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60 Jahre ungarischer Volksaufstand von 1956

Auch in Rumänien hatte die ungarische Revolution einen gewissen Widerhall - mit teilweise brutalen Konsequenzen für die Studenten.

60 Jahre ungarischer Volksaufstand von 1956
60 Jahre ungarischer Volksaufstand von 1956

, 24.10.2016, 18:09

Am 23. Oktober 1956, vor 60 Jahren, begann in Budapest die gegen die sowjetischen Besatzungstruppen gerichtete ungarische Revolution. Sie wurde von Studenten angesto‎ßen und von den Reformkommunisten um Imre Nagy unterstützt, scheiterte aber nach dem Einsatz sowjetischer Truppen gegen die Aufständischen.



Auch in Rumänien hatten die sowjetischen Besatzungstruppen einem kommunistischen Regime zur Macht verholfen. Die Stra‎ßenbewegungen im Nachbarland wurden deshalb mit gro‎ßer Aufmerksamkeit verfolgt — vor allem im Studentenmilieu. In gro‎ßen Universitätsstädten wie Timişoara, Cluj oder Oradea, die nahe an der ungarischen Grenze liegen, aber auch in Iaşi und Bukarest haben rumänische Studenten reagiert und versucht, ihren ungarischen Kollegen nachzueifern. Die gewaltsamen Gegenma‎ßnahmen des Regimes und das Fehlen eines Reformflügels in der kommunistischen Partei lie‎ßen jedoch nicht zu, dass die Demonstrationen in Rumänien das gleiche Ausma‎ß erreichen wie in Ungarn.



Der Politiker Nestor Bădiceanu gehört zu den Zeitzeugen. Er lebte damals in der Stadt Oradea in der Nähe von Ungarn und erzählte den Kollegen von der Abteilung Mündliche Geschichte, wie er den Oktober 1956 erlebte. „Die Atmosphäre in Oradea, wo ein Drittel der Menschen ungarischer Abstammung ist und sie bei offenem Fenster ungarisches Radio hörten, grenzte an Euphorie. Oradea lag nahe der Grenze. Man erwartete, dass die Revolution auch bei uns beginnt. Bei einer Reise in die Stadt Lugoj sah ich, wie in allen grö‎ßeren Bahnhöfen Panzer auf Züge rollten. Diese Züge fuhren dann nach Ungarn. Die Russen hatten dort nur wenige Truppen und mussten mehr Truppenteile verlegen, um es mit der ungarischen Armee aufnehmen zu können. Sie griffen zu einer schändlichen List — sie beriefen den Kriegsminister zu Verhandlungen und verhafteten ihn, um so die Armee kopflos zu lassen“, erzählt der Politiker.



Ein anderer Zeitzeuge ist Andrei Banc, der 1956 Publizistik in Bukarest studierte. Er erinnert sich an die Verhaftungswelle im damaligen Kontext. „Die meisten, die damals verhaftet wurden, waren Jura- und Philosophiestudenten — das war auch normal, denn im Vergleich zum Polytechnikum oder der Universität für Bauingenieurwesen legten dortige Studenten mehr Wert auf Politik. Die Hälfte von ihnen wohnten in Studentenheimen, weil sie nicht aus der Stadt waren — wir Bukarester Studenten führten ein von ihnen eher isoliertes Leben an den Unis. Sie lernten und wohnten zusammen und waren eine kompaktere Masse, wo auch die Unruhen begannen. Nur war diese Masse eben auch mit vielen Spitzeln versetzt. Die Geheimdienste waren also gut informiert und lie‎ßen nicht zu, dass eine Bewegung wie in Ungarn entstand. Im Endeffekt kam es nur zu einem kurzen Aufbäumen“, erinnert sich der damalige Student Andrei Banc. Die Studenten hatten weitgehend keine materiellen Forderungen, sie spürten instinktiv, dass eine demokratisch gewählte Landesführung mehr erreichen konnte, sagt Andrei Banc weiter.



„Es wurden keine Sachforderungen gestellt — zum Beispiel wurden erstens verlangt, dass es keinen Russischunterricht mehr geben soll. Die Forderungen waren allgemein-politischer Natur, sie waren auch nicht so antisozialistisch geprägt wie in Ungarn. Es ging eher um die Lehrinhalte, um mehr Freiheit, um mehr Zugang zu rumänischen Kulturtraditionen und zur Philosophie fremder Denker, die wir nicht im Original lesen durften. Niemand verlangte die Abschaffung des Sozialismus, die Auflösung der KP oder der Jugendorganisation der Partei. Es gab also keine mit Ungarn vergleichbaren Zustände. Nur Jurastudenten wollten, wenn ich mich recht erinnere, die Verfassung ändern“, so Andrei Banc, damals Student der Publizistik.



Professor Ion Agrigoroaie von der Geschichtsfakultät der Universität Iaşi war zur damaligen Zeit ebenfalls Student. Auch er kann sich erinnern, wie hart gegen Studenten vorgegangen wurde, die sich mit den ungarischen Kollegen solidarisierten: „1956 und bis etwa Anfang des nächsten Jahres war die Lage sehr angespannt. Ein Kommilitone, der ein Jahr jünger war, wurde 1957 aus dem Studentenwohnheim verhaftet, weil er einen politischen Witz über den Einmarsch der Sowjets in Ungarn gemacht hatte — er sa‎ß sieben Jahre im Gefängnis. Man wusste, was in Ungarn passiert, auch wenn die ungarischen Revolutionäre als Terroristen präsentiert wurden. Was mit Imre Nagy passierte, war weitgehend bekannt“, so der damalige Student und heutige Professor.



Generell löste die ungarische Revolution von 1956 auch in Rumänien eine neue Repressionswelle aus – es war ein Zeichen, dass ein kommunistisches System nicht reif für Reformen war. Und Rumänien spielte eine gewisse Rolle in den damaligen Ereignissen: Imre Nagy, der Anführer der Reformkommunisten, wurde zeitweilig in der Nähe von Bukarest festgehalten, bevor er nach Ungarn überstellt und schlie‎ßlich hingerichtet wurde.

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