Der russische Präsident Wladimir Putin hat seine traditionelle Jahresend-Pressekonferenz nicht mehr abgehalten. Putins aufwändig inszenierte persönliche Begegnungen mit Journalisten fanden seit 2001 jedes Jahr statt, außer zwischen 2008 und 2012, als er zwar Premierminister war, doch de facto Russlands Herrscher blieb, während Dmitri Medwedew, eine der fügsamsten Figuren in seinem Gefolge, offiziell vom Kreml aus regierte. Die Konferenzen, an denen Hunderte von russischen und ausländischen Journalisten teilnahmen, dauerten in der Regel mehrere Stunden, in denen Putin live Fragen zu allen Themen von der Geopolitik bis zu den alltäglichen Problemen der russischen Gesellschaft beantwortete.
Der Bruch mit dieser Tradition hat wohl mit dem Krieg zu tun – Russland war am 24. Februar in die benachbarte Ukraine eingefallen, erlitt jedoch viele militärische Misserfolge. Putin verfügte eine unpopuläre Teilmobilisierung der Armee-Reservisten, um sie im September an die Front zu schicken. Beide Kriegsparteien stehen im Verdacht, das anerkannte Ausmaß ihrer menschlichen Verluste herunterzuspielen, um die Moral der Truppen nicht zu untergraben. Der Generalstabschef der US-Armee, General Mark Milley, schätzt, dass seit Beginn der Invasion mehr als 100.000 russische Soldaten getötet oder verwundet wurden und dass die ukrainischen Verluste wahrscheinlich ähnlich hoch sein könnten. Es handelt sich auf jeden Fall um um den gewaltsamsten bewaffneten Konflikt in Europa seit Jahrzehnten.
Millionen Flüchtlinge in einem zunehmend verarmten Europa
Der Einmarsch Russlands in die Ukraine hat die Energie- und Lebensmittelpreise weltweit in die Höhe getrieben. Der von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) berechnete Preisindex für Lebensmittel erreichte im März ein Allzeithoch. Das Gleiche gilt für die Gaspreise auf dem europäischen Markt. Diese Preisexplosion hat natürlich auch zu einem Anstieg der Inflation geführt, der höchsten in der Eurozone seit der Berechnung des Index im Jahr 1997. Die Wirtschafts- und Energiekrise wurde nur von dem humanitären Drama überschattet. Der Krieg in der Ukraine hat den größten Zustrom von Flüchtlingen nach Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ausgelöst – mehr als sechs Millionen in den Nachbarländern und acht Millionen Binnenvertriebene, schätzte der Hochkommissar für Flüchtlinge im Mai. Mehr als drei Millionen Ukrainer sind vor den russischen Truppen über das benachbarte Rumänien geflohen. Weltweit hat die Zahl der entwurzelten Menschen zum ersten Mal die 100-Millionen-Grenze überschritten.
Wahlen in Europa und den Vereinigten Staaten
Im April gewann Frankreichs pro-europäischer, zentristischer Präsident Emmanuel Macron eine weitere Amtszeit nach einem zweiten Wahlgang, in dem er gegen die Spitzenkandidatin der radikalen Rechten, Marine Le Pen, antrat. Macrons Sieg bedeutet, dass Europa weitere fünf Jahre auf Frankreich zählen kann“, jubelte der belgische Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, im Einklang mit vielen politischen Führern des Kontinents. Im Juni gewann die präsidentenfreundliche Koalition jedoch weniger als die Hälfte der Sitze in der Nationalversammlung, dem Unterhaus der Pariser Legislative. Die rechtsextreme Partei von Le Pen hat die historische Zahl von 89 Abgeordneten gewonnen. Im benachbarten Italien übernahm die Chefin der postfaschistischen Fratelli D’Italia, Giorgia Meloni, nach dem Sieg ihrer Partei bei den Parlamentswahlen im September die Führung der am weitesten rechts stehenden Nachkriegsregierung in Rom. Die ehemalige Journalistin Meloni ist die erste Frau an der Spitze der Regierung in der Geschichte Italiens und ihr Motto lautet „Gott, Vaterland, Familie“. Ideologisch steht sie dem konservativen ungarischen Premierminister Viktor Orban nahe. Obwohl der Einmarsch Russlands in die Ukraine ein schlechtes Licht auf seine engen Beziehungen zu Präsident Putin wirft, hat Orban, der seit 2010 Ministerpräsident ist, auch die Parlamentswahlen in seinem Land klar gewonnen. Seine Partei, die FIDESZ, setzte sich gegen ein oppositionelles Wahlkartell durch. Dieses reichte von der ehemaligen rechtsextremen Jobbik, die sich als Mitte-Rechts-Partei neu definiert hat, bis zu den Sozialisten, den Nachfolgern der ehemaligen kommunistischen Einheitspartei. In den Vereinigten Staaten konnten die Demokraten von Joe Biden bei den Zwischenwahlen zwar den Senat knapp halten, verloren aber das Repräsentantenhaus an die Republikaner.
