Erinnerungen an Brâncuşi
Constantin Brâncuşi ist wahrscheinlich der weltweit bekannteste rumänische Künstler. Kein anderer Rumäne hat so viele Auszeichnungen bekommen. Brâncuşi ist einer der wichtigsten Künstler aller Zeiten.
Steliu Lambru, 07.07.2014, 15:45
Constantin Brâncuşi ist wahrscheinlich der weltweit bekannteste rumänische Künstler. Kein anderer Rumäne hat so viele Auszeichnungen bekommen. Brâncuşi ist einer der wichtigsten Künstler aller Zeiten.
Constantin Brâncuşi selbst liebte jedoch nicht die Berühmtheit. Im Gegenteil. Er war ein asketischer Mann, vertieft in seiner Kunst und ziemlich zurückhaltend in der Beziehung zu den Menschen und zu den Medien. Deshalb gibt es auch keine aufgenommenen Interviews mit ihm. Filmaufnahmen mit ihm gibt es wenige. Brâncuşi lebte aber in den Erinnerungen derer weiter, die ihn gekannt haben. Einige dieser Menschen wurden vom Zentrum für mündliche Geschichte des Rumänischen Rundfunks interviewt. Das Zentrum ist zudem im Besitz einiger Aufnahmen aus anderen Archiven.
Der Kunstkritiker George Oprescu hat Brâncuşi kennengelernt. 1963 berichtete er dem Rumänischen Rundfunk über seine beiden Treffen mit Brâncuşi. Das erste Treffen fand nach dem 1. Weltkrieg, in der Werkstatt des Künstlers in Paris, auf der Impasse-Ronsin-Straße, statt. Hier lebte der Künstler ein halbes Jahrhundert, von 1907 bis zu seinem Tod 1957.
Die Werkstatt von Impasse Ronsin, sehr groß, war mit alten Holzbalken gefüllt. Manche waren 50-60 cm breit und ein paar Meter lang. Sie waren aus einem Dorf aus der Bretagne, in dem mehrere Häuser abgerissen wurden, gebracht worden. Diese Holzbalken warteten auf die geschickte Hand des Künstlers. Du dachtest, du befindest dich in einer unterirdischen Höhle, in der ein Zyklop aus Holz Sachen schuf, die die Welt entzückte. Zu der Zeit hatte ich eine Leidenschaft für Wagner und für die wagnersche Mythologie, nichts schien mir fremd.“
1937 reiste Oprescu wieder nach Paris und besuchte erneut den Künstler in seiner Werkstatt.
Diesmal waren es nicht die riesigen Holzbalken, die in der Werkstatt für einen besonderen Anblick sorgten. Brâncuşi arbeitete in dieser Periode mit Stein und poliertem Metall. Solche Werke, die auf mobilen Plattformen standen und die von elektrischen Mechanismen in Bewegung gesetzt wurden, überraschten mich und nicht gerade positiv. Es folgte ein Essen, das vom Künstler vorbereitet wurde, und ein Gespräch über das, was ich sah. Die Diskussion dauerte mindestens zwei Stunden. Was bei ihm verblüffend war, daran erinnerte ich mich von meinem ersten Treffen mit ihm, war seine rustikale Vornehmheit, die Anmut seiner Bewegungen, sein starker Körper, auch wenn er eher kleinwüchsig war. Die Augen waren unglaublich. Klein, aber flink, mal lächelnd, mal ernst, mal ironisch, aber nicht übertrieben, wechselhaft. Es reichte aus, um dir seinen Seelenzustand zu übertragen. Er sprach langsam, klar, durchdacht. An dem Abend herrschte um ihn die Gelassenheit des Künstlers, der letzten Endes die oberste Wahrheit der Kunst erreicht hat.“
Dyspré Paleolog war während des Zweiten Weltkriegs Journalist bei Radio Rumänien. Nach der sowjetischen Besatzung flüchtete er nach Paris. Als Student begann er Brâncuşi, einen Studienkollegen seines Vaters, zu besuchen.
Er fühlte sich mit meinem Vater stark verbunden. Ihre Studienzeit hatten sie zusammen verbracht und sie waren enge Freunde. Mein Vater war ein Exeget von Brâncuşi, er hat die ersten Bücher über ihn geschrieben, 4-5 Bücher waren es, das letzte habe ich auf Französisch selbst verlegt. Es hat im Kulturleben in Paris für Aufruhr gesorgt und wurde von Spezialisten sehr geschätzt. Brâncuşi bot seine Freundschaft einem verhungernden jungen Studenten an, der versuchte, sich in Frankreich ein Leben aufzubauen. Er sagte mir: ‚Junge, sei klug, halte Abstand von der rumänischen Botschaft‘. Brâncuşi hat mich 5-6mal empfangen, wegen des Studiums und wegen der Freundschaft zu meinem Vater. Ich habe mit ihm sehr interessante Diskussionen geführt. Brâncuşi hatte wenig Kontakt zu Rumänen. Er hielt Abstand von der rumänischen Kolonie. Diese, wie auch die anderen Gemeinschaften, erlebte eine Periode der Neuanpassung und war gespalten: Es hier Menschen, die sich für Antikommunisten erklärten, andere, die eher demokratisch waren, und die Linksorientierten. Sehr wenige waren eifrige Kommunisten. Wie Brâncuşi hielt auch ich Abstand von den rumänischen Aussieldern.“
Der Offizier und Professor Virgil Coifan erinnerte sich an ein Fest von 1938 in der Stadt Târgu Jiu. Damit verbunden ist auch eine Anekdote über die Entstehung des monumentalen Skulpturen-Ensembles von Brâncuşi im heutigen Stadtpark von Târgu Jiu:
Wir gingen in den Park in Târgu Jiu und warteten auf den Präfekten. Der Leiter der Grundschule in Tismana, Chiţiba, traf Brâncuşi und unterhielt sich mit ihm. Ich weiß nicht mehr, ob sie Verwandte oder gute Freunde waren. Er sagte Brâncuşi: ‚Unsere Leute hier im Landkreis Gorj meinen, du hättest dich mit diesen Werken über sie lustig gemacht!‘ Und Brâncuşi antwortete: ‚Das sagen die Feinde von Tătărescu.‘ Und er erklärte, die Familie Tătărescu hätte ihm bei der Arbeit sehr geholfen. Aretia Tătărescu wäre diejenige gewesen, die darauf bestanden hätte, dass er ein Monument schafft.“
Es kommt nicht selten vor, dass Künstler von ihren Zeitgenossen nicht verstanden werden. Das aber vermindert nicht ihren Wert, im Gegenteil.
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