Königin Elisabeth von Rumänien (1843–1916) – die volksnahe Wohltäterin und Mäzenin
Die erste rumänische Königin war Elisabeth Pauline Ottilie Luise zu Wied, die Ehefrau des Königs Karl I., Gründer der konstitutionellen Monarchie in Rumänien und Vater der Modernisierung Rumäniens.
Steliu Lambru, 29.02.2016, 17:46
Die erste rumänische Königin war Elisabeth Pauline Ottilie Luise zu Wied, die Ehefrau des Königs Karl I., Gründer der konstitutionellen Monarchie in Rumänien und Vater der Modernisierung Rumäniens. Elisabeth Wied wurde im Jahr 1843 in Deutschland geboren. 1869, mit 26 Jahren, zog sie nach Rumänien, zusammen mit ihrem Ehemann, dem Prinzen Karl von Hohenzollern. Sie war Kunstmäzenin und Gründerin von Wohlfahrtsorganisationen sowie auch eine talentierte Dichterin, Essayistin und Schriftstellerin. Ihr Künstlername war Carmen Sylva. Der Historiker Alin Ciupală von der Bukarester Universität erläutert den Beitrag der Königin Elisabeth zur kulturellen und sozialen Modernisierung Rumäniens:
Die Königin Elisabeth hat sich ihr Leben lang bemüht, die rumänische Kultur durch ihr literarisches Werk im Westen bekannt zu machen. Andererseits hat sie eine reiche soziale Tätigkeit gehabt, sie war Gründerin zahlreicher Wohltätigkeitsverbände und –organisationen sowie weiterer Vereine, die für die soziale und kulturelle Emanzipation der Frauen in Rumänien schon vor dem 1. Weltkrieg gekämpft haben. Königin Elisabeth wurde dank ihres Werkes nicht nur in Europa, sondern in der ganzen Welt bekannt. Ihre literarischen Werke wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Der Zeitungsjournalist Radu D. Rosetti erzählt in einem Reisebericht, dass er im nördlichen Norwegen ein Fischerdorf besucht hat. Der örtliche Lehrer fragte ihn, woher er stamme und erklärte anschließend: ‚Sie kommen also aus der Heimat der Schriftstellerin Carmen Sylva.‘ Eine ähnliche Geschichte spielte sich in der südlichen Halbkugel ab. Eine junge Rumänin reiste durch das Feuerland und traf eine Amerikanerin, die an einer Konferenz teilnahm. Als sie hörte, dass die Dame aus Rumänien stammte, fing ein Gespräch über das literarische Werk von Carmen Sylva an.“
Das sozial und wirtschaftlich unterentwickelte Rumänien bringt die junge Königin dazu, Ressourcen und Menschen zu mobilisieren, um den Armen zu helfen. Historiker Alin Ciupală dazu:
Die Königin hat viele Wohltätigkeitsverbände und –organisationen während und nach dem Unabhängigkeitskrieg gegründet. Sie war die wichtigste Befürworterin des privaten Gesundheitssystems, das die Kriegsanstrengungen von 1877-78 unterstützt hat. Auch nachdem die Unabhängigkeit gewonnen wurde, war sie in der Entwicklung des Gesundheitswesens involviert. Zwei Beispiele in dieser Hinsicht sind die Gesellschaft »Vatra Luminoasă« für Blinde und die Gesellschaft »Obolul«.“
Königin Elisabeth mischte sich — mit einer einzigen Ausnahme –in die Politik nicht ein. Der Historiker Alin Ciupală meint aber, sie habe nur aus Romantik gehandelt:
Die Königin mischte sich nicht in die Politik ein, sie versuchte sich sogar von dieser fern zu halten. Mit einer Ausnahme vielleicht, und zwar die geplante Hochzeit zwischen dem Thronprinzen und einer ihrer Hofdamen, Elena Văcărescu; Königin Elisabeth betrachtete diese Hochzeit aber nicht aus politischer Perspektive, das war vielleicht ihr einziger Fehler, dass sie die politischen Konsequenzen ignoriert hat. Für sie war das Ganze eine sentimentale und private Angelegenheit. König Karl I. musste einschreiten und er hat das sehr nachdrücklich gemacht.“
Königin Elisabeth gilt in populärer Literatur als eine sentimentale Person und als eine Träumerin. Alin Ciupală ist damit nicht einverstanden:
Dieses Bild ist insbesondere den Schriften des privaten Sekretärs der Königin, Robert Schäffer, und jenen der späteren Königin Maria zu verdanken. Diese Autoren haben eine Gestalt geschaffen, die mit der Realität nichts zu tun hatte, die absolut romantisch war und die Welt um sich nicht verstand. Das ist meiner Meinung nach ein falsches Bild, das auf persönliche Auseinandersetzungen zurück zu führen ist. Die Königin hatte viel Vertrauen in Robert Schäffer. Dieser machte sich allerdings mit einem Teil des Geldes aus dem Staub, das Königin Elisabeth für das Vatra-Luminoasă-Heim gesammelt hatte. Sein Text hatte als Ziel, nicht nur die Königin, sondern die gesamte königliche Familie Rumäniens zu verleumden. Was Maria anbelangt, muss ich etwas Bekanntes wiederholen. Sie kam von Anfang an nicht zurecht mit König Karl und der Königin Elisabeth. Den König respektierte sie, weil sie ihn als angemessenen Gegner betrachtete, die Königin verachtete sie aber. In ihren Memoiren beschreibt Maria Königin Elisabeth als eine sehr selbstbewusste und romantische Person, die mit der Realität nichts zu tun hatte. Nachdem Ferdinand und Maria den Thron bestiegen, hörte man wenig über Elisabeth. Von ihrem Tod im Jahr 1916 hörte man auch nicht viel.“
Elisabeth war ohne Zweifel die Königin, die die Rumänen brauchten. Sie stand dem Volk näher als ihr Mann, König Karl I., und die Nachwelt hat ihre Rolle in der Geschichte Rumäniens anerkannt.