Rückblick auf die Ereignisse der Woche 22.11.–26.11.2021
Neues Kabinett aufgestellt +++ Epidemiologische Lage in Rumänien +++ Moldauische Präsidentin Maia Sandu zu Stippvisite in Bukarest
Corina Cristea, 27.11.2021, 17:30
Neues Kabinett aufgestellt: Präsident Johannis ermahnt Koalition zu entschlossenem Krisenmanagement
Das Bukarester Parlament hat am Donnerstag die neue Koalitionsregierung um den designierten liberalen Premierminister Nicolae Ciucă abgesegnet. Zwanzig Ressorts haben sich die Sozialdemokratische Partei (PSD), die Nationalliberale Partei (PNL) und der Ungarnverband (UDMR) nach langwierigen und teils hitzigen Verhandlungen untereinander aufgeteilt. Bei der feierlichen Vereidigung der Minister durch den Staatspräsidenten Klaus Johannis, teilte der Staatschef, der bis zu seiner politischen Karriere Lehrer war, ordentlich aus und ermahnte die Exekutive, an die Arbeit zu gehen. Die Menschen in diesem Land haben politische Krisen und leere Versprechungen satt. Es sei an der Zeit, die Probleme des Landes anzugehen, so der Staatspräsident:
Die politische Krise ist beendet, doch die anderen Krisen und Probleme sind damit nicht aus der Welt geschafft. Die Pandemie ist nicht beendet, die Krise auf dem Energiemarkt ist nicht überwunden, sie nimmt nur neue Formen an; wir brauchen eine Haushaltskorrektur und eine gründliche Vorbereitung und Verabschiedung des Staatshaushaltes für kommendes Jahr. Die Menschen erwarten eine rechtzeitige Auszahlung ihrer Gehälter und Renten, und wir haben eine Fülle von anderen dringenden Problemen, die gelöst werden müssen. Für all dies brauchen wir eine solide Regierung mit einer konsistenten Mehrheit im Parlament — und diese Regierung gibt es nun.“
Die vorausgegangenen Verhandlungen zwischen den Koalitionsparteien waren langwierig und von Geschacher um jeden Posten begleitet; insbesondere die PSD, die auch die stärkste Parlamentsfraktion aufstellt, und die PNL, die seit 2020 regiert hatte, lieferten sich verbale Schlagabtausche, die nicht selten unter die Gürtellinie gingen. Zu den Vereinbarungen des neuen Koalitionsvertrags gehört auch die Aufstellung des Ministerpräsidenten nach dem Rotationsprinzip. Die PSD erhielt neun Ministerien, die PNL musste sich mit acht Ressorts begnügen. Relativ leicht wurde der Juniorpartner UDMR beglückt — der Ungarnverband darf weiterhin seine drei bisherigen Ministerposten mit eigenem Personal besetzen. Es geht dabei um das Ministerium für Regionale Entwicklung, das Umweltministerium und das Sportministerium, hinzu kommt das Amt des Vizepremierministers.
Alle Koalitionäre wollen selbstverständlich auch die jeweils eigene Wählerschaft bedienen, das Regierungsprogramm liest sich daher wie ein Katalog von hehren Prinzipien: 7% des BIP sollen für Investitionen herangezogen werden, der Nationale Wiederaufbau- und Resilienzplan müsse unverzüglich umgesetzt werden und mit dem nach dem Bauingenieur und Brückenbauer Anghel Saligny benannten Investitionsplan wolle man das Entwicklungsgefälle zwischen den Regionen des Landes verringern. Zu den offenbar sozialdemokratisch geprägten Versprechen gehören die Erhöhung der Sozialausgaben, des Mindestlohns, der Renten und des Kindergeldes. Im Verbraucherschutz will die Regierung kommendes Jahr den Schutzmechanismus unter die Lupe nehmen, mit dem Endverbrauchern und rumänischen Unternehmen das Leben nach den steigenden Energiepreisen erleichtert werden soll. Ein Ausschuss des Bildungsressorts soll ein neues Bildungsgesetz ausarbeiten und die Regierung verpflichtet sich, in den kommenden 10 Jahren zweistellige Milliardenbeträge in Euro in die Transportinfrastruktur zu investieren. Im Justizwesen sei man bemüht, die Verpflichtungen des Kooperations- und Kontrollverfahrens für Rumänien zu erfüllen. Und schließlich in der Außenpolitik gibt es Einvernehmen: die Nato, die EU und die strategische Partnerschaft mit den USA sind nach wie vor die Eckpfeiler der Außen- und Sicherheitspolitik Rumäniens und Bukarest strebt eine Konsolidierung seiner Position an, ist noch im Regierungsprogramm der Koalitionäre zu lesen.
