BOOKerini – die Kinder-Buchmesse in der Mansarde
Die Kinder von heute verbringen immer mehr Zeit mit digitalen Medien und fühlen sich immer weniger von Büchern angezogen. In Bukarest sind neulich ein paar Projekte auf private Initiative entstanden, die Leseförderung bei Kindern als Ziel haben.
Christine Leșcu, 11.10.2017, 19:00
Die Kinder von heute lesen immer weniger, und immer wenigere Eltern lesen ihren Kindern abends vor dem Einschlafen eine Geschichte vor. Jugendliche distanzieren sich auch immer mehr von Büchern, viele lesen nur noch am Bildschirm. Dieses Thema beschäftigt die Öffentlichkeit im zunehmenden Maße. Neulich entstanden auf private Initiative einige Projekte, die auf einen erfolgreichen Verhaltenswandel abzielen: anstatt sich zu beschweren, warum nicht diese ungeliebte Situation verändern? Der Kulturverband Câte-n lună şi-n mansardă“ (deutsch in etwa: In der Mansarde. Zum Himmel hinauf“) hat die erste Buchmesse für Kinder veranstaltet. BOOKerini fand an einem Wochenende in Bukarest statt. Die Organisatoren lockten die Kinder nicht nur mit Preisermäßigungen bei Büchern an, sondern auch mit verschiedensten Workshops, sagt unsere Gesprächspartnerin Valentina Bâcu:
Den Akzent legen wir auf wertvolle Bücher und wir tun unser Bestes, damit sich Kinder mit den verschiedenen Figuren der Kindergeschichten anfreunden. Daher haben wir dieser Messe eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Wir haben kinderfreundliche Stände eingerichtet, die Regale liegen nicht hoch, damit die Kinder nach Büchern ohne Schwierigkeiten greifen können. Sie können zudem die Bücher in einer warmen, freundlichen und familiären Atmosphäre genießen. Sie können sich auf Bodenkissen und bequeme Sessel setzen und Bücher lesen. Nicht zuletzt organisieren wir eine Reihe von Veranstaltungen hier in der Buchhandlung Cărtureşti Verona. In der Mansarde hatten wir einen Monat vor Messebeginn auch eine Ausstellung zusammen mit den Kindern organisiert. Dort finden auch regelmäßig Workshops für Kinder und verschiedene Lesungen statt.“
Innerhalb der drei Messetage schien der herrschende Wirrwarr die Idee zu widerlegen, dass die Kinder und Jugendlichen von heute nicht mehr lesen. Unsere Gesprächspartnerin kommt erneut zu Wort mit Einzelheiten:
Trotz der verbreiteten Meinung lesen die Kinder von heute sogar viel, aber nur wenn es ihnen wirklich Spaß macht, nicht wenn sie das Curriculum dazu zwingt. Das habe ich während der Arbeit mit Kindern entdeckt, das müssen sowohl die Kinder als auch die Lehrer verstehen. Sie wollen nicht die Bücher lesen, die für ihre Eltern als Meisterwerke gelten und die ihnen empfohlen werden. Das Wichtigste ist, meiner Ansicht nach, dass sie selber das Vergnügen am Lesen entdecken. Aus diesem Grund haben wir diese Messe organisiert, die anders ist als andere Fachveranstaltungen. Wir haben auch Leseräume mit einer gemütlichen Atmosphäre gestaltet, so zum Beispiel ein Zelt. Wir haben Workshops organisiert, wo sie Geschichten schreiben und Illustrationen zeichnen lernen. Meine Schlussfolgerung ist, dass die Kinder doch lesen, und die erste Auflage der Buchmesse BOOKerini bestätigt diese Schlussfolgerung. Am ersten Messetag haben sich mehr als 700 Kinder an unseren Veranstaltungen beteiligt, und wir hoffen, dass ihre Zahl zukünftig deutlich zunehmen wird.“
Nicht nur lesen, sondern auch schreiben macht den Kindern von heute Spaß, haben wir bei BOOKerini festgestellt. Dort haben wir mit Delia Calancia gesprochen, die sich als die jüngste Autorin des Verlags Humanitas“ vorstellt. Die Neunjährige hat einen Band sowohl als Autorin als auch als Illustratorin unterzeichnet. Sie zeichnet schon seit drei oder vier Jahren. Nachdem sie lesen lernte, dienten ihr verschiedene Kindergeschichten als Inspirationsquelle für ihre Zeichnungen. Welche Bücher liest aber Delia?
