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Schulabbruch in der Pandemie: Wie effektiv ist der Online-Unterricht?

Rumänien nimmt EU-weit eine Spitzenposition bei Schulabbrüchen ein. Schuld ist nicht immer die soziale Herkunft, sondern auch das familiäre Umwelt und dessen Einstellung zur Schule.

Schulabbruch in der Pandemie: Wie effektiv ist der Online-Unterricht?
Schulabbruch in der Pandemie: Wie effektiv ist der Online-Unterricht?

, 03.03.2021, 17:30

Die Effektivität eines gesunden Schulsystems misst sich an der Fähigkeit, Schüler so lange wie möglich in der Schule zu halten. Die Zahlen der Schulabbrecher sind insofern besorgniserregend. Die höchste Rate an Schulabbrüchen in Rumänien wurde im Jahr 2018 in der zentralen Region, dem siebenbürgischen Gebiet, verzeichnet — 5,2% in ländlichen Gebieten und 3,7% in Städten, so die nationale Statistikbehörde. Die niedrigste Rate an Schulabbrüchen gab es im Süden, mit 1,6% in ländlichen Gebieten und 2,3% in städtischen Gebieten. Mit anderen Worten: Über 109.000 Schüler haben zwischen 2013 und 2017 die Schule vorzeitig verlassen, so das Bildungsministerium. Wir sprechen von Schülern zwischen 15 und 18 Jahren. Rumänien nimmt den 3. Platz in der EU in puncto Schulabbruch ein. Laut Eurostat liegt die Rate bei 16,4%, bezogen auf junge Menschen zwischen 18 und 24 Jahren, die keine Schule besuchen. Schulabbruch führt zu Arbeitslosigkeit, sozialer Ausgrenzung, Armut und Gesundheitsproblemen.



Gleichzeitig sagte der rumänische Bildungsminister Sorin Cîmpeanu kürzlich, dass das Risiko eines Schulabbruchs als Folge eines ineffektiven Online-Unterrichts hoch ist. Er wies darauf hin, dass die Schüler in dieser Zeit in ihrem Lernen zurückbleiben. Das Risiko des Schulabbruchs werde dadurch noch höher. Der Minister legte nahe, dass Lehrkräfte sich stärker bemühen müssten, um die Schüler dazu zu bringen, nachzuholen. Cîmpeanu fügte hinzu, dass viele Lehrerinnen und Lehrer in Rumänien, obwohl sie es gut meinten, nicht auf den Online-Unterricht vorbereitet seien.



Alina Cîrjă ist die Leiterin des rumänisch-finnischen Gymnasiums in Bukarest. Sie ist eine junge Stimme, die sich für ein besseres Bildungssystem in Rumänien einsetzt, auch innerhalb der Familie:



Das Umfeld, in dem ein Kind aufwächst, ist sehr wichtig, denn dort lernt das Kind, sich auf Schule und Familie zu beziehen. Genauer gesagt, die Art und Weise, wie die Eltern es unterstützen, ermutigen, es in die Schule schicken, ein unterstützendes Umfeld schaffen, nicht eines, das Druck ausübt, ist das, was einem Kind hilft, Kompetenzen und Fähigkeiten zu entwickeln. Was mich betrifft, denke ich, dass die Art und Weise, wie die Familie mit der Schule umgeht, wichtig für ein Kind ist.“




Sie glaubt, dass Rumänien an einem besorgniserregenden Punkt ist, was die Bildung betrifft, die seit Monaten ins Internet verlagert wurde:



Im Moment sind wir an einem besorgniserregenden Punkt, was das Engagement der Kinder in der Schule angeht. Es ist dringend notwendig, dass die Schüler schnell wieder in die Schule gehen. Die Kinder haben ihre in der Schule erworbene Routine verloren, sich mit Gleichaltrigen zu treffen, mit ihnen in Beziehung zu treten, und ich denke, dass sie in sehr kurzer Zeit der Auffassung sein werden, dass sie online sehr gut zurechtkommen. Sie werden sich nicht mehr darum kümmern, ob sie auf die Universität kommen oder nicht, es wird keine Rolle spielen, was sie wissen, und sie werden einfach nur wegen des Geldes eine Beschäftigung suchen, was auf lange Sicht einen schlechten Kontext schafft.“




Das Risiko eines Schulabbruchs hängt nicht von der ethnischen Zugehörigkeit oder den finanziellen Mitteln ab, meint Alina Cîrjă und bringt es mit dem Wunsch nach finanzieller Unabhängigkeit in Verbindung:



Unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit und den finanziellen Möglichkeiten sind Kinder einem Risiko ausgesetzt, wenn ihnen nicht zugehört wird und sie nicht beachtet werden. Ich glaube, dass das Risiko eines Schulabbruchs davon abhängt, in welchem Jahr sie in der Schule sind und wie selbstständig sie sind, und nach der zehnten Klasse, wenn die Schulpflicht ausläuft, ist das Risiko am höchsten. Wenn sie es in der Schule schwer haben, vor allem in der achten Klasse, ist das Risiko sehr hoch, und wenn sie schnell einer selbstständigen Tätigkeit nachgehen, die ihnen Geld einbringt, werden die Kinder versucht sein, die Schule aufzugeben, unabhängig davon, aus welchem Umfeld sie kommen.“




Kleinere Klassen können für Lehrer die Möglichkeit schaffen, eine engere Beziehung zu den Schülern aufzubauen. Das Dreieck Familie – Lehrer – Kind ist zwingend notwendig, um Schulabbruch zu verhindern, sagt Alina Cîrjă:



Schulabbruch kann verhindert werden, wenn der Klassenlehrer eine individuelle Beziehung zu jedem Schüler aufbaut. Das bedeutet natürlich, dass die Klassen kleiner sein sollten, und der Lehrer sollte eine Beziehung zur Familie aufbauen, wobei die Familie über Fehlzeiten informiert wird, oder die Familie informiert ihrerseits die Schule über Schulunfähigkeit. Kinder gehen gerne dorthin, wo sie geliebt und geschätzt werden, und die Familien sollten in der Lage sein, eine Verbindung zur Schule aufzubauen und zu pflegen. Ich denke, das sind die ersten Ma‎ßnahmen, die ergriffen werden könnten, um dieses langfristige Drama des Schulabbruchs zu verhindern.“




Alina Cîrjă hat auch eine Vorstellung, wie das Bildungssystem in Rumänien verbessert werden könnte:



Wenn ich Bildungsministerin wäre, würde ich in jeder Schule ein Expertengremium einrichten, das aus Lehrern, einem Sozialarbeiter und einem Psychologen besteht, die die Details jeder Familie kennen sollten, die sie besuchen sollten, die schon früh in den Schuljahren ein Monitoring der Kinder und ihrer Familien beginnen sollten, zumindest in den ersten acht Schuljahren. Dieses Modell sollte auf der Ebene der Stadt unterstützt werden und gut geregelt sein, so dass Eltern finanziell bestraft werden, wenn sie ihre Kinder nicht zur Schule gehen lassen. Für sie sollte es Unterstützung mit Kursen geben, für Familien und Eltern, in denen ihnen geholfen werden kann, schwierige Lagen zu überwinden, um ihre Kinder zur Schule zu schicken. Natürlich müssen wir auch über ein wirklich kostenloses Bildungssystem sprechen, mit Unterstützung des rumänischen Staates für diese Kinder in gefährdeten Gruppen, mit Mentorenprogrammen sowie Partnerschaftsprogrammen für Schulen, die von lokalen Experten in jedem Gebiet unterstützt würden.“

(foto: Anqa / pixabay.com)
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