Epidemiologische Lage in Rumänien: sinkende Infektionszahlen bei hoher Sterblichkeit
Rumänien hat mit der neuen Regierung auch einen neuen Gesundheitsminister, auf dessen Fachwissen viele Hoffnungen für die Eindämmung der Pandemie setzen. Alexandru Rafila, 59 Jahre alt, Arzt mit Fachausbildung in Mikrobiologie und Infektiologie, Hochschulprofessor und und Vertreter Rumäniens bei der WHO, zeigt sich voller Tatendrang. Er will die Impfkampagne beschleunigen und 46 Krankenhäuser modernisieren lassen. Zugleich warnte er eindringlich gegen eine fünfte Welle der Pandemie und möchte entsprechende Maßnahmen dagegen treffen:
Zum heutigen Zeitpunkt ist uns wichtig, die bestmögliche Partnerschaft mit den Fachkräften im Gesundheitswesen zu etablieren, so dass die zu treffenden Maßnahmen Zustimmung in der breiten Bevölkerung finden. Die täglich verzeichneten Hunderte von Toten bedrücken mich sehr. Es scheint fast unglaublich, dass ein EU-Staat so viele Todesfälle im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung hat. Wir müssen alles erdenklich Mögliche tun, damit sich diese Situation nicht wiederholt und damit die Menschen wieder Hoffnung hegen. Im Laufe des Jahres 2022 werden wir den Weg zurück zur Normalität finden.“
Die Zahl der Neuerkrankungen an Covid-19 ist auch diese Woche zurückgegangen, nach langer Zeit werden wieder weniger als 2.000 Neuinfektionen in 24 Stunden verzeichnet, doch mit rund 200 Todesfällen täglich bleibt die Sterblichkeit recht hoch.
Die Impfskepsis scheint indessen ungebrochen zu sein, nur etwa 40% der Bevölkerung haben mindestens eine Impfdosis verabreicht bekommen. Einige Landeskreise befinden sich noch im roten Szenario und das Bildungsministerium erlaubt Schulen in Ortschaften mit einer Inzidenz unter 3 Neuerkrankungen je 1.000 Einwohner, den Präsenzunterricht wiederaufzunehmen.
Moldauische Präsidentin Maia Sandu zu Stippvisite in Bukarest
30 Jahre ist es her, seit Rumänien und der damals junge unabhängige Nachbarstaat Moldaurepublik diplomatische Beziehungen aufgenommen haben. Zu diesem feierlichen Anlass stattete die moldauische Präsidentin Maia Sandu ihrem rumänischen Amtskollegen Klaus Johannis einen Besuch in Bukarest ab, bei dem die besonderen Beziehungen zwischen den beiden Staaten hervorgehoben wurden. Bukarest unterstütze die Moldaurepublik weiterhin uneingeschränkt und nachhaltig, sagte Präsident Johannis anlässlich der Gespräche. Dabei bleibe es nicht bei einem Lippenbekenntnis, sondern ginge es um mehrere gemeinsame Projekte wie die energetische Integration und Sicherheit beider Länder, die Entwicklung der gemeinsamen Verkehrsinfrastruktur und der Telekommunikation sowie die Kooperation im Bereich der Bildung. Für die Bemühungen der Moldaurepublik um europäische Integration sei die wirtschaftliche, diplomatische und bildungspolitische Unterstützung aus Bukarest wesentlich, sagte ihrerseits die moldauische Präsidentin Maia Sandu, die die historische, kulturelle und sprachliche Zusammengehörigkeit der beiden Staaten hervorhob.