Konfessionsschulen in Rumänien
In Rumänien gibt es Schulen des öffentlichen Bildungssystems und gleichzeitig Schulen, die von der Kirche verwaltet werden. Es handelt sich um Konfessionsschulen.
Christine Leșcu, 28.08.2013, 13:30
In Rumänien gibt es Schulen des öffentlichen Bildungssystems und gleichzeitig Schulen, die von der Kirche verwaltet werden. Es handelt sich um Konfessionsschulen, wo nach demselben Lehrplan wie in den staatlichen Schulen unterrichtet wird, die sich aber von diesen in einer Hinsicht unterscheiden. Um mehr über die Differenzen zu erfahren und darüber, was sie verlockend für die Schüler macht, haben wir bei diesen und ihren Lehrern und Eltern nachgefragt.
Răzvan geht auf das Römisch-Katholische Gymnasium Sankt Joseph“ in Bukarest und ist in der 9. Klasse, Fachrichtung Mathematik-Informatik. Er ist schon seit der 1. Klasse Schüler dieses Gymnasiums. Damals wählten natürlich die Eltern für ihn, aber später, als er die Aufnahmeprüfung fürs Gymnasium abglegen sollte, entschied er sich, beim selben Gymnasium weiterzumachen.
Mir gefällt es, was wir in der Schule lernen. Ich brauche keine Nachhilfestunden, denn die Lehrer unterrichten alles sehr gut in der Klasse. Hier gibt es keine Drogen und keinen Alkohol, im Vergleich zu anderen Gymnasien, wo sich die Schüler auch schlagen. Da es sich um ein kleines Gymnasium handelt, haben die Lehrer genug Zeit, um sich um uns alle zu kümmern.“
Da Răzvan der Fachrichtung Mathematik-Informatik nachgeht, hat er nur eine Stunde Religion wöchentlich. Dafür hat Francesca, Schülerin in der 12. Klasse bei der Fachrichtung Theologie, mehrere Religionskurse. Sie ist orthodox und sie mag es, dass man auf einem katholischen Gymnasium, das Gleichgewicht zwischen Kenntnissen und seelischer Ruhe fördert.
Für mich und meine Eltern ist Ordnung im Leben wichtig. Im Vergleich zu den Schülern von Mathe-Info habe ich hier vier-fünf religionsbezogene Unterrichtsstunden wöchentlich: Religionsgeschichte, Religion, Religionskunde, die den Geschichts- und Rumänischstunden entsprechen, weil sie sehr viel gemeinsam haben.“
Schwester Rodica Miron, Leiterin des Römisch-Katholischen Gymnasiums Sankt Joseph“ in Bukarest ist der Auffassung, dass das Haupziel dieser Konfessionsschule außer der intelektuellen Bildung der Kinder auch eine dem Evangelium entsprechende ethische und geistige sei. Wie man das unter den Bedinungen des üblichen Lehrplans erzielen kann, erfahren wir von Schwester Rodica Miron.
Was unser Gymnasium kennzeichnet, ist das Herangehen aller Fächer. Das ganze Schulklima unterstützt die Schüler, eine geistige, kulturelle Sichtweise zu entwickeln, sich als Menschen zu entwickeln. Es gibt auch einen geistlichen Leiter, es gibt viele bewährte Personen — Nonnen und Priester –, die hier tätig sind und den Kindern zur Verfügung stehen, wenn sie Fragen jegliche Art haben.“
Aber gerade dieses geistliche Klima hält einige Eltern und Kinder fern von dieser Schule. Schwester Rodica Miron:
Einige kommen vollkommen zufällig zu uns — und bleiben. Wir betreiben hier keine Proselytenmacherei. Wir wissen gar nicht mal, wer in der Schule katholisch, orhodox oder evengelisch ist. Es stimmt allerdings, dass wir nur christliche Kinder haben, denn unser Bildungskonzept ist christlich. Wir arbeiten mit allen Kindern in der Schule einheitlich. In der ganzen Geschichte unseres Gymnasiums — das letztes Jahr das 20. Jubiläum gefeiert hat — ist nur ein einziger Schüler Priester geworden. Es gibt auch einige Nonnen unter den ehemaligen Schülerinnen, aber die meisten haben eine laizistische Karriere befolgt.“
Kinder, die allen christlichen Konfessionen angehören, werden auch beim Griechisch-Katholischen Gymnasium Iuliu Maniu“ in Oradea (Großwardein) aufgenommen. Dort gibt es 60% Orthodoxe, rund 30% Römisch-Katholiken und Griechisch-Katholiken und die restlichen gehören anderen christlichen Glaubensrichtungen an. Laut dem Leiter Aurelian Cristea ist das Ziel des Gymnasiums die Bildung der Persönlichkeit der Kinder im Sinne der allgemeinen christlichen Werte, aber nicht unbedingt im Sinne eines bestimmten Glaubens.
