Projekte zur Wiedereingliederung der Obdachlosen
Vertieft in unseren Gedanken, gehen wir meistens an ihnen vorbei. Wir bemerken sie nicht oder tun nur so, als ob wir sie nicht sehen würden. Gemeint sind damit die Obdachlosen in Bukarest und in weiteren kleineren Städten Rumäniens.
Christine Leșcu, 26.11.2014, 19:52
Vertieft in unseren Gedanken, gehen wir meistens an ihnen vorbei. Wir bemerken sie nicht oder tun nur so, als ob wir sie nicht sehen würden. Gemeint sind damit die Obdachlosen in Bukarest und in weiteren kleineren Städten Rumäniens. In vielen Fällen ist ihre Geschichte die Geschichte eines Versagens, das mit Hilfe anderer überwunden werden könnte. Wie kann man aber diesen Menschen helfen? Durch eine einfache Geste des vorübergehenden Mitleids oder durch den Versuch, sie wieder ins Berufsleben einzugliedern. Patrick Ouriaghli, Exekutiv-Direktor bei Werkstätten ohne Grenzen“ erklärt:
Wir haben im Jahr 2009 in Partnerschaft mit der Stiftung Samusocial eine Werkstatt für die Wiedereingliederung ins Berufsleben gegründet. Seit 5 Jahren stellen wir Personen in großer Not ein. Samusocial, die Anti-Drogen-Agentur, die Jugendheime oder die Bewährungshelfer schicken diese zu uns. Sie kommen mit ausgegrenzten Personen, die sich aus unterschiedlichen Gründen in dieser Lage befinden, in Kontakt: Sie haben keine Wohnung, sind ehemalige Drogenabhängige, sind elternlos, ehemalige Häftlinge. Es handelt sich dabei um Menschen, die auf dem konventionellen Arbeitsmarkt nicht angestellt werden. Wir stellen diese ein. Sie arbeiten zwei Jahre lang in unseren Werkstätten. In dieser Zeit bereiten wir sie auf den konventionellen Arbeitsmarkt vor.“
In dieser Lage befand sich auch Cătălin, der bis 1998 beim Militär und nachher für private Sicherheitsfirmen gearbeitet hat. Infolge familiärer und beruflicher Probleme hat er seine Wohnung verloren.
Vor einem Jahr wohnte ich zusammen mit einem Kollegen, der ebenfalls hier arbeitet, in einem Obdachlosenheim im Stadtteil Drumul Taberei. Jetzt aber wohne ich nicht mehr dort. Darum bin ich auch zu den Werkstätten gekommen. Ich wollte eine dezente Wohnung finden, mich selbst versorgen und einen Beruf erlernen.“
Nach einem stabilen Arbeitsplatz suchte auch ein Angestellter der Werkstätten ohne Grenzen“, ein ehemaliger Elektriker. Zudem wollte er auch einen neuen Beruf erlernen.
Ich bin aus einem Gemeinschaftzentrum, ‚Casa Ioana‘ hierher gekommen. Ich habe in einem verstaatlichen Haus, das rückerstattet wurde, gewohnt. Ich habe dann weiter in einer vermieteten Wohnung gewohnt, aber entweder fand ich keine Arbeit oder bekam mein Geld nicht rechtzeitig. Ich möchte einen sicheren Arbeitsplatz haben, um für meine Familie und vier Kinder sorgen zu können. Meine Frau arbeitet als Putzfrau. Seit drei Monaten wohnen wir nicht mehr in Casa Ioana“.
Die Menschen, die in den Werkstätten ohne Grenzen“ arbeiten, bekommen am Anfang den Mindestlohn, eine warme Mahlzeit und eine Monatskarte für den öffentlichen Verkehr. Hier reparieren sie alte PCs und sind auch in einem anderen Projekt involviert — in der Wiederverwertung der Werbebanner, aus denen modische Taschen gefertigt werden. Auf diese Weise erlernen sie Fähigkeiten, die ihnen weiter helfen werden, einen Job zu bekommen. Zudem eignen sie sich einen Lebens- und Arbeitsrhythmus an, der für die soziale Eingliederung wichtig ist. Die Selbstschätzung sei aber das Wichtigste, meint Patrick Ouriaghli.
Am schwersten fällt es ihnen, Vertrauen zu fassen, dass sie die Situation überwinden können, dass sie sich wieder integrieren können. Viele hatten Familie und gute Löhne, haben all das aber wegen des Alkoholmissbrauchs und aus anderen Gründen verloren. Am schwersten fällt es uns, ihr Selbstvertrauen wieder aufzubauen. In unseren Werkstätten fühlen sie sich nützlich und jemand dankt ihnen.“
Im Norden des Landes, in der kleinen Ortschaft Beclean im Landkreis Bistriţa-Năsăud, haben die Behörden eine Lösung für die Unterstützung von 10 Obdachlosen gefunden: Sie haben die Kirchen aller Konfessionen eingebunden, wie wir vom Bürgermeister Nicolae Moldovan erfahren:
Wir haben ein Sozialhilfe-Zentrum mit sechs Zimmern gebaut. Es werden 2-3 Personen in einem Zimmer untergebracht. Das Rathaus wird die Kosten für Wasser, Strom und Erdgas übernehmen. Für Nahrung und geistige oder moralische Beratung haben wir eine Partnerschaft mit allen 12 Kirchen der Stadt abgeschlossen. Jede Kirche kommt abwechselnd für eine Woche an die Reihe und kümmert sich um diese Leute, so gut sie es auch kann. Meine Empfehlung war, ihnen eine warme Mahlzeit zu Mittag zu sichern oder sogar alle drei Mahlzeiten. Wir haben auch eine Partnerschaft mit dem lokalen Krankenhaus abgeschlossen und sie werden auch ärztlich behandelt. Ich glaube, wir können sie langsam wieder in die Gesellschaft eingliedern. Bis jetzt hatten wir keine Lösungen für sie, vielleicht haben sie sich verlassen gefühlt. Wenn sie sehen, dass sich die ganze Gemeinde um sie kümmert, werden wir einige wieder eingliedern können, denke ich.“
Die Unterstützung durch die anderen, aber auch die Wiederherstellung der eigenen Selbstständigkeit, stellt den Schlüssel für eine Rückkehr der Obdachlosen zur Normalität. Die Wiederherstellung der Normalität ist meistens schwer und problematisch.