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Das Haus des Volkes – sagenumwobener Fremdkörper in der Stadt

Der Parlamentspalast ist und wird für lange Zeit das seltsamste Gebäude Bukarests bleiben. Das Gebäude ist ein Symbol des totalitaristischen kommunistischen Regimes und stellt die partielle Zerstörung einer Stadt dar.

Das Haus des Volkes – sagenumwobener Fremdkörper in der Stadt
Das Haus des Volkes – sagenumwobener Fremdkörper in der Stadt

, 17.02.2014, 15:52

Der Parlamentspalast ist und wird für lange Zeit das seltsamste Gebäude Bukarests bleiben. Das Gebäude ist ein Symbol des totalitaristischen kommunistischen Regimes und stellt die partielle Zerstörung einer Stadt dar. Es ist aber zugleich ein unbekannter Raum, ein Territorium, das noch nicht völlig kartiert wurde, auch wenn es ein Symbol eines Regimes war, das alles kontrollierte und wusste.



Das Haus der Sozialistischen Republik Rumänien — so hie‎ß anfangs das pharaonische Gebäude im Zentrum Bukarests. Es sollte eine neue Entwicklungs-Epoche in der rumänischen Geschichte markieren und war das Projekt eines jungen Architekten-Teams unter der Leitung von Anca Petrescu. Vieles wurde nach 1989 über das Gebäude berichtet. Man glaubt, dass alles gesagt wurde, was jedoch nicht stimmt. Es gibt heutzutage viele Geschichten und Gro‎ßstadtlegenden über den heutigen Parlamentspalast und seinen Stifter, Nicolae Ceauşescu.



Augustin Ioan ist Architektur-Professor an der Bukarester Architektur- und Urbanismus-Fakultät Ion Mincu“ in Bukarest. Er erinnert sich an seine Studienzeit in den 1990er Jahren und an die Herkunft mancher Geschichten über den Parlaments-Palast:



Eine Quelle war der ehemalige Rektor der Architektur-Fakultät, Cornel Dumitrescu. Nach dem Tod des persönlichen Architekten Ceauşescus, Cezar Lăzărescu, hat er sein Amt übernommen. Das geschah genau in der Periode, in der das Gebäude gebaut wurde. Dumitrescu besuchte den Club A, da wurde auch gegen den öffentlichen Diskurs geredet. Da trank er fast eine Whiskey-Flasche, um die Ausrede zu haben, besoffen gewesen zu sein, und erzählte uns von seinen Treffen mit Ceauşescu. Manche Geschichten waren wirklich unglaublich. Ich wei‎ß aber nicht, inwieweit diese nach einer Whiskey-Flasche wahr sein konnten. Man berichtete über Handzeichnungen Ceauşescus, niemand aber konnte diese sehen. Es gab viele Geschichten. Ceauşescu hätte den Wunsch geäu‎ßert, im oberen Teil des Gebäudes keine runden Fenster zu haben, damit keine Tauben reinkommen. Er wollte weiter nur geradlinige, mit dem Kompass geplante Boulevards haben. Man wei‎ß — und das ist keine Gro‎ßstadtlegende –, dass er überhaupt nicht verstand, wie das Gebäude gebaut wird. Man musste alles in echter Grö‎ße bauen, es gab keine Modelle. Wenn ihm etwas nicht gefiel, mussten es abgerissen werden.“




Es gibt aber weiter manche Fragen betreffend den Parlamentspalast, die niemand beantworten kann. Zum Beispiel die Herkunft der Bezeichnung Haus des Volkes“, die den alten Namen ersetzt hat. Man wei‎ß nicht, ob sie nach 1989 oder vorher erfunden worden war. Augustin Ioan:



Bestimmte Sachen wei‎ß keiner. Man wei‎ß nicht, wieviel ein solches Gebäude kosten konnte. Es ist sicher, dass Rupert Murdoch 1991 für das Gebäude 2 Milliarden Dollar angeboten hat. Ich wei‎ß, nicht ob das eine gro‎ße Summe war, weil damals wir ‚unser Land nicht verkauften‘, wie die Parole der Iliescu-Anhänger lautete. Murdoch wollte es in ein Infozentrum für ganz Südosteuropa umwandeln. Interessant sind auch die Geschichten nach 1989. Ich war persönlich Augenzeuge einer der besten Geschichten. 1999 kam ein seltsamer Herr aus den USA zum Rathaus. Er vertrat einen riesigen Investmentfonds, der das Geld des Sängers Michael Jackson und einiger amerikanischer Indianer-Stämme verwaltete. Er wollte hinter dem Gebäude ein Dracula-Themen-Park bauen. Es sollten auch Ausflüge nach Bran und zu anderen Orten, die in Verbindung zu Dracula stehen, organisiert werden.“




Die Unbekannten rund um den Parlamentspalast verleihen dem riesigen Gebäude eine gotische Atmosphäre. Augustin Ioan dazu:



Dieses Haus der Republik ist weiterhin unkartiertes Territorium. Es gibt keinen Generalplan, weil es von Anfang an ein Staatsgeheimnis war und die Arbeiten aufgeteilt wurden. Ein Projektleiter eines Saals bekam nur den Innen-Grundriss des Saals, er kannte nicht einmal die Struktur. Ich kann es nicht als Architektur-Objekt bezeichnen, weil es sich nicht um ein einziges Objekt handelt, sondern um ein Ensemble. Es ist eine Struktur, die so gro‎ß wie eine Ortschaft ist, wenn wir die Fläche betrachten und die Beziehung zur Stadt, die zerstört wurde. Das grö‎ßte öffentliche Gebäude Rumäniens ist weiter umzäunt und wird bewacht. Es ist schlicht und einfach ein tausende Male vervielfachtes rurales Objekt, das ein Vorne und ein Hinten hat. Der vor ein paar Jahren organisierte Wettbewerb zur Umgestaltung des gesamten Areals bezog sich nur auf die Fassade. Was ist hinten? Es soll der Uranus-Boulevard und die Kathedrale entstehen.“




Legenden zufolge soll es unter dem Gebäude etliche Tunnels geben. Der Palast hat sieben unterirdische Ebenen, sogar einen antiatomischen Bunker für 3000 Personen. Der Parlamentspalast zusammen mit dem ganzen Ensemble bilden ein eigenartiges Universum, das von der Stadt getrennt ist. Urbanistisch hat sich die Gegend nicht in die Stadt integriert. Fakt ist, dass das Gebäude unheimlich viel kostet. Sein Haushalt gleicht dem der Stadt Ploieşti mit 228.000 Einwohnern.



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