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Geschlechtergleichstellung: Frauen in Medien und Informationstechnik unterrepräsentiert

Digitale Medien verändern zwar immer mehr die Art der sozialen Interaktion und der Selbstdarstellung in der virtuellen Welt, mit einem weit reichenden Einfluss auf die Geschlechterbilder und Identitäten.

Geschlechtergleichstellung: Frauen in Medien und Informationstechnik unterrepräsentiert
Geschlechtergleichstellung: Frauen in Medien und Informationstechnik unterrepräsentiert

, 21.03.2018, 17:30

Doch die neuen Möglichkeiten haben nichts an den herrschenden patriarchalen Machtstrukturen verändert. Frauen sind mittlerweile zwar stärker in den Medien präsent, haben aber nur selten leitende Positionen und können Medienpolitik nur eingeschränkt mitgestalten. Zudem kämpfen sie weiterhin mit sexualisierten und stereotypisierten Darstellungen innerhalb der traditionellen wie neuen digitalen Medien. Laut jüngsten EU-Statistiken bleiben Frauen in den Bereichen Massenmedien und Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) immer noch untervertreten, auch wenn in den letzten Jahren eine steigende Tendenz zur Beschäftigung von Frauen in diesen Bereichen zu vermerken war. Bei einer genaueren Betrachtung der Statistiken kann man aber gewisse Nuancen feststellen. In vielen EU-Ländern sind mehr Frauen als Männer in den Medien tätig, aber nur sehr wenige Frauen belegen dabei Führungspositionen. Ein Beispiel: 2015 waren in Europa relativ viele Frauen in den Medien als Reporterinnen, Redakteurinnen oder Moderatorinnen tätig — 48% im Fernsehen, 40% im Rundfunk und 34% in den Druckmedien. Wenn es aber um Führungspositionen in den Medien ging, waren Frauen weniger vertreten: 38% Frauen im Managementbereich und 36% Frauen in höheren Entscheidungspositionen.



Wie sieht die Lage in Rumänien aus? Laut einer Untersuchung, die alle fünf Jahre von Global Media Monitoring Project (GMMP) durchgeführt wird, waren im Jahr 2015 80% der Absolventen der Journalismus-Hochschulen in Rumänien Frauen, aber nur 35% dieser Journalistinnen arbeiteten tatsächlich in den Druckmedien und im Fernsehen und nur 38% waren auf den Online-Nachrichtenseiten aktiv. In puncto Darstellung von Frauen in den Medien gab es aber Fortschritte im Vergleich zum vorigen GMMP-Bericht von 2010: Im Jahr 2015 handelten 30% der Nachrichten in den Medien von Frauen. Wenn man aber den Inhalt der Nachrichten und der Rundfunk- und Fernsehsendungen genauer betrachtet, gibt es weitere interessante Aspekte. Mehr darüber von Oana Băluţă, Aktivistin für die Gleichstellung der Geschlechter und Hochschuldozentin an der Journalismus-Fakultät der Bukarester Universität:



In den Medien haben wir die sog. ‚symbolische Vernichtung‘ — das bedeutet, dass Frauen viel weniger als Männer in den Medien erscheinen. Die symbolische Vernichtung bezieht sich nicht nur auf die Präsenz von Frauen in den Medien, sondern auch auf die Trivialisierung des Frauenbildes. Sehr oft werden Frauen in den Medien trivialisiert, auch Frauen in Führungspositionen. Wenn eine Entscheidungsträgerin im Fernsehen erscheint, spricht man viel mehr über ihre physische Erscheinung, über ihre Kleidung oder ihre Frisur als über ihren Lebenslauf oder ihre professionelle Tätigkeit. Ein weiteres Problem ist, dass in den rumänischen Medien Frauen nach Stereotypen einschätzt und behandelt werden. In Rundfunk- oder Fernsehsendungen zu brisanten politischen oder wirtschaftlichen Themen sind die Gäste oder Experten, deren Kennnisse gefragt werden, überwiegend Männer. Frauen kommen eher bei Sendungen mit sozialer Thematik zu Wort. Das sollte uns zu denken geben.“




Ähnliche Beobachtungen gab es auch im Gleichstellungsindex der Europäischen Union 2017. Der Index gibt einen Wert für die Leistung der Mitgliedstaaten und ihre Erfolge bei der Beseitigung von geschlechtsspezifischen Unterschieden an. Dieser Wert liegt zwischen 1 und 100, wobei ein Wert von 100 den Optimalzustand darstellt. Der Index nimmt für die Bewertung nationaler gleichstellungspolitischer Strategien sechs Kernbereiche (Arbeit, Geld, Wissen, Macht, Zeit und Gesundheit) und zwei Satellitenbereiche (Gewalt gegen Frauen und sich überschneidende Ungleichheiten) in den Blick. Die Fortschritte in den einzelnen Mitgliedstaaten und Bereichen fallen unterschiedlich aus: Während sich die Lage in einigen Mitgliedstaaten und Bereichen verbessert hat, wurden in anderen Rückschritte verzeichnet. Rumänien erzielte nicht gerade schmeichelnde Ergebnisse: Laut dem Gleichstellungsindex der Europäischen Union 2017 belegt Rumänien den letzten Platz in der EU.



Und doch hat Rumänien zurzeit eine Ministerpräsidentin und acht Ministerinnen. Ferner sind die Gehälter der Frauen in Rumänien durchschnittlich nur um 5% niedriger als die Gehälter der Männer, im Vergleich zum europäischen Durchschnitt von 16%. In den Bereichen Massenmedien und Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) haben es die Rumäninnen besser als viele ihrer Kolleginnen in der EU. Laut Angaben von Eurostat liegt die Prozentzahl der in diesen Bereichen tätigen Frauen in Rumänien bei 27%. Das EU-Durchschnitt liegt bei16% — somit belegt Rumänien in dieser Sparte den zweiten Platz in der Europäischen Union, nach Bulgarien und vor Lettland. Die EU-Abgeordnete Claudia Ţapardel dazu:



Die Arbeit in den Bereichen Massenmedien und Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) bietet viele Vorteile, aber nur ein Drittel dieser Vorteile wird von den rumänischen Frauen ausgenutzt. Au‎ßerdem wurde in der EU eine alarmierende Tendenz festgestellt: Viele Frauen, die in den Medien und im IKT-Bereich tätig sind, haben die Tendenz, sich nach einer gewissen Zeit in andere Richtungen zu orientieren. Eine Prognose der Europäischen Kommission besagt, dass bis 2020 in den Bereichen Massenmedien und Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) ein europaweites Defizit von 1 Million Fachleuten entstehen könnte. Und in den Bereichen Wissenschaft und Ingenieurswesen, die mit der Informationstechnik assoziiert sind, wird nur ein Fünftel der Managementpositionen von Frauen belegt.“




Um eine bessere Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt zu erreichen, beabsichtigt Rumänien gemä‎ß der internationalen Gesetzgebung, eine neue Fachspezialisierung einzuführen. Mehr dazu von Graţiela Drăghici, Präsidentin der Nationalen Agentur für Chancengleichheit:



Die Fachspezialisierung »Experte für Chancengleichheit« ist ein Instrument, das wir allen öffentlichen und privaten Einrichtungen der rumänischen Gesellschaft zu Verfügung stellen. Es wird per Gesetz geregelt, dass alle öffentlichen und privaten Einrichtungen mit mehr als 50 Arbeitnehmern die Möglichkeit haben, einen Experten für Chancengleichheit einzustellen oder einen solchen Experten aus den Reihen ihrer Mitarbeiter zu ernennen. Das ist aber keine Pflicht — die Einrichtungen entscheiden selbst, ob sie Experten für Chancengleichheit haben wollen oder nicht. Wir wollten ihnen nur ein Instrument zu Verfügung stellen, um die Gleichheit der Geschlechter in der Gesellschaft zu fördern.“




Das Gesetzesprojekt über die Reglementierung der Fachspezialisierung Experte für Chancengleichheit“ wurde bereits von der rumänischen Regierung angenommen und wird demnächst dem Parlament zur Debatte vorgestellt.

Foto: Markus Spiske / unsplash.com
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