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Auschwitz: Zeitzeugenberichte von Überlebenden aus Rumänien

Das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau war ein fester Bestandteil der Nazi-Ideologie, ein Programm zur systematischen Vernichtung der europäischen Juden. Die Anzahl der Opfer der größten national-sozialistischen Todesfabrik ist schwer einzuschätzen.

Auschwitz: Zeitzeugenberichte von Überlebenden aus Rumänien
Auschwitz: Zeitzeugenberichte von Überlebenden aus Rumänien

, 26.01.2015, 17:45


Das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau war ein fester Bestandteil der Nazi-Ideologie, ein Programm zur systematischen Vernichtung der europäischen Juden. Die Anzahl der Opfer der grö‎ßten national-sozialistischen Todesfabrik ist schwer einzuschätzen. Die Angaben unterschiedlicher Autoren schwanken zwischen 1-1,5 Millionen Juden. Die ungarischen Machthaber im infolge des Zweiten Wiener Schiedsspruchs abgetretenen Nordsiebenbürgen schickten ab dem Frühjahr 1944 150.000 Juden nach Auschwitz. Vor dem 70. Jahrestag der Befreiung des Lagers am 27. Januar 1945 hat Steliu Lambru einige Zeitzeugenberichte von Überlebenden aus dem Archiv des rumänischen Rundfunks zusammengetragen.




Die Klausenburgerin Eva Berger wurde gemeinsam mit ihrer Mutter in mindestens 10 Arbeitslager geschickt. In Auschwitz verbrachte sie nur drei Tage, was aber lange genug war, um verstehen zu können, was dort geschah. Im Interview mit Radio Rumänien 1996 erinnerte sie sich an die furchtbaren Erlebnisse:



Rechts war das Leben und links lauerte der Tod! Ich war mit meiner Mutter dort und sie haben uns nicht an den Händen gepackt, auch wenn wir uns ähneln. Wahrscheinlich haben sie nicht gemerkt, dass wir Mutter und Tochter sind und uns deshalb auf die rechte Seite gestellt. Wir wussten nicht, was es bedeutete, und die ganze Familie ging auf die linke Seite, denn es waren noch Tanten, Cousins, mit Kleinkindern dort, und wer kleine Kinder hatte, konnte nicht für die Arbeit eingesetzt und musste vernichtet werden. Und was ich beobachten konnte, und das habe ich auch meiner Mutter gesagt, dass dort überhaupt kein Vogel zu hören war, dort gab es eine Art Wald. Das geschah im Mai oder Juni, und kein Vogel war zu hören. Wie kann es sein, ein Wald, in dem kein Vogel singt? Später habe ich dann verstanden, dass dort die Gaskammern waren und der Wind wahrscheinlich das Gas oder den Rauch weitertrug und es deshalb keine Tiere und Vögel dort gab, sie hätten dort nicht überleben können. Anschlie‎ßend habe ich auch meinen Vater gesehen, denn ihn hatten sie auf die linke Seite gestellt, also auf der Seite der zu Vergasenden. Aber die sagten immer: Geht ruhig, denn ihr werdet euch wiedertreffen, die Alten werden gemeinsam mit den Kindern getrennt untergebracht, alles wird gut. Dann gingen wir durch das Tor, auf dem »Arbeit macht frei« stand, und ich dachte, dass muss was Gutes sein. Wir mussten arbeiten und dann werden wir frei sein, wenn wir arbeiten. Sie haben uns in eine Baracke gebracht, uns die Haare geschnitten und dann habe ich meine Mutter nicht wiedererkannt. Sie stand genau neben mir und ich erkannte sie nur an ihrer Stimme, weil sie wie ein Mann ohne Haare aussah. Ich hielt immer ihre Hand, damit wir nicht getrennt wurden. Ich hatte das Glück, nur drei Tage in Auschwitz zu verbringen. Das bedeutet, dass wir nach nur drei Tagen dem Elend dort entkommen konnten, dem Hunger, man kann alles kaum in Worte fassen.“




Im Mai 1944 wurde Mauriţiu Sabovici aus Sighetu Marmaţiei infolge der Besetzung Nordsiebenbürgens durch das Horthy-Regime in das Ghetto in Vişeu gebracht. 1997 erzählte er im Interview mit Radio Rumänien, wir er in der Nähe des KZ Auschwitz dem Tod in die Augen schaute. Als gelernter Schlosser durfte er in einer Fabrik au‎ßerhalb des Lagergeländes arbeiten.



