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Häusliche Gewalt gegen Frauen nahm während des Lockdowns zu

Seit dem Ausbruch der Pandemie ist die Zahl der Fälle von häuslicher Gewalt auf der ganzen Welt sprunghaft angestiegen.

Häusliche Gewalt gegen Frauen nahm während des Lockdowns zu
Häusliche Gewalt gegen Frauen nahm während des Lockdowns zu

, 20.01.2021, 17:30

Seit dem Beginn der Pandemie und der Einführung der ersten Freizügigkeitsbeschränkungen im Frühjahr 2020 wurde signalisiert, dass die Zahl der Fälle von häuslicher Gewalt weltweit sprunghaft ansteigt. Die EU-Mitgliedsstaaten, darunter auch Rumänien, bildeten da keine Ausnahme, und die Frauen hatten in mancher Hinsicht noch grö‎ßere Schwierigkeiten als sonst zu bewältigen, sagt Andreea Rusu, Geschäftsführerin des FILIA-Zentrums, einer Vereinigung, die sich für den Schutz der Rechte von Frauen einsetzt:



In Rumänien gab es in den ersten neun Monaten des Jahres mehr als 20.000 Fälle von Schlägen oder anderer häuslicher Gewalt. Auch die Zahl der Anrufe bei der Notrufnummer 112 war um 18% höher als im gleichen Zeitraum 2019. Gleichzeitig verdoppelten sich während des Notstands die Anrufe bei der kostenlosen Nummer der Nationalen Agentur für die Gleichstellung von Frauen und Männern, bei der sich Frauen über die Dienste informieren können, die sie im Falle von Gewalt nutzen können. Frauen waren auch mit anderen Hindernissen konfrontiert. Um zum Beispiel von zu Hause aus eine einstweilige Verfügung zu beantragen, benötigten sie einen Internetzugang, einen Computer und einen Drucker. Aber jeder wei‎ß, dass es in Rumänien in ländlichen Gebieten keinen Internetzugang gibt, vor allem nicht in den benachteiligten Gebieten. Viele Frauen haben einfach nicht die notwendigen technischen Mittel zu Hause, um das zu tun.“




Während des Notstands, der von März bis einschlie‎ßlich Mai 2020 verhängt wurde und die Bewegungsfreiheit stark einschränkte, waren viele Frauen praktisch in ihren Häusern mit den Gewalttätern gefangen. Sie konnten das Haus nicht verlassen und hatten niemanden, an den sie sich um Hilfe wenden konnten. Abgesehen davon, dass der Antrag auf eine einstweilige Verfügung online gestellt werden musste, wurden auch einige Gerichte geschlossen oder deren Personalbestand reduziert. In den meisten Fällen hatten die misshandelten Frauen den Eindruck, dass zu diesem Zeitpunkt die öffentliche Gesundheit im Vordergrund stand und die Sicherheit und Unversehrtheit der Misshandelten für die Behörden irrelevant geworden war. Zu diesem Schluss kommen jedenfalls die Nichtregierungsorganisationen. Andreea Rusu:



Viele Frauen mussten zu ihren Aggressoren nach Hause zurückkehren oder waren im selben Haus gefangen, entweder weil sie Angst hatten, es zu verlassen, weil sie sich vor dem Virus fürchteten, oder einfach weil sie wegen des Aggressors mit niemandem sonst reden konnten. In anderen Ländern gab es Möglichkeiten für die Opfer häuslicher Gewalt, die Polizei oder die Sozialämter zu alarmieren, z.B. durch das Wählen spezieller Nummern auf WhatsApp oder den Gang zu einer Apotheke, wo sie einen bestimmten Code sagen mussten. Wenn man mit einem Aggressor im Haus ist, ist es sehr schwierig, NGO oder Sozialhilfebüros zu kontaktieren und um Hilfe zu bitten. Ein Opfer kann nicht immer die 112 anrufen, und die Anrufe von Opfern werden nicht immer als Notfall betrachtet.“




Unter diesen Umständen haben die Opfer dennoch Hilfe bekommen, auch mit Hilfe der digitalen Technik. Sie fragen sich vielleicht, wie die Bürger- oder Nichtregierungsorganisationen, die diesen Frauen normalerweise helfen, eingreifen konnten? Andreea Rusu hat die Antwort:



