Teenies in der Schule: Rumänisches Bildungssystem fördert zu wenig emotionale Intelligenz
Seit langem betrachtet man die Schule nicht mehr nur als Anstalt, wo Kinder und Jugendliche hingehen, nur um Kenntnisse zu erlangen.
Christine Leșcu, 22.02.2017, 17:58
In den letzten Jahren spricht man auch in Rumänien über die Kapazität der Schule, einige Fähigkeiten und Fertigkeiten zu fördern. Neuerdings wird sogar die Rolle der Schule bei der Entwicklung der emotionalen Intelligenz in Betracht gezogen. Emotionale Intelligenz wirkt sich durch verschiedene nichtkognitive Fähigkeiten aus. Diese müssen im Bildungssystem einen wichtigen Platz haben, genauso wie die kognitiven Fähigkeiten. Das ist die Schlussfolgerung einer Studie, die von der Babeş-Bolyai-Universität in Cluj (Klausenburg) in Zusammenarbeit mit dem ROI-Verband und dem Institut für Bildungswissenschaften, mit der Unterstützung von der UNICEF erarbeitet wurde. Wie diese Fähigkeiten definiert werden, erläutert Eduard Petrescu, Mitglied des UNICEF-Büros Rumänien:
Diese sind kurzgefasst als jene Fähigkeiten definiert, die durch keinen standardmäßigen Intelligenztest oder durch andere Wissensprüfungen gemessen werden können. Relevant für das Bildungssystem sind jene, die mit einer persönlichen Dimension im Zusammenhang stehen. Ich beziehe mich auf das Verhältnis, das eine Person zu sich selbst haben kann, wie diese einige Verhaltensweisen kontrollieren und verbessern kann, wie diese ihre Motivation findet und ihre Kreativität einsetzt. Es gibt eine soziale und eine gemeinschaftliche Dimension. Es handelt sich um die Beziehungsfähigkeiten oder Fähigkeiten der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe. Es gibt bürgerliche Fähigkeiten, bei denen auch die Fähigkeit eintritt, an einem Projekt oder an einem Entscheidungsfindungsprozess teilzunehmen.“
Dank ihrer individuellen, aber auch der sozialen Dimension sind die nichtkognitiven Fähigkeiten wesentlich für die harmonievolle Entwicklung einer Person. Diese müssen insbesondere im Teenageralter gefördert werden, während sich der Charakter bildet. Deshalb hatte die Studie über diese Fähigkeiten Jugendliche in dem Mittelpunkt, wie wir von Simona David-Crisbăşa, der Vertreterin des ROI-Verbandes, erfahren.
Im Teenageralter passiert folgendes: Die körperlichen und geistigen Fähigkeiten entwickeln sich genauso viel wie die der Erwachsenen, während das Emotionale etwas zurückbleibt. Gerade deshalb gibt es die Wahrscheinlichkeit, dass der Jugendliche in dieser Zeit allerlei riskante Entscheidungen trifft. Diese sozio-emotionalen Fähigkeiten weisen mehrere Dimensionen auf. Einige von ihnen hängen mit der Selbstentfaltung, mit der Motivation, Disziplin, Beharrlichkeit, mit dem Selbstvertrauen und der Initiative zusammen. Auch hier findet sich der Teil wieder, der die Kommunikation mit den anderen betrifft, die interpersönliche Beziehung, die Ausdauer, die Ausdauer in Stresssituationen, wie wir unsere Emotionen verstehen und ausdrücken. Es gibt auch den Teil der bürgerlichen Beteiligung: die Involvierung in verschiedene Gemeinschaftsprojekte, die Zugehörigkeit zur Gesellschaft.“
Die Forscher haben festgestellt, dass in der rumänischen Gesellschaft, die nichtkognitiven Fähigkeiten ausschließlich durch außerschulische Aktivitäten oder durch jene, die von den Lehranstalten während der Woche Die Schule anders“ organisiert werden, gefördert werden. Die Teenager finden sich mehr in den Volontariat-Projekten als in den tatsächlichen Kursen wieder. Laut den Forschern sei dies darauf zurückzuführen, dass das rumänische Bildungssystem sich weiterhin nur auf die Übermittlung von Kenntnissen stützt. Wie die Schule nichtkognitive Fähigkeiten fördern könnte und wie diese ihrerseits die Leistung in der Schule unterstützen würden, erfahren wir ebenfalls von Simona David-Crisbăşan:
Wenn man in der Schule bloß den Schwerpunkt auf diese Fähigkeiten setzen würde und nicht nur auf die kognitiven Fähigkeiten oder auf die schulische Leistung, wie es heute der Fall im Bildungssystem ist… Man setzt sehr wenig auf Kommunikation, auf persönliche Beziehungen oder auf Motivation, obwohl jeder beobachten kann, dass Jugendliche nicht besonders motiviert und nicht an der Schule interessiert sind. Das, weil sie nicht in den Prozess einbezogen wurden. Für Teenager ist es sehr wichtig, sich einbezogen zu fühlen und sich an dem Bildungsprozess zu beteiligen. Während der Grundschule fokussiert man mehr auf die Verhältnisse zu den anderen, denn es gibt nur einen Klassenlehrer, der sich vier Jahre lang um die Kinder kümmert. Neulich hat man mit der Änderung des Lehrplans auch bei den Grundschulklassen den Selbstentfaltungsteil eingeführt, auch wenn nicht in großem Ausmaß. Ab der fünften Klasse, in der Hauptschule und im Gymnasium, fühlt sich das Kind ausgegliedert. Es gibt keine Zeit und keinen Raum mehr, um sie einzubeziehen, und hier beginnen auch der Mangel an Interesse und die Demotivation.“
Die nichtkognitiven Fähigkeiten sind nicht nur für die Lernmotivation wichtig, sondern allgemein für die spätere Entwicklung der Jugendlichen. Auf diese Entwicklung muss sich auch die Schule richten, meint der UNICEF-Vertreter Eduard Petrescu.
Das klassische Bildungssystem, das heute in Rumänien funktioniert, wurde womöglich für eine andere Ära gedacht. Dieses muss auch die Beschleunigung der Gesellschaft in ihrem Ganzen, auf Ebene der Information, der Kommunikation und der Beziehungen in Betracht ziehen und auch die Tatsache, dass all diese Aspekte auch den Arbeitsmarkt beeinflussen. Letztendlich muss die Ausbildung eines Jugendlichen die Fähigkeit desselben als Ziel haben, sich in die Gesellschaft und in das Arbeitsleben zu integrieren. Wir müssen sehen, wie wir durch die Förderung der nichtkognitiven Fähigkeiten, die Jugendlichen unterstützen können, die heutigen Herausforderungen zu überwinden.“
Als Erstes müssen die Lehrer selbst geschult werden, damit sie wissen, wie sie diese Fähigkeiten ihrer Schüler fördern können. Dann muss es ein Umdenken der Lehrpläne geben, um diese Dimension einzuschließen. Laut Fachleuten können nichtkognitive Fähigkeiten am besten durch innovative Lehrmethoden und durch Teamarbeit gefördert werden.