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Auf der Suche nach den waschechten Rumänen

In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts suchte die Wissenschaft akribisch nach dem idealtypischen Rumänen – wobei auch überall in Europa ein entsprechend ähnlicher Ansatz verfolgt wurde.

Auf der Suche nach den waschechten Rumänen
Auf der Suche nach den waschechten Rumänen

, 24.09.2018, 17:30

Biologie, Anthropologie und Medizin stellten sich in den Dienst dieses grandiosen Projekts und entwickelten Antworten, über die wir heute nur staunend den Kopf schütteln.



Der rumänische Geschichtsforscher Marius Turda doziert in Gro‎ßbritannien an der Oxford Brooks University zum Thema Rassen und Völker und hat auch interessante Bücher zu diesem Thema veröffentlichte — er kennt den Hintergrund, vor dem die Rassen- und Völkerwissenschaft in Rumänien erscheint.



Stichwort hier ist Gro‎ßrumänien — ein Staat, umgeben von Ländern, die territoriale Ansprüche an ihn erheben. Es waren schwierige Zeiten, überall ging es darum, etwas zu unternehmen, damit das Land irgendwie zusammenhält. Gro‎ßrumänien war entstanden, jetzt musste es mit Rumänen bevölkert werden. Es gab Gebiete und Städte, wo Rumänen in der Minderheit waren“, sagt Marius Turda und fügt hinzu, dass der damalige Zeitgeist nach einer Stärkung des rumänischen Elements verlangte. Rumänen sollten ermutigt werden, viele gesunde Kinder zu kriegen. Aber es ging eben auch darum, zu identifizieren, was eigentlich das Rumänische ausmacht — vor allem dort, wo es sprachlich und kulturell nicht eindeutig war, dass die Menschen Rumänen waren, so Turda.



Die Wissenschaft entwickelte schnell Blut und Rassenmerkmale — und Ärzte, Biologen und Anthropologen brachten sich enthusiastisch ein. Die Anthropologie in ihrem Selbstverständnis der 1920er Jahre konnte aufgrund der Blutgruppe oder der körperlichen Rassenmerkmale Menschen unterschiedlichen erkennbaren Gruppen zuordnen“, erläutert der Historiker. Eine Sprache ist leicht zu lernen, die Leute konnten sich als Ungarn oder Rumänen ausgeben, wenn sie die Sprache beherrschten. An der Rasse war nichts mehr zu ändern. Besonders in den 1930er Jahren wurden Rassenmerkmale verstärkt eingesetzt, um nach dem Wesen des Rumänen zu suchen, meint Marius Turda. Wir hatten ihn sprachlich, kulturell oder religiös definiert, aber etwas gehörte einfach dazu — wie sah er eigentlich aus, dieser Rumäne? Was unterschied ihn vom Deutschen oder Griechen?“ Dann wurde es kompliziert, so der Forscher: denn Deutsche und Rumänen zu unterscheiden, war noch relativ leicht, aber bei Griechen und Bulgaren und Rumänen waren die Gemeinsamkeiten eben zu gro‎ß, die Unterschiede minimal.



Aber auch die Forscher setzten sich Grenzen, wei‎ß Marius Turda: Sehr wenige von ihnen gingen so weit, unterschiedliche rumänische Rassengebiete innerhalb Gro‎ßrumäniens zu zeichnen. Allerdings wollten sie zeigen, dass es eine dakisch-römische und dann eine rumänische Kontinuität in Siebenbürgen gegeben hat, um die ungarischen Theorien zu widerlegen“, sagt der Geschichtsforscher Marius Turda. Demnach gehörten die Rumänen in Siebenbürgen zu dem überwiegenden Rassentypus in Mittel- und Westeuropa, während die Rumänen in der östlichen Moldau und in der südlichen Walachei eher den Balkanrassen zuzuordnen waren, die stark von den asiatischen Invasionen, aber auch vom griechischen Element geprägt waren. Siebenbürgen galt im damaligen Zeitgeist als reinstes rumänisches Gebiet — die dortigen Rumänen lebten hoch oben im Gebirge und waren ethnisch weniger vermischt.



Es wurde viel zu den Motzen geforscht, nicht nur weil Avram Iancu, ein Symbol des Aufstands gegen die ungarische Ausbeutung, zu ihnen gehörte. Die Motzen hatten in relativer Isolation gelebt und es war möglich, nach der anthropologischen Theorie Gruppen zu erkennen, die lange Zeit getrennt gelebt hatten — der idealtypische Rumäne war also der aus dem Apuseni-Gebirge“, so der Geschichtswissenschaftler. Es gab dort auch eine sprachliche Einheit, nur die Religion war anders, weil viele Siebenbürger griechisch-katholisch oder reformiert waren. Trotzdem, meint der Historiker Marius Turda, wurde nie behauptet, dass Siebenbürger als Rasse den Moldauern oder den Munteniern überlegen waren. Der einzige Anthropologe, der diese These zu etablieren versuchte, scheiterte kläglich.

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