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Wilsons Thesen beeinflussten die Ordnung nach dem Ersten Weltkrieg

Anfang 1918 war der Erste Weltkrieg noch lange nicht vorbei. Der Aufprall der beiden großen militärischen Blöcke hatte einen brutalen Höhepunkt erreicht, und keiner schien bereit zu sein, aufzugeben. US-Präsident Wilson versuchte, Frieden zu schließen.

Wilsons Thesen beeinflussten die Ordnung nach dem Ersten Weltkrieg
Wilsons Thesen beeinflussten die Ordnung nach dem Ersten Weltkrieg

, 08.10.2018, 05:30

Anfang 1918 war der Erste Weltkrieg noch lange nicht vorbei. Der Aufprall der beiden gro‎ßen militärischen Blöcke hatte einen brutalen Höhepunkt erreicht, und keiner schien bereit zu sein, aufzugeben. US-Präsident Wilson versuchte, Frieden zu schlie‎ßen.



Wilson und sein Team legten 1918 vor dem Hintergrund des Gemetzels in Europa die berühmte Erklärung in 14 Punkten vor, die die Grundlage für einen nachhaltigen Frieden sein sollte. Der Historiker Ioan Scurtu hat die Wilsonschen Prinzipien und die Atmosphäre, in der sie erschienen, aber auch die Ziele der Erklärung untersucht.



Sie arbeiteten an einem Projekt, das den kriegführenden Staaten vorgeschlagen werden sollte, ausgehend von der Idee, dass sie schon akzeptieren würden, was zu einem dauerhaften Frieden führen kann — das sollte verhindern, dass ein solcher Flächenbrand wieder stattfinden würde. Präsident Wilson wollte eigentlich einen Vorschlag für den Frieden machen und sogar mehr: Er dachte an eine Gestaltung der Welt nach dem Krieg. Zu sehen ist, dass nach seiner Auffassung weder die unterliegende noch die Siegerseite, also weder die Entente noch die Mittelmächte durch militärische Konfrontationen zu gewinnen hatten — ihm ging es darum, eine gewisse Demokratisierung der internationalen Beziehungen zu erreichen. Zuerst wurde der Abzug von Truppen aus den besetzten Gebieten in Erwägung gezogen, um in die nationalen Grenzen zurückzukehren. Von multinationalen Staaten wurde erwartet, dass sie die Autonomie der Völker innerhalb ihrer Gebiete sicherstellen, damit sie Rechte und Freiheiten genie‎ßen — aber eben nur innerhalb dieser Imperien.“




Scurtu meint, dass Wilsons Erklärung ambitioniert war, aber auch innovativ — das sieht man an der Art und Weise, wie er mit multinationalen Imperien umging.



Russland sollte in den bestehenden Grenzen von vor dem Krieg bleiben; dem Land sollte mit gutem Willen entgegengekommen werden, damit es an der Idee des Völkerbunds festhält. Im Januar 1918 war die russische Revolution in ihre radikale bolschewistische Phase eingetreten, der Bürgerkrieg hatte begonnen, Bessarabien erklärte seine Autonomie und bereitete sich darauf vor, seine Unabhängigkeit und Einheit mit Rumänien zu verkünden. Was Österreich-Ungarn anbelangt, so sollte dieses Reich erhalten bleiben, indem den Völkern in ihm eine weitläufige Autonomie gewährt wurde.“




Aber die Völker in den multinationalen Imperien hatten es sich anders überlegt, sagt der Historiker. Sie wollten eine andere Ordnung, die auf Nationalstaaten basiert. Das beweisen die Reaktionen aus den Nationen in Österreich-Ungarn auf Wilsons Prinzipien.



Die 14 Punkte hatten eine enorme politische und psychologische Wirkung, vor allem, weil sie einen Frieden ohne Annexionen bringen und die Nachkriegswelt so gestalten sollten, dass keine Kriege mehr stattfinden würden. Autonomie war als Wort sehr beliebt bei den Nationen. Im Januar 1918 wollten die Rumänen in der österreichisch-ungarischen Monarchie, wie auch die anderen Nationen, nicht mehr als die Autonomie, die sie im Laufe der Zeit, besonders nach 1867, beharrlich verlangt hatten. Die Frage der Vereinigung wurde erst im Herbst 1918 gestellt, als sich die Lage in Österreich-Ungarn zu verschlechtern begann und die Aussicht auf eine Auflösung erschien. Diese Völker beschlossen, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen und eigene Staaten zu gründen.“




Auf dem Kongress in Rom im April 1918 beschlossen die österreichisch-ungarischen Nationen, eine gro‎ße Kampagne auf europäischer und internationaler Ebene zu starten, um ihr eigenes Recht anerkannt zu bekommen und über ihre politische Zukunft entscheiden zu können. In den Vereinigten Staaten fanden Kundgebungen der Vertreter der Völker in Österreich-Ungarn statt, und auch die in den Vereinigten Staaten lebenden Gemeinden dieser Völker wurden mobilisiert. Darüber hinaus unterstützten Artikel in der amerikanischen Presse die Ansprüche von Nationen zu Lasten der Anhänger eines Erhalts der österreichisch-ungarischen Monarchie. Seit Ende August 1918 wurden gemeinsame Kundgebungen und Medienkampagnen von Rumänen, Serben, Kroaten, Tschechen, Slowaken, Italienern und Polen organisiert, die anti-habsburgische Resolutionen verabschiedeten.



Wilsons politische Prinzipien wurden von europäischen Mächten nicht gut aufgenommen. Vor allem Frankreich und das Vereinigte Königreich wollten, dass die Mittelmächte des Kriegsausbruchs schuldig gefunden und bestraft werden. Schlie‎ßlich gab Präsident Wilson dem Druck der öffentlichen Meinung nach, so der Historiker Ioan Scurtu.



Die Kampagne kulminierte am 20. September 1918, als Präsident Wilson beschloss, die Vertreter der Nationalitäten im Wei‎ßen Haus willkommen zu hei‎ßen. Jeder plädierte für seine Sache, der Präsident wurde über die von ihnen geführten Kampagnen informiert und erklärte zum Abschluss dieser Diskussionen, dass er davon überzeugt sei, dass die österreichisch-ungarische Doppelmonarchie nicht mehr zu überleben verdient. Die territoriale Integrität von Österreich-Ungarn war kein Thema mehr, und er war davon überzeugt, dass die Völker in dieser Monarchie das Recht und die Freiheit auf ihrer Seite haben und die Unterstützung der USA bekommen.“




Wie der Historiker ausführt, erschienen infolge des politischen Wandels in Washington Nationalstaaten wie Polen und die Tschechoslowakei, und andere wie Rumänien und Jugoslawien wurden neu definiert. Aber selbst wenn Thomas Woodrow Wilsons politische Prinzipien revidiert wurden, gelten sie trotzdem als politisch-philosophisch etabliert. Sie materialisierten die Institution des Völkerbundes, ein internationales Gremium, das die Grundlagen des zeitgenössischen Völkerrechts schuf. Wilsons Ideal des ewigen Friedens hat trotz allgemeiner Skepsis einen guten Anfang des Dialogs gemacht.

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