Britischer König Karl III. ist ein Freund Rumäniens
Mit dem Ableben der britischen Königin Elizabeth II. im Alter von 96 Jahren ist im September ein Kapitel der Geschichte zu Ende gegangen. Ihre Regierungszeit von mehr als sieben Jahrzehnten, die längste in der britischen Geschichte, prägte das Schicksal mehrerer Generationen und ist mit dem Schicksal des Planeten von der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts bis jüngst eng verwoben. Als konstitutionelle Monarchin, die herrschte, ohne zu regieren, arbeitete die Königin mit 15 britischen Premierministern zusammen, vom legendären Winston Churchill bis zur kurzlebigen Liz Truss. Die Vereinigten Staaten, Großbritanniens wichtigster strategischer Partner, hatten in dieser Zeit 14 Präsidenten, von Harry Truman bis Joe Biden. Der erste Sohn der Königin wurde im Alter von 73 Jahren als Karl III. gekrönt. Die rumänische Presse hält ihn für einen großen Freund Rumäniens, das er in den letzten zwei Jahrzehnten regelmäßig besucht hat. Fasziniert vom Kulturerbe Siebenbürgens, hat der neue britische Monarch konsequent dazu beigetragen, diese zu bewahren und zu fördern. Der König besitzt in Rumänien mehrere Häuser und Grundstücke und leistet so auch einen Beitrag zum Gemeinwohl.
Fußball in Katar, Bestechung in Brüssel
Die Fußballweltmeisterschaft in Katar, die zum ersten Mal in einem arabischen Land und in der Herbst-Winter-Saison ausgetragen wurde, endete mit dem von vielen erwarteten Sieg Argentiniens. Es war die letzte Weltmeisterschaft, bei der 32 Teams an den Start gingen. Ab 2026 erhöht sich die Zahl auf 48, wobei die Veranstaltung in den Vereinigten Staaten, Kanada und Mexiko stattfinden wird. Seit Katar 2010 den Zuschlag für die Ausrichtung der Fußballweltmeisterschaft gewann, war das Land immer wieder Ziel zahlreicher Vorwürfe wegen Korruption, unmenschlicher Arbeitsbedingungen für Migranten, der Missachtung von Frauenrechten oder der Rechte der LGBTQ+-Gemeinschaft. Die Kritik wurde sowohl von den Behörden des Emirats als auch vom Präsidenten der FIFA als Schirmherr der Weltmeisterschaft, dem Schweizer Gianni Infantino, zurückgewiesen, der die moralischen Lehren des Westens als Beweis für Heuchelei abtat. Während der Ball noch bei der Endrunde rollte wurde die griechische sozialistische Europaabgeordnete Eva Kaili, eine der Vizepräsidentinnen des Europäischen Parlaments, im Rahmen von Ermittlungen wegen angeblicher Korruption im Zusammenhang mit Bestechungsgeldern in Höhe von Hunderttausenden von Euro aus Katar in Brüssel verhaftet.
Ein leidender Planet für acht Milliarden Menschen
Das Jahr 2022 war von neuen Klimarekorden geprägt. In Europa war der Sommer der heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen, und die von Bränden betroffenen Gebiete waren die größten. Weltweit gesehen waren die fossilen CO2-Emissionen noch nie so hoch wie im Jahr 2022. Nach Angaben der Vereinten Nationen hat die Weltbevölkerung Mitte November die 8-Milliarden-Grenze überschritten. Zum Vergleich: Im Jahr 1950 gab es gerade einmal zweieinhalb Milliarden Menschen auf der Erde.