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Epidemien: Flecktyphus in Rumänien während des Ersten Weltkriegs

Zu den historischen Aufzeichnungen über Epidemien in Rumänien gehören einige schreckliche Kapitel über Typhus. Die Fleckfieber-Epidemie von 1916–1917 in Rumänien tötete mehr Menschen als der Krieg.

Epidemien: Flecktyphus in Rumänien während des Ersten Weltkriegs
Epidemien: Flecktyphus in Rumänien während des Ersten Weltkriegs

, 06.07.2020, 17:30

Laut Statistik tötete die Fleckfieber-Epidemie im Winter 1916–1917 etwa 350 Tausend Soldaten und 450 Tausend Zivilisten in Rumänien und war damit tödlicher als der Krieg. Rumänien war im August 1916 an der Seite der französisch-englisch-russischen Entente durch eine Militäroffensive in Siebenbürgen in den Ersten Weltkrieg eingetreten. Die deutsch-österreichisch-ungarische Gegenoffensive im Norden und die deutsch-bulgarische im Süden zwangen die rumänische Armee, in die Defensive zu gehen. Nach viermonatigen Kämpfen zog sich die rumänische Armee zusammen mit der Regierung und einem Teil der Bevölkerung nach Jassy in die Moldau zurück. Im Dezember 1916 wurde Bukarest von den deutschen, bulgarischen und österreichisch-ungarischen Truppen besetzt und ein strenges militärisches Regime von Requisitionen und Restriktionen verhängt.



Die militärische Besetzung Bukarests bedeutete auch die Entstehung eines neuen Feindes: das Fleckfieber. Ende Dezember 1916 wurden die ersten Fälle von Ansteckung unter der armen Bevölkerung von Bukarest entdeckt. Die Krankheit breitete sich aus und verwandelte sich bald in eine Epidemie. Krieg, Nahrungsmangel und die für den Winter ungewöhnliche Wärme trugen zur Ausbreitung der Krankheit bei. Ein zweiter Fleckfieberherd, noch gefährlicher als der im Süden, war jener, den die russische Armee in die Moldau einschleppte. Die Historikerin Delia Bălăican von der Bibliothek der Rumänischen Akademie hat die Auswirkungen der Fleckfieber-Epidemie auf die rumänische Gesellschaft erforscht.



Was bedeutete die Fleckfieberepidemie? Die Ursache dafür waren die Läuse, die auf Armut und mangelnde Hygiene bei Zivilisten und Militärs hindeuten. Die Krankheit war von den russischen Truppen nach Rumänien eingeschleppt worden und war auch in der Balkanregion präsent. Sie breitete sich auf dem Land aus, als die rumänischen Truppen sich in die Moldau zurückzogen. Die Situation geriet au‎ßer Kontrolle, und im März 1917 erreichte die Sterblichkeitsrate 30% unter der Zivilbevölkerung und 40% unter dem medizinischen Personal.“



Trotz des Chaos reagierten die rumänischen Behörden und entwarfen einen Plan zur Eindämmung der Krankheit. Die Historikerin Delia Bălăican erläutert weiter:



Im Januar 1917 wurde die Krankheit offiziell anerkannt. Der Höhepunkt der Epidemie wurde im März registriert. Im besetzten Bukarest gab es das Institut für Bakteriologie unter der Leitung des Wissenschaftlers Victor Babeş. In Iaşi wurden nach Appellen des Französischen Roten Kreuzes die medizinischen Dienste unter der Leitung des Arztes Ion Cantacuzino vereinigt. In Bukarest versuchte Victor Babeş, Seren und Impfstoffe gegen Fleckfieber und andere Krankheiten herzustellen, da während des Krieges auch Ausbrüche von Cholera und Malaria gemeldet wurden. Leider wurden auch Epidemien politisiert, und die Behörden wurden beschuldigt, nicht vorbereitet zu sein. Das Fleckfieber war jedoch eine neuartige Krankheit, die im rumänischen Gebiet unbekannt war, so dass es keinen Impfstoff dagegen gab.“



In jeder kritischen Situation gibt es jedoch Menschen, die einen klaren Verstand haben und die besten Ma‎ßnahmen ergreifen. Einer der Helden im Kampf gegen das Fleckfieber war der Arzt Ion Cantacuzino. Delia Bălăican erklärt, mit welchen Ma‎ßnahmen er die Epidemie letztendlich eindämmte:



Doktor Cantacuzino, wie er in den Memoiren der Persönlichkeiten jener Zeit und in den Archiven erwähnt wird, hat in Iaşi in sehr kurzer Zeit Wunder vollbracht und es geschafft, die Fleckfieberpatienten zu isolieren. Ein Team von 150 Ingenieuren wurde mit dem Bau einiger Baracken beauftragt, um die Kranken von den Gesunden zu isolieren. Die Baracken waren aus Holz und waren in Wirklichkeit militärische Sanitätseinheiten, in denen Soldaten und Zivilisten, unabhängig von Alter und Geschlecht, untergebracht wurden. Die Landbevölkerung lebte noch immer in Hütten und hatte kein Licht. Die Feuchtigkeit im Inneren begünstigte die Krankheit. Die ersten Ma‎ßnahmen bestanden darin, die Kranken aus diesen Hütten in die Baracken zu bringen, sie zu desinfizieren, zweimal wöchentlich eine strenge Hygiene der Kranken zu gewährleisten und ihre persönlichen Gegenstände zu desinfizieren. Die Gegenstände, die nicht verbrannt wurden, wurden in Öfen desinfiziert. Wenn auch dies nicht möglich war, wurden die Gegenstände mit Benzin oder Essig desinfiziert. Dies waren die damaligen Ma‎ßnahmen. Die gleichen Ma‎ßnahmen wurden auch in Bukarest ergriffen. In Iaşi bestand das Hauptproblem der Behörden darin, die Stadt zu reinigen. Der harte Winter und der starke Schnee erschwerten diese Aufgabe zusätzlich. Ein weiteres gro‎ßes Problem war das Einsammeln der Leichen von den Stra‎ßen.“



In diesen kritischen Zeiten brauchten die Rumänen Persönlichkeiten, die einen kühlen Kopf bewahren und ihnen helfen konnten, mit der Krankheit fertig zu werden. Die Historikerin Delia Bălăican hebt die Rolle der Königin Maria hervor, die sich als Krankenschwester um Kranke und Verwundete kümmerte:



Königin Maria war nicht nur während der unglücklichen Episode der Fleckfieberepidemie eine Schlüsselfigur. Bilder aus dem Krieg zeigen, wie sie sich um die Kranken kümmerte, sie ermutigte und ihnen Essen brachte, was auf ihre persönlichen Beziehungen zu ausländischen Missionen zurückzuführen ist, insbesondere zur amerikanischen, französischen und britischen. Königin Maria war ein Vorbild für die Rumänen, und Damen aus den gehobenen Kreisen folgten ihrem Beispiel. Kriegserinnerungen beschreiben Königin Maria auf rührende Weise, denn sie war ein Symbol für den Kampf gegen die Krankheit und vielleicht das einzige helle Bild einer sehr schwierigen Zeit.“



Die ergriffenen Ma‎ßnahmen waren sehr wirksam, die Ergebnisse waren bereits im Juni 1917 zu sehen, als das Fleckfieber bereits ausgerottet war. Es war das Signal der Genesung und es nahm die militärischen Erfolge der rumänischen Armee in Mărăşti, Mărăşeşti und Oituz vorweg, die schlie‎ßlich zum endgültigen Sieg führten.

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