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Die Woche 18.05-22.05.2020 im Überblick

Notstand vs Warnzustand

Die Woche 18.05-22.05.2020 im Überblick
Die Woche 18.05-22.05.2020 im Überblick

, 23.05.2020, 17:05

Notstand vs Warnzustand


Nach einem zweimonatigen Notstand, in dem die Landesbilanz der Coronavirus-Pandemie mehr als 17.000 Infektionen, über 1.000 Todesfälle, aber auch mehr als 10.000 Genesungen anzeigt, wurde in Rumänien der Warnzustand, eine erste Etappe der Lockdown-Lockerung, ausgerufen. Am Montag verabschiedete die Exekutive den Regierungsbeschluss, wodurch der Warnzustand für 30 Tage erklärt wurde, dann geht der normative Akt zur Abstimmung an die Legislative. Das Parlament kann die von der Regierung getroffene Maßnahme vollständig oder mit Änderungen billigen, aber das Dokument hat sofortige Rechtswirkung, auch bis zur Abstimmung der Parlamentarier.


Die Regierung verfügt nun über alle notwendigen Hebel und Rechtsinstrumente, einschließlich Geldbußen, um die Einhaltung der Maßnahmen und Vorschriften zum Schutz der Gesundheit und des Lebens der Menschen zu gewährleisten, so Premierminister Ludovic Orban. Ferner sagte der Ministerpräsident, dass die folgenden 30 Tage als maximaler Warnzustand gelten und machte die Mitglieder der Exekutive darauf aufmerksam, dass alle staatlichen Institutionen völlig mobil machen müssen, damit die in den drei Anhängen des Regierungsbeschlusses über die Ausrufung des Warnzustands vorgesehenen Regeln und Maßnahmen vollständig eingehalten werden.


So wird in den geschlossenen öffentlichen Räumen, in den gewerblichen Räumen, am Arbeitsplatz, aber auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln das Tragen der Schutzmaske obligatorisch. Kundgebungen, Demonstrationen, Umzüge oder Konzerte sind während des Warnzustands verboten. Wer sich nicht an die Bestimmungen hält, wird mit einer hohen Geldbuße belegt, weil das Coronavirus große Risiken für die Bevölkerung mit sich bringt, betonte der Premierminister. Auch Reisen außerhalb des Wohnortes sind nur aus bestimmten Gründen und mit einer Erklärung auf eigene Verantwortung erlaubt. Die Rechtfertigung der Reise kann auch anhand des Dienstausweises oder einer vom Arbeitgeber ausgestellten Bescheinigung erfolgen, je nach Grund der Reise.


Zudem sind neue Regeln für das Gesundheitssystem in Kraft getreten. Während des Warnzustands koordiniert das Gesundheitsministerium die Aktivitäten zur Prävention und Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie innerhalb der Einheiten des öffentlichen Gesundheitswesens.



Warnzustand in Rumänien



Gleich nach der Ankündigung des Warnzustands haben die Rumänen angefangen, ihre Wohnungen zu verlassen, so dass zum Beispiel in Bukarest unmittelbar nach Mitternacht, in weniger als einer Stunde, kein Platz auf dem riesigen Parkplatz vor dem Parlamentspalast mehr frei war. Die am Freitag wiedereröffneten Parks sind zu klein geworden, obwohl die Terrassen und Spielplätze geschlossen geblieben sind. Für viele Bürger ging die Entspannung bis spät in die Nacht und ohne