In den meisten Fällen verlagerten sich die Diskussionen mit den Opfern, die sich einen Internetzugang leisten können oder haben, in die Online-Umgebung. Deshalb ist die Zugriffsrate auf die speziellen Seiten anderer Verbände gestiegen. Es wurden auch mehrere Online-Kampagnen gestartet, um den Opfern in dieser pandemischen Krise zu helfen. Aber leider waren Frauen, die in benachteiligten Gebieten leben und keine Informationen über irgendwelche NGO haben, allein, und ihre Möglichkeiten waren gering, wenn sie überhaupt bestanden.“




Obwohl die gesamte EU von einer erhöhten Anzahl von Beschwerden über häusliche Gewalt betroffen ist, haben die Mitgliedsstaaten relativ unterschiedlich reagiert, wenn es darum ging, gegen Übergriffe vorzugehen. Das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE) — eine EU-Agentur mit Sitz in der litauischen Hauptstadt Vilnius — hat eine Studie über die Auswirkungen von COVID-19 auf die Opfer häuslicher Gewalt durchgeführt. Veronica Collins, eine Vertreterin des EIGE, erzählt uns im Folgenden mehr über die wichtigsten Informationen, die kurz nach der Einführung der Quarantäne in vielen EU-Ländern aufgenommen wurden:



In Frankreich haben wir in nur einer Woche einen Anstieg der Meldungen über häusliche Gewalt um 32% festgestellt. In Litauen sahen wir in einem Zeitraum von drei Wochen einen 20-prozentigen Anstieg der Berichte über häusliche Gewalt, verglichen mit dem gleichen Zeitraum im Jahr 2019. Das sind die beiden ersten Zahlen, die wir haben. Die eine Zahl stammt von der litauischen Polizei, die Berichte in Litauen erstellte, und die französischen Berichte kommen aus den Medien. Aber solide, administrative, offizielle Zahlen sind immer noch ziemlich schwer zu bekommen. Und unsere Studie konzentrierte sich auf die Ma‎ßnahmen, die die Mitgliedsstaaten ergriffen haben, um Frauen vor Gewalt zu schützen und den Zugang zu Unterstützungsdiensten, sozialen Schutzräumen und Hotlines zu gewährleisten. Und in einigen Ländern gab es zunächst auch einen Rückgang der Anrufe, was vermutlich darauf zurückzuführen ist, dass die Täter immer in der Nähe waren und die Opfer deshalb nicht telefonieren konnten.“




Die EIGE-Studie zeigt auch die Gründe, warum in Krisensituationen wie der COVID-19-Pandemie die Zahl der Fälle von häuslicher Gewalt ansteigt. Veronica Collins erneut mit Details:



Die Gründe für den Anstieg der Gewalt gegen Frauen sind vielfältig. Dazu gehört die zunehmende wirtschaftliche Unsicherheit. Das kann zu Spannungen im Haushalt, zu Spannungen in der Familie führen. Wenn das Opfer finanziell nicht unabhängig ist, was recht häufig vorkommt, wird es noch schwieriger, der missbräuchliche Situation zu entkommen. Wirtschaftliche Unsicherheit, allgemeine Angst und Stress können auch den Alkoholkonsum erhöhen, was ebenfalls zu Gewalt führen kann. Zusammengebrochene Infrastruktur, eingeschränkte Infrastruktur, eingeschränkter Zugang zu Infrastruktur kann die Opfer ebenfalls daran hindern, der sich der misslichen Situation zu entziehen und die nötige Unterstützung zu suchen. Einschränkungen während einer Krise können auch den Zugang zu einem informierten Unterstützungsnetzwerk, wie Freunde und Familie, erschweren.“




Obwohl einige Mitgliedsstaaten Ma‎ßnahmen ergriffen haben, um die Opfer von häuslicher Gewalt in dieser Zeit zu schützen, zeigt die EIGE-Studie, dass es keine ausreichenden Ma‎ßnahmen gibt und dass eine integrierte Strategie erforderlich ist, die in jeder Art von Krise angewendet werden kann.

(foto: Anqa / pixabay.com)
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