekt basiert auf der 8-Regionen-Struktur zur regionalen Entwicklung, die 2007 festgelegt wurde, und sollte am 1. Juli fertig sein, so Liviu Dragnea. Der Generaldirektor einer dieser Regionen, Simion Creţu, meint aber, daß die Erarbeitung des Projekts etwas länger dauern wird:
Dieser Regionalisierungsprozeß wird meiner Meinung nach nicht in zwei Jahren beendet sein. Es handelt sich um einen längeren Zeitplan, die Etappenziele müssen auf eine bestimmte Art und Weise erreicht werden, wenn wir wollen, daß die daraus resultierenden Verwaltungsregionen korrekt funktionieren. Überall wird es Probleme geben, Probleme mit dem Festlegen der regionalen Verwaltungsvertretungen und der anderen Verwaltungssitze in der Region, bis zu der Art und Weise, wie die Region in dieser Übergangszeit von 2014-2016 de facto zu verwalten sei. 2016 finden die nächsten Kommunalwahlen statt; dann werden wahrscheinlich auch die Regionalwahlen organisiert.“
Simion Creţu plädiert gleichzeitig dafür, daß die Bürger ihre Meinung dazu sagen sollten, um den Erfolg dieses Projekts zu sichern. Derselben Ansicht ist auch Diana Iancu, Doktor der Verwaltungswissenschaften, Expertin für multi-level-governance (Regieren im Mehrebenensystem). In einem Interview mit Radio Rumänien International sagte Dr. Diana Iancu, es sei besonders wichtig, daß die für die Erarbeitung des gesetzlichen und organisatorischen Rahmens verantwortlichen Entscheidungsträger die Hauptnutznießer der Reform, nämlich die Bürger, nicht aus den Augen verlieren. Diana Iancu:
Die Regionalisierung, so wie sie im Diskurs der Regierung erscheint, wird eher als technische Lösung betrachtet. Vielleicht sollten wir anfangen, über den Mehrwert dieser Art der Governance zu sprechen, einer Governance, die den Bürgern näher steht. Abgesehen von den Fragen ›wer für welchen Bereich zuständig ist‹ oder ›wer beim Erhalten der EU-Regionalfonds eine Rolle spielt (oder nicht!)‹, glaube ich, daß noch eine sehr wichtige Frage gestellt werden sollte und zwar ›wer die Verantwortung trägt und vor die Bürger tritt‹? Die Burger haben das Recht, direkt zu fragen: ›Wer wird letzten Endes zur Verantwortung gezogen, wenn dies keine Erfolgsgeschichte wird‹?“
Die von der Regierung angenommenen Prinzipien zur Verwaltungs-Neuorganisierung besagen, daß die zukünftigen Regionen je einen Regionalrat und einen Regionspräsidenten haben werden. Diese werden per Volkswahl bestimmt, werden mehr Zuständigkeiten erhalten als die jetzigen Landkreisbehörden und werden den Kommunalhaushalt, die EU-Fonds und die Regierungsfonds verwalten. Die Anzahl, die Zusammensetzung und die Funktionsweise der neuen Regionaleinheiten werden aufgrund von öffentlichen Beratungen festgelegt. Gleichzeitig bleiben aber auch die heutigen Landkreise Rumäniens bestehen. Ensteht aber dadurch nicht das Risiko, daß die Verwaltungsstruktur noch komplizierter wird, anstatt klare Zustände zu schaffen? Diana Iancu antwortet:
Solche Befürchtungen sind immer präsent. Zu diesem Zeitpunkt gibt es innerhalb der Europäischen Union sehr viele Versuche zur Wiederzentralisierung anstatt Dezentralisierung, man diskutiert immer öfter von interstädtischen oder interteritorriellen Vereinbarungen, von grenzenüberschreitenden Gruppierungen. Gleichzeitig gibt es aber auch den umgekehrten Fall. Die Slowakei, zum Beispiel, ist teritorriell äußerst zerkleinert, und wenn wir schauen, wie die wirtschaftliche Entwicklung der Slowakei aussieht — sie scheint doch ein mögliches Erfolgsrezept zu sein. Wir fragmentieren sehr viel; einerseits stellt sich die Frage, ob die Zuständigkeiten sich nicht überlappen werden, und andererseits könnte dies die Lösung der Probleme erschweren und verzögern.“
Diana Iancu sprach auch über andere europäische Modelle, die Rumänien eventuell im Auge behalten sollte:
Genau in dem Moment, wenn wir über Modelle von “good practice” diskutieren, gibt es schon allgemeine Normen, und das Hauptprinzip wäre, meiner Meinung nach, daß die Governance so nah am Bürger wie nur möglich bleiben sollte. Ich schaue auf die Verwaltungsreformen in Dänemark, oder denke an die Vereinbarungen, die Schweden getroffen hat. Ich schaue auch in Richtung Niederlande, wo die Zentralisierung gut funktioniert. Auch die Tschechische Republik hat ein sehr interessantes Modell von multi-level-governance.“
Das sind nur einige Beispiele, die den Entscheidungsträgern in Bukarest als Inspirationsquelle dienen könnten. Von dort könnten sie sich die Informationen über die Funktionsweise der Regionen verschaffen; dann könnte man diese Informationen je nach Gemeindespezifikum und gemäß den Erwartungen in puncto Reform in Rumänien in die Praxis umsetzen.
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