In den Allgemeinbildungsklassen hat man eine Stunde Religionsunterricht jede Woche. In der Fachrichtung Theologie gibt es drei oder vier Stunden zusätzlich. Einmal die Woche, Freitags von acht bis neun Uhr, haben wir eine Liturgie für Jugendliche, an der sich alle Schüler unserer Schule beteiligen. Darüber hinaus gibt es viele außerschulische Tätigkeiten, die nicht zum Lehrplan gehören und daher nicht pflichtig sind. Diese werden von Volontären — Priester und Religionslehrer — vorgeschlagen. Durch ihre Komplexität ziehen sie die Kinder an. Sie bilden ihre Persönlichkeit im Geiste der moralischen, altruistischen Grundsätze der Liebe und des Mitgefühls für die, die es nötig haben. Sie lernen, wie sie im Falle von Problemen, die in ihrem Leben auftreten, durch Gebet und durch Vertrauen zu den Nahestehenden reagieren sollen.“
Pater Vasile Gavrilă hat die Schule Heilige Drei Hierarchen“ in Bukarest gegründet, um den orthodoxen Kindern und Eltern eine Alternative zum üblichen Unterricht, die näher an ihrem Glauben stehen soll, zu bieten. Er versucht, dies zu tun, indem er den Lehrplan des Bildungsministeriums befolgt und gleichzeitig ein bestimmtes Verhalten der Lehrer fördert. Im Vergleich zu anderen Konfessionsschulen ist die Schule Heilige Drei Hierarchen“ eine Privatschule, deren Tätigkeit vom Ministerium genehmigt wurde und den Segen des Patriarchen der Rumänisch-Orthodoxen Kirche, Daniel, ehalten hat. Das gewährt ihr eine gewisse Unabhängigkeit, die in vielen Hinsichten sichtbar ist. Pater Vasile Gavrilă:
Alles, was man in der Schule lernt, lernt man aus der Perspektive der offenbarten Wahrheit Gottes. Es herrscht kein Gegensatz zur Wissenschaft und zur Kultur. Wir versuchen, Kultur mit der offenbarten Wahrheit zu verflechten. Da es sich um eine Privatschule handelt, sind wir berechtigt, diejenigen einzuschreiben, die wir einschreiben möchten. Es findet eine Art Auswahlverfahren statt, indem wir, die Schule, eine Vereinbarung mit den Eltern treffen, die uns ihr Vorhaben mitteilen. Vorrangig ist für uns außer Allgemeinbildung die Erziehung der Kinder und die Persönlichkeitsbildung im christlich-orthodoxen Glauben.“
Orthodoxer Priester ist auch John Downey. Der US-Amerikaner, der zur Orthodoxie übergetreten ist und vor fünf Jahren zum Priester vereidigt wurde, unterrichtet auch Englisch. Wir erfahren, wie er den orthodoxen Geist während seiner Unterrichtsstunden übermittelt:
Ich spreche nicht allzu sehr über die christlichen Werte, wenn ich Englisch unterrichte, sondern versuche, zu unterrichten, indem ich den christlichen Geist einhalte, z.B. wenn ich möchte, dass die Klasse sich ruhig verhält. Kinder sind eben Kinder und machen Krach. Als Lehrer muss ich mich durchsetzen, aber auch Mitgefühl zeigen. Man muss sie disziplinieren, aber gleichzeitig müssen sie verstehen, dass man sie liebt, obwohl man weder ihr Freund noch Feind ist. Ich versuche eine persönliche Beziehung zu jedem Kind aufzubauen, denn die orthodoxe Perspektive ist sehr persönlich.“
Iulian Capsali hat zwei Kinder, die in die Konfessionsschule Heilige Drei Hierarchen“ gehen. Als praktizierender Orthodoxe möchte er dem Nachwuchs seinen Glauben näher bringen, insbesondere weil es Dinge bei den öffentlichen Schule gibt, die ihn unglücklich machen:
Wenn man sich zuhause und in der Schule wie ein Christ verhält, dann werden die seelischen Eigenschaften des Kindes aufgewertet. Es tritt dem Geist der Kirche bei. Es ist um so besser, wenn dieser Geist auch in der Schule anwesend ist. Meine anderen Kinder kommen aus der Schule mit Angeleneheiten, die ihnen Sorgen bereiten. Stellen Sie sich vor, es gibt Schulkameraden meiner Kinder, die Drogen nehmen oder später sogar zu Dealern werden — und das im Gymnasium! Ich denke, dass es kein Gymnasium in Bukarest gibt, wo dieses Phänomen nicht anwesend ist.“
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