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Zweiter Weltkrieg: Die rumänische Armee an der Ostfront

Rumänien trat 1941 an der Seite Nazi-Deutschlands in den Krieg ein. Die Schlacht um Stalingrad brachte auch der rumänischen Armee große Verluste.

Zweiter Weltkrieg: Die rumänische Armee an der Ostfront
Zweiter Weltkrieg: Die rumänische Armee an der Ostfront

, 12.08.2013, 13:13

Rumänien trat 1941 an der Seite Nazi-Deutschlands in den Krieg ein. Als die rumänische Armee zusammen mit den deutschen Truppen am 22. Juni 1941 den Pruth überquerten, um Bessarabien zu befreien, das ein Jahr zuvor infolge des Hitler-Stalin-Paktes an die Sowjetunion gefallen war, befanden sich die Siegermächte des 1. Weltkriegs in einer verzweifelten Lage. Frankreich war im Juni 1940 besetzt worden und Gro‎ßbritanien verteidigte sich mühsam gegen die Wut der Wehrmacht.



Die rumänische Armee startete die Offensive gegen die sowjetische Armee auf einer Front zwischen dem Schwarzen Meer und den Karpaten in der Bukowina. Nach einem schwachen sowjetischen Widerstand, der nur drei Wochen lang dauerte, hat die rumänische Armee die beiden Provinzen Bessarabien und Nordbukowina komplett befreit. Am 27. Juli 1941 schickte Hitler dem Marschall Antonescu ein Telegramm, in dem er ihn beglückwünscht. Zudem fordert Hitler ihn auf, den Dnjestr zu überqueren und Transnistrien zu besetzen. Die rumänischen Einheiten setzen zusammen mit den deutschen Einheiten ihre antisowjetische Offensive im Süden der Ukraine fort und erreichen letzten Endes Stalingrad.



Leutnant Ahile Sari berichtete 1993 in einem Interview mit dem Zentrum des Rumänischen Rundfunks für mündlich überlieferte Geschichte über die Offensive im Süden der Sowjetunion. Die Zustände, die er vorfand, überstiegen seine Vorstellungskraft, so Sari.



Ich habe zum ersten Mal einen Zug mit sowjetischen Deportierten gesehen. Es waren keine Gefangene, wahrscheinlich nach Deutschland deportierte Familien. Damals habe ich zum ersten Mal diese Zustände gesehen, die dramatische Lage kennengelernt, in der sich diese Menschen befanden. Ihre Gesichter waren entmenschlicht, man sah, dass sie hungrig waren, sie baten um Essen. Es war ein trauriges Bild für mich. Wir alle, Offiziere und Soldaten, sind zu ihnen hingegangen und haben ihnen durch den Stacheldraht gegeben, was wir nur konnten. Die Wachhunde bellten.“



Bei Stalingrad begann das Desaster für die rumänische Armee an der Ostfront. Die Operation Uranus“ der sowjetischen Armee hatte als Ziel den Angriff der nördlichen Flanke der Wehrmachtstellungen in Stalingrad. Diese wurden von rumänischen und ungarischen Truppen verteidigt. Sie waren schlechter als die deutschen Truppen ausgestattet. Zudem war die Moral der Truppen schlecht. Die sowjetische Armee begann den Angriff am 19. November 1942. Sie wurde von Panzerwagen unterstützt. Die Rumänen besassen Informationen und baten die Deutschen um Hilfe, die aber ausblieb. Leutnant Ahile Sari erinnert sich an die Tage vor dem sowjetischen Angriff:



Dann wurde ein russischer Gefangener in den Bunker eines Befehlshabers des Bataillons gebracht, und er hat uns mitgeteilt, dass in ein-zwei Tagen die gro‎ße sowjetische Offensive gestartet werden sollte. Wir sollten vorsichtig sein und Vorkehrungen treffen. Sie seien sehr gut bewaffnet, sagte der Russe zu uns, sie hätten sehr viele Kriegsfahrzeuge. Wir haben das dann an die uns vorstehende Ebene weitergeleitet, aber niemand wollte glauben, dass nach einem oder zwei Monaten an Kämpfen, mitten im Winter, noch etwas passieren kann. Das geschah am 17. November. Am 19. November 1942, um 4 Uhr morgens, begann die gro‎ße Offensive am Don und um Stalingrad.“



Die rumänische Armee sollte im Donbogen über 300.000 ihrer Soldaten verlieren. Der Notar Mircea Munteanu erinnerte sich in einem Interview von 1998 an seine Teilnahme am Krieg. Er wurde verletzt und wurde von der Front zurückgezogen. Munteanu wurde anschlie‎ßend unter extrem schwierigen Bedingungen versorgt. Sein Zeitzeugen-Bericht bestätigt auch andere Berichte, wonach das Leiden für einen Verletzten mit dem Rückzug von der Front nicht zu Ende war:



Am Ufer des Don begann am 29. November 1942 der Angriff — ein Geschoss durchbohrte meine linke Brust, unter dem Schlüsselbein und am Schulterblatt vorbei. Nach der Verletzung habe ich mich gemeinsam mit den Deutschen auf einem deutschen Panzer zurückgezogen. Unterwegs trafen wir zwei Majore, die mich auf dem Panzer gesehen hatten und zu ihnen riefen. Ich habe ihnen mitgeilt, dass die Russen unseren Truppenkommandanten mit dem Bajonett erstochen hatten. Und dann wurde ich bandagiert. Später haben wir einen Bauernhof erreicht, einen Kolchos… Dort trafen wir einen Feldwebel, weil meine Schulter stark schmerzte, schenkte er mir ein Brot und eine Konserve. Er sagte mir, ich solle in ein anderes Dorf gehen, wo etwa 16 Pferdewagen des 16. Infanterie-Regiments stationiert waren. Ich bin dorthin gegangen, habe die Wagen gefunden, aber ich hatte immer noch sehr starke Schmerzen in der Schulter, weil ich den Bauernhof auf einem Pferd der Artillerie verlassen hatte und drau‎ßen bereits der Schnee lag. Es war nicht allzu viel Schnee da, aber es war bitterkalt, mein Verband viel herunter, ich blutete. Ich konnte nicht mehr auf dem Pferd sitzen, weil meine Fü‎ße gefroren waren, ich hatte keinen Kompass, gar nichts bei mir. Ich konnte mich nur am Mond orientieren… Und als ich so weiter ging, sehe ich plötzlich ein Dorf… Eine rumänische Wache hält mich an, ich frage, wo es denn einen Sanitäter gebe, der mich bandagieren kann… Er antwortet, es gebe im Dorf nur einen Tierarzt. Und dann bin ich gemeinsam mit anderen Verletzten weitergegangen und wir sind 30 Kilometer hinter die Front weitergewandert. Dort gab es ein Feldbad, ein Feldkrankenhaus und die Deutschen haben unsere blutverschmierten Kleider in einen Trockenschrank geschmissen. Danach kam ein Zug vorbei, wir wurden in Viehwaggons, die mit Decken isoliert waren, nach Polen gebracht.“



Kriegshistoriker bezeichnen die Schlacht von Stalingrad als blutigste Schlacht der Geschichte und als Wendepunkt im Verlauf des Zweiten Weltkriegs an der Ostfront. Aber das gilt erst heute als Erkenntnis, die Zeitzeugen erhofften sich damals einen anderen Ausgang der Geschichte, die niemals vorhergesehen werden kann.



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