Zur Geschichte der Astronomie im rumänischen Raum
Der Himmel über uns, das Universum um uns herum, hat eine unwiderstehliche Faszination auf die Menschen ausgeübt. Und das unabhängig vom Zivilisationsgrad der Gesellschaften und dem Bildungsstand des Einzelnen.
Steliu Lambru, 04.03.2019, 17:30
Möglichst hoch wollte der Mensch fliegen, um herauszufinden, was jenseits ist: Jenes Jenseits“ ist wohl das Geheimnis, auf das die menschliche Neugier schon immer ausgerichtet war. Unsere Wahrnehmung des Himmelsgewölbes und des Universums, jenseits dessen, was wir mit bloßem Auge oder mit Hilfe von Geräten und Instrumenten sehen, ist eine der spannendsten Geschichten dieser Welt. Die Geschichte der Astronomie ist ebenso facettenreich, voller Unberechenbarkeit und Unschärfe, trotz einiger Entdeckungen.
Die gegenwärtige Darstellung der Astronomie, der Wissenschaft des Weltraums, steht im Zusammenhang mit einem unlösbaren Konflikt zwischen Wissenschaft und Religion. Der heutige Mensch ist überzeugt, dass das Universum und Gott nicht zusammen existieren können, dass das Rationale und das Irrationale nicht in der Lage sind, miteinander zu funktionieren. Die Geschichte der Astronomie zeigt uns jedoch, dass wir eigentlich oft von einer gemeinsamen Anstrengung von Gelehrten sprechen können, die meistens Mitglieder der Kirche waren.
Auch im rumänischsprachigen Raum ging die Astronomie Hand in Hand mit der Religion. Als erster Astronom gilt der Mönch Dionysius Exiguus, der zwischen dem 5. und 6. Jahrhundert n. Chr. in Tomis lebte, dem heutigen Constanţa. Astronomen betrachten ihn als Erfinder der christlichen Zeitrechnung — er soll das 1. Jahr des aktuellen Kalenders festgelegt haben. Dionysius Exiguus verfügte über ausgezeichnete Kenntnisse der griechischen und lateinischen Sprache, er ist Autor einer Abhandlung christlicher Lehren. Die Astronomin Magda Stavinschi bezeichnet Dionysius Exiguus als einen der großen Namen in der Geschichte der Astronomie.
Auch auf rumänischem Gebiet gab es Zeugnisse von einer Beschäftigung mit dem Universum, der Welt, in der wir aus wissenschaftlicher Sicht leben, ohne dass die jeweiligen Personen Atheisten waren, manche waren sogar Theologen. Das bekannteste Beispiel ist vielleicht Dionysius Exiguus oder Dionysius der Kleine oder Dionysius der Fromme, der im Kleineren Skythien bei Tomis, dem heutigen Constanţa, lebte. Im Jahr 525 veröffentlicht er »Liber de Paschatae«, das sogenannte Osterbuch. Es scheint mir, dass dieser Dionysius der Kleine in doppelter Hinsicht genial war. Einmal, weil er 500 Jahre nach der Geburt Christi mit einer Fehlermarge zwischen 4 und 7 Jahren das Geburtsdatum Jesu berechnete. Wenn wir mit den aktuellen Technologien, dem historischen Wissen usw. keine genauen Angaben machen konnten, scheint mir, dass Dionysius ein besonderer Mensch war. Er war kein einfacher Mönch, er wurde von der römischen Kurie eingeladen, einen Kalender festzulegen, in dem Tagundnachtgleiche und Ostern nicht so weit voneinander lagen wie im Jahrhundert zuvor. Die Tatsache, dass es ihm dank seiner Kenntnisse auf dem Gebiet der Geschichte, der Fremdsprachen — und damals gab es nicht nur eine Kommunikationssprache –, der Mathematik und der Astronomie gelang, die Geburtsstunde Jesu mit einer solchen Genauigkeit zu berechnen, war eine Leistung. Er ist dafür verantwortlich, dass das Geburtsdatum Jesu Christi religionsunabhängig weltweit anerkannt wurde. Auch Menschen ohne historische Kenntnisse kennen zumindest das Geburtsdatum Jesu Christi.“
Auch im rumänischsprachigen Raum waren die Klöster vor der Moderne des 18. Jahrhunderts wie in Westeuropa Kultur- und Bildungszentren. Die Beobachtung des Himmels in der rumänischen Vormoderne ist mit dem Namen von Fürst Constantin Brâncoveanu (1688–1714) verbunden, einem Kirchenstifter und Unterstützer der künstlerischen Trends seiner Zeit. Brâncoveanu habe allerdings auch die Wissenschaft gefördert, berichtet Magda Stavinschi.
Wenn wir einen Sprung über Jahrhunderte hinweg wagen, lebte zu Zeiten Constantin Brâncoveanus mit Chrysanthos Notaras (rum. Hrisant Notara) eine sehr interessante Persönlichkeit hierzulande. Er war Grieche, zu dieser Zeit kamen viele Lehrer und Gelehrte von dort und wurden am Hofe Constantin Brâncoveanus als Hauslehrer seiner Kinder angestellt. Brâncoveanu tat das, was wir heute auch tun, er schickte seine Kinder zum Studium ins Ausland. Er schickte sie zu den berühmtesten Universitäten der Welt. Im Jahr 1667 erscheint das von Ludwig XIV. gegründete Astronomische Observatorium in Paris unter der Führung eines Italieners namens Jean Dominic Cassini. Dieser Cassini arbeitet direkt mit Chrysanthos Notaras zusammen, der von Brâncoveanu zu ihm geschickt wurde, und im Jahr 1716 veröffentlicht Notaras das Buch »Introductio ad geographia et sphaeram«, das Kapitel über Trigonometrie, Astronomie und anderen Wissenschaften enthält. Man könnte sagen, dass es das erste wissenschaftliche Buch auf rumänischem Gebiet ist. Chrysanthos Notaras war Wissenschaftler, er machte Beobachtungen, ich persönlich fand seine Unterschriften im Observatorium von Paris, er war am Observatorium in Padua, in London, offenbar war er auch in Moskau. Dennoch erklimmt er gleichzeitig die Stufen der kirchlichen Hierarchie hinauf — bis zur Würde des Patriarchen von Jerusalem. Er geht einen Kompromiss ein und stellt das Modell von Ptolemäus und das Modell von Copernicus als zwei Varianten der Interpretation des Universums vor. Meiner Meinung nach handelt es sich um einen Kompromiss, weil jemand, der an den astronomischen Observatorien in Paris, Padua oder London arbeitet, wohl das Kopernikus-Modell für das wahre halten wird.“
Die Astronomie im rumänischsprachigen Raum war der Ausdruck einer Leidenschaft, und ihre Ergebnisse verdanken wir der wissenschaftlichen Anstrengung einiger Menschen, die Erklärungen für sich und andere über die physische und spirituelle Welt suchten. Der Widerspruch zwischen Wissenschaft und Religion war in den rumänischen Fürstentümern — wie in ganz Europa — ein Ausdruck der menschlichen Suche nach dem Sinn des Universums.