Kommunisten vor dem Kommunismus – zur Geschichte der rumänischen Kommunisten vor 1945
Bevor die Kommunistische Partei die Macht in Rumänien unter sowjetischer Besatzung übernahm, wurden die Anhänger der kommunistischen Ideologie als Idealisten angesehen. In Rumänien hatte der Kommunismus nur wenige Anhänger.
Steliu Lambru, 17.08.2015, 18:07
Bevor die Kommunistische Partei die Macht in Rumänien unter sowjetischer Besatzung übernahm, wurden die Anhänger der kommunistischen Ideologie als Idealisten angesehen. In Rumänien hatte der Kommunismus nur wenige Anhänger. Nachdem der Kommunismus in Russland siegte, wurde das bolschewistische Russland zum Hauptfeind Rumäniens. Die rumänischen Kommunisten wurden in der Zwischenkriegszeit und während des Krieges als sowjetische Agenten betrachtet, die gegen die Interessen Rumäniens handelten.
Der Historiker Adrian Cioroianu hat einen Band mit den Biographien einiger rumänischer Kommunisten vor 1945 koordiniert. 1945 kamen die Kommunisten an die Macht. Vasile Luca, Gheorghe Gheorghiu-Dej, Petre Constantinescu-Iaşi, Ana Pauker, Nicolae Ceauşescu und Petre Gheorghe waren wichtige Namen in Rumänien zwischen 1945 und 1989.
In der Nachbarschaft der Sowjetunion war die Zahl der Kommunisten relativ klein. Vielleicht war das auch ein Ausdruck der Furcht, die diese Länder vor dem russischen Expansionismus hatten. Da muss man aber auch unterscheiden. Die Lage in Rumänien, wo die Kommunistische Partei schon ab 1924 verboten wurde, war eine andere als in der Tschechoslowakei, wo das Proletariat zahlreicher war und es eine soziale Basis für eine linksorientierte Politik gab. Wichtig ist es, in dieser Periode im öffentlichen Diskurs zwischen der Wahrheit, die von Dokumenten unterstützt wird, und sehr vielen Klischees zu unterscheiden. Im Falle der rumänischen Kommunisten, die vor der Machtübernahme durch die Kommunisten tätig waren, sprechen wir von ein paar Tausend Personen, die aus dem einen oder anderen Grund glaubten, dass diese Version der Linke, die in der Sowjetunion zu finden war, eine Zukunft haben kann. Wir dürfen die 1930er Jahre nicht aus der Perspektive von heute betrachten. Wir müssen die Idee akzeptieren, dass — wie im Falle des Rechtsextremismus, in dem viele anständige junge Leute von der Eisernen Garde verführt wurden — auch im Falle des Kommunismus eine Reihe von Menschen, von Anwälten bis hin zu Arbeitern diese Sympathie hatten. Sie hatten den Eindruck, dass das von der Sowjetunion gebrachte Modell die Tore einer besseren Zukunft öffnen kann.“
Intellektuelle, Menschen aus der Mittelschicht, Arbeiter, alle, die die Ideologie des Kommunismus angenommen haben, hatten unterschiedliche Motivationen. Adrian Cioroianu dazu:
Es handelte sich dabei um Menschen, die paradoxerweise die Geschehnisse im West verfolgten. Die Zahl der Kommunisten im Westen war damals steigend. Und es ist überhaupt nicht widersinnig, dass Menschen wie Lucreţiu Pătrăşcanu oder Petre Constantinescu-Iaşi in Kontakt mit dem Kommunismus mittels einer Gewerkschaft aus Frankreich in Berührung kamen. Pătrăşcanu las die Werke mancher Russen auf Französisch. Für einen linksorientierten Rumänen muss es in den 1930er Jahren heikel gewesen sein, zu sehen, wie im Westen, insbesondere in Frankreich, die Zahl der Kommunismus-Anhänger zunahm. Natürlich konnte man sich irrtümlicherweise vorstellen, dass die progressiven Elemente aus dem Westen gegenüber dem, was in Moskau geschah, wohlwollend eingestellt waren. In der Sowjetunion funktionierte die Propaganda-Maschine sehr gut. Heute wissen wir, dass bedeutende westeuropäische Intellektuelle in Frankreich und Großbritannien darauf hereingefallen sind; ähnlich war es in Deutschland vor Hitler und in Italien. Das geschah in einem kleineren Umfang auch in Rumänien. Wir dürfen jetzt auch nicht übertreiben, es handelte sich dabei nicht um Hunderttausende oder Dutzend Tausende Menschen. Die Partei wurde 1924 verboten. Wir müssen akzeptieren, dass wir die Register mit den Mitgliedern der Kommunistischen Partei in Rumänien nicht finden werden, als illegale Partei konnten sie diese nicht aufbewahren. Folglich werden wir die genaue Zahl niemals kennen. Der rumänische Geheimdienst hatte das Interesse, eine möglichst geringe Zahl von Kommunisten anzugeben, er ließ sie beobachten, spielte aber ihre Bedeutung herunter. Während des kommunistischen Regimes behaupteten viele, Mitglieder der illegalen Partei gewesen zu sein, vielleicht sogar mehr Leute, als es in Wirklichkeit gewesen waren. Deshalb auch der damalige sinngemäße Spruch: »Am Anfang waren unsereins nur wenige, jetzt sind viele in der Partei geblieben.«“
Kann der Idealismus derjenigen, die den Kommunismus angenommen haben, sie von jeglicher Verantwortung befreien? Der Historiker Adrian Cioroianu:
Wir schreiben hier die Geschichte einiger sehr bekannter Leute. Das sind etwas bekanntere Fälle und wir wissen heute, dass jeder von ihnen, mit der Ausnahme von Petre Gheorghe, eine Rolle auch nach dem 23. August 1944 gespielt hat. Wenn wir ihre Tätigkeit aus den 1930er Jahren unter die Lupe nehmen, dürfen wir nicht die nachfolgende Periode vernachlässigen. Sie haben von den Prozessen in den 1930er Jahren gegen die Kommunisten profitiert. Sie haben diese in ihre Lebensläufe aufgenommen, sie haben aufgrund dieser eine regelrechte Mythologie des kommunistischen Untergrunds aufgebaut. So auch Nicolae Ceauşescu, der vielleicht spektakulärste Fall von allen. Wir Historiker haben es hier mit einer Gratwanderung zu tun. Einerseits ist es klar, dass es nicht sehr viele Kommunisten gab. Andererseits kommt man zur Schlussfolgerung, dass es auch nicht so wenige, wie wir es uns wünschen würden, waren. Es waren nicht nur 800 oder 1000, wie man so sagt. Unsere Studie zeigt, dass es ein paar Tausend waren. Es ist schwer zu sagen, wieviele Sozialisten waren und wieviele Kommunisten. Während der Prozesse haben viele eine Beziehung zur kommunistischen Bewegung abgestritten. Später, in den 1940er Jahren, nachdem sie an die Macht kamen, forderten alle die Anerkennung ihrer politischen Aktivität vor den Prozessen.“
Die rumänischen Kommunisten vor der Einführung des kommunistischen Regimes wurden als eine messianische Sekte bezeichnet, als eine subversive Organisation, die trotz ihres Atheismus mystische Neigungen hatte. Zum richtigen Zeitpunkt handelten sie aber auch pragmatisch.