Ein Tag im Lager sah wie folgt aus: Um fünf Uhr standen wir auf, duschten schnell oder wuschen uns, danach mussten wir bei der Inspektion stramm stehen und anschlie‎ßend gab es das Frühstück. Da gab es 100 Gramm Brot und Tee oder schwarzen Kaffee und Margarine. Und um sechs mussten wir uns fertigmachen für den Gang nach Gleiwitz. Die Fabrik war nicht in der unmittelbaren Nähe, wir mussten etwa einen, zwei Kilometer gehen. Und während dieses Fu‎ßmarsches kassierten diejenigen, die seitlich gingen, Schläge, die in der Mitte wurden geschont. Deshalb versuchte jeder in der Mitte zu stehen und nicht seitlich. In der Fabrik wurde man nicht von ihnen geschlagen, dort schlugen uns die Zivilisten. Die SS-Soldaten standen rund um das Fabrikgebäude, damit wir nicht flüchten konnten, aber sie hatten drin nichts zu suchen. Im Gebäude selbst waren die Kapos. Das waren ebenfalls Häftlinge, deutsche Kommunisten, in die die SS mehr Vertrauen hatte. Und sie passten auf uns auf, dass wir arbeiten und nicht umsonst rumstehen. Dann waren noch polnische Juden dort, die uns schlecht behandelten wie die Deutschen. Sie achteten nicht drauf, dass wir Juden waren wie sie, sie waren sauer auf uns und warfen uns vor, dass wir erst ’44 und nicht schon ’39 wie sie im Lager gelandet waren. Sie warfen uns vor, dass wir erst dann gekommen waren, als die Fronten bereits zusammenbrachen, also zu spät. Sie machten uns das Leben zur Hölle, anstatt uns zu helfen. Wir gingen unserer Arbeit nach und sorgten dafür, dass wir keine Schläge einsteckten.“




Auch der Elektriker Otto Scharudi aus Baia Mare berichtete in einem Gespräch 1997 von ähnlichen Erlebnissen. Im Juni 1944 wurden die Juden aus Baia Mare in einem Ghetto versammelt, bevor sie in einen Güterzug nach Auschwitz verladen wurden.



Von Auschwitz aus fuhren wir etwa 6 Kilometer mit dem Zug weiter bis zur Haltestelle Birkenau, wo das Vernichtungslager stand. Dort waren wir in einem Zigeunerlager untergebracht, die Kommandanten des Lagers waren ebenfalls Zigeuner. Als wir raus mussten zum Appell, mussten wir durch eine kleine Tür hindurch. Sie trieben uns mit Stöcken, damit wir ganz schnell gingen. Sie können sich 1000 Menschen in einem Stall vorstellen, die alle rauswollen. Dort war ich etwa eine Woche lang, denn inzwischen waren die Deutschen gekommen, die SS also. Sie fragten, wer eine Ausbildung im Bauwesen gemacht habe, also wer Maurer, Tischler, Mechaniker oder Elektriker war. Und wir meldeten uns. Und dort sollten wir bleiben, jeder hat auch eine Nummer bekommen, ich hatte die 13034. Von dort aus wurden wir die 6 Kilometer zurück nach Auschwitz gebracht. Drau‎ßen wurden wir alle nach unseren Berufen sortiert. Wir waren insgesamt 16 Elektriker und wurden in die Werkstatt gerufen. Es war eine ganz gro‎ße Werkstatt mit vielen Masten, man musste auf die Masten klettern und die Kabel nach drau‎ßen ziehen. Sie lie‎ßen einen so testen. Und von 16 sind wir dann nur noch zwei übriggeblieben, die den Beruf ausüben durften. Ich bekam die Aufgabe, die Stacheldrahtzäune zu kontrollieren, denn es waren Hochspannungszäune.“




Wenigen Ideologien ist es gelungen, in einem einzigen Wort das Wesen der Verbrechen gegen die Menschlichkeit so zu erfassen, wie es der Nationalsozialismus tat. Dieses Wort lautet Auschwitz und jedem menschlichen Wesen mit Vernunft graut es davor.

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