Im vierten Anlauf geschafft: Halep holt ersten Grand Slam
Simona Halep ist die diesjährige Siegerin bei den French Open. Nach einem intensiven Schlagabtausch gegen die US-Amerikanerin Sloane Stephens gewann die Rumänin das Endspiel in Paris mit 3:6, 6:4 und 6:1.
Alex Sterescu, 11.06.2018, 10:59
Nach zwei Stunden und drei Minuten ließ sie ihren Schläger fallen, riss kurz die Fäuste in die Luft, um dann das Gesicht in den Händen zu vergraben. Simona Halep war an diesem warmen Juni-Samstag endlich am Ziel angekommen – die Weltranglistenerste hatte sich endlich mit dem ersten Grand Slam Titel der Karriere belohnt.
Doch für die 26-Jährige war der letzte Teil ihres großen Jubiläums, das Endspiel auf der Philippe Chartrier Arena, zunächst eine schüchterne Angelegenheit. Haleps Gegnerin, die ruhige Sloane Stephens aus den USA, gewann schnell das erste Spiel der Begegnung. Und alle mussten an ihre exzellente Endspiel-Statistik denken: Sloane stand bislang sechs Mal in einem Endspiel und konnte alle für sich entscheiden, darunter auch ein Grand-Slam-Finale: das der US Open 2017.
Simona glich bei eigenem Aufschlag aus, jedoch nach Einstand. Und es folgte eine schwierige Phase für die Rumänin, die zwar aggressiver und lauter auftrat, jedoch erst einmal dem mühelosen Auftritt der Gegnerin kaum etwas entgegenzusetzen hatte. Stephens konnte auch mit plötzlichen Gegenangriffen überraschen und lag nach dem ersten Break plötzlich mit 3:1 in Führung. Immerhin zeigte Halep hier, dass sie bereit ist, alles für den Sieg zu geben. Sie rannte auch in den scheinbar aussichtslosen Situationen jedem Ball nach und versuchte, mit ihrer sensationellen Verteidigung Sloane zu beeindrucken. Momentan war sie noch von Pech verfolgt und lag bereits 1:4 hinten als sie wieder ihren Aufschlag durchbrachte, trotz einer mangelhaften Quote von nur 50% beim ersten Aufschlag.
Allerdings war Halep zum ersten Mal sichtlich frustriert: Sie verpasste bei Aufschlag der Gegnerin die Chance zum 30:0 aus ihrer Sicht, leistete sich noch zwei unerzwungene Fehler und musste das 2:5 hinnehmen. Die Weltranglistenerste verkürzte schnell auf 3:5 und hob gleich ihr Niveau an, schlug härter und näher an die Grundlinie. So verschaffte sie sich die erste Breakchance im ganzen Match, die sie aber mit einem erneuten Fehler zunichte machte. Stephens antwortete gelassen mit einem guten Aufschlag und einer geduldigen Abwehr im Anschluss – das war die 1:0 Führung für die Amerikanerin!
Für Simona war es dritte Satzverlust in diesem Turnier und die dritte Aufholjagd, nach der ersten Runde gegen Riske und der Viertelfinalbegegnung mit Angelique Kerber.
Doch diese Aufholjagd sollte es in sich haben. Zunächst schien Halep von der Bedeutung eines jeden Ballwechsels erdrückt. Die ersten drei Break-Bälle von Stephens im ersten Spiel des zweiten Satzes konnte sie noch abwehren. Doch die Amerikanerin schien ihre Ruhe bewahrt zu haben und punktete gleich zum 1:0 nach einem schwierigen Smash der Rumänien ins Aus.
Simona drängte sofort nach dem Seitenwechsel auf ein Rebreak zum Ausgleich, ging mit 30:0 in Führung jedoch hatte Stephens auch hier die Antwort parat. Sie erhöhte nach vier Punkten in Folge auf 2:0 aus ihrer Sicht und plötzlich hatte man das Gefühl, dass die Leistung Haleps bis dato wohl nicht aussreichend war. Eine knappe Stunde war hier gespielt.
Und in der Tat kam die Reaktion der Spielerin aus Constanţa zum richtigen Zeitpunkt: Sie trat jetzt mutiger denn je auf, gewann das eigene Aufschlagsspiel und unterbrach ein wenig den Spielrhythmus ihrer Gegnerin, die nur vereinzelt, zwischen den Wechseln erste Müdigkeitszeichen sendete. Halep wurde dank einer ununterbrochenen Offensive belohnt und schaffte endlich das erste Break, plötzlich stand es 2:2. Und von nun an war die Rumänin stets einen Schritt vor der Grundlinie, im Feld, und behiet die Initiative für sich- acht Punkte in Folge zeigten den Trendwechsel an. Es stand jetzt 4:2 für die Nummer 1. der Welt und der Satz schien unter Dach und Fach. Aber in einem Endspiel geht es nun Mal um alles: Stephens wollte das Ruder nicht kampflos aus der Hand geben und machte das Rebreak zu Null. Einige Minuten später stand es 4:4, da Halep jetzt verunsichert schien. Das neunte Spiel des zweiten Satzes war ausschlaggebend, sind sich auch die Experten von treizecizero.ro einig. Simona hielt dem enormen Druck stand, holte sich zwei Punkte durch direkte Winner beim Stande von 30:30 und ging mit 5:4 in Führung.
Einen Seitenwechsel später ging ihre Taktik endgültig auf: Sie riskierte auch nach eigenen Fehlern und dominierte ab jetzt sämtliche Wechsel – die Folge: der Ausgleich zum 1:1 nach Sätzen.
Der dritte und entscheidende Satz sollte zur kurzen Angelegenheit werden, aber die Anspannung war bis zum verwandelten Matchball spürbar. Stephens wankte zwar, doch ihre Defensive schien teilweise makellos. Halep hingegen hatte jetzt die Geduld, längere Ballwechsel zu ertragen, um auf den Fehler der Gegnerin oder die Chance des direkten Winners zu lauern. Es dauerte nicht lange und sie führte bereits mit 3:0. Der vorangegangene Wechsel war allerdings qualvoll für beide Kontrahentinnen. Nach der einminütigen Pause, war Stephens auf einmal entschlossen, etwas zu verändern, da sie mit dem Rücken zur Wand stand. Plötzlich war Haleps Defensive wieder gefragt und die Beinarbeit nach gut 1:30 Stunden. Auch diese letzte Aufgabe meisterte die Rumänin und lag beim 5:0 aus ihrer Sicht kurz vor dem Ziel. Hier habe sie vor Aufregung kaum noch atmen können, verriet Simona bei der Pressekonferenz nach dem Spiel. Stephens hatte sich nicht aufgegeben und verkürzte noch einmal auf 1:5 – doch jetzt sammelte sich die Rumänin und verwandelte den ersten Matchball zum Grand Slam Titel!
Vor genau 40 Jahren hatte mit Virginia Ruzici zuletzt eine Rumänin auf dem roten Sand von Paris triumphiert, vor zehn Jahren gewann Halep hier die French Open bei den Junioren. Und bereits seit damals habe sie vom Titel bei den Senioren geträumt, schließlich sei die Veranstaltung in der Roland Garros-Anlage ihr Lieblingsturnier. Und jetzt ist ihr Kindheitstraum in Erfüllung gegangen.