Ich liebe Fantasy-Bücher wie jene des britischen Schriftstellers Roald Dahl, so zum Beispiel »Matilda« und »Charlie und die Schokoladenfabrik«. Ich liebe eigentlich alle Bücher von Roald Dahl. Ich lese jeden Tag. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht lese.“
Auch Petru Buzea ist ein junger Autor. Der 10-jährige hat zusammen mit seiner jüngeren Schwester Smaranda das Buch Poveşti scurte, dar cu haz“ (Kurze, jedoch lustige Geschichten“) geschrieben und bebildert. Wie sie auf diese Idee gekommen sind, erläutert Petru:
Eines Abends, als ich nichts zu tun hatte, dachte ich: Warum nicht eine Geschichte schreiben? Ich fing an, zu schreiben, dann habe ich die Geschichte meiner Mutter gezeigt, und sie war davon begeistert. Ich baue meine Geschichten im Stil der Märchen auf, weil ich Märchen liebe, ich liebe, sie zu lesen. Vor kurzem dachte ich, dass ich mein eigenes Leben als Inspirationsquelle nutzen soll.“
Auch die elfjährige Petra hat vor kurzem ihr Schreibtalent entdeckt. Die leidenschaftliche Leserin sagt dazu:
Eben heute habe ich angefangen, ein Buch zu schreiben, aber ich mag auch Illustrationen zu zeichnen. Meine Eltern haben mir immer abends vor dem Einschlafen vorgelesen, meine Großmutter auch. Sie schlief manchmal währenddessen ein, und so bin ich auf die Idee gekommen, selber zu lesen.“
Die Eltern haben die Kraft, den Appetit ihrer Kinder aufs Lesen zu wecken. Das Lektüre-Festival Narativ“ richtet sich gleichermaßen an Eltern und Kinder. Die zweifache Mutter Ana hat uns dort erzählt, warum sie mit ihren Kindern daran teilnimmt:
Ich möchte, dass sich meine Kinder von Lektüre angezogen fühlen, weil die Kinder von heute viel Zeit mit digitalen Medien verbringen. Mein zehnjähriger Junge hat bereits angefangen zu lesen, das hat er alleine gelernt, aber hin und wieder muss ich ihn dazu motivieren. Meiner Tochter lese ich noch vor, denn sie geht jetzt in die erste Klasse und lernt gerade zu lesen. Wir lesen zusammen, aber dafür haben wir nur wenig Zeit zur Verfügung. Deswegen nehme ich mit meinen Kindern daran teil.“
Das Festival Narativ“ fand bereits zum dritten Mal statt. Die Festspiele werden vom Verlag Curtea Veche“ organisiert und bieten den Kindern 3000 freie Plätze bei Workshops an, die darauf abzielen, den Appetit der Kinder auf Lektüre zu wecken. Wir haben die Vizepräsidentin des Verlags Miruna Meiroşu um Einzelheiten gebeten:
Wir veranstalten unterschiedliche Workshops zu den verschiedensten Themen und dadurch wollen wir die Kinder davon überzeugen, dass Lesen sehr lustig und unterhaltsam sein kann. Wir versuchen gleichzeitig ihre Kreativität und ihren kritischen Geist zu fördern. Nicht zuletzt versuchen wir die Lektüre und Techniken der bildenden Kunst, so zum Beispiel das Schattentheater oder die Architektur, zusammenzubringen. Wir organisieren auch Storytelling-Workshops in Fremdsprachen. Wir nutzen packende Geschichten, damit Kinder Fremdsprachen üben können. Wir veranstalten auch verschiedene Konferenzen für Eltern. Seit drei Jahren setzen wir uns dafür ein, die Eltern mit dem Begriff »Parenting für Lektüre« vertraut zu machen. Es handelt sich um moderne Techniken, mit dem mangelnden Appetit der Kinder auf Lektüre umzugehen.“
Wie eine vom Verlag Curtea Veche“ durchgeführte Umfrage ergibt, haben nur 8% der Bukarester Schüler Spaß am Lesen. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Eltern und die Lehrkräfte ihre Anstrengungen vereinen werden, um die Situation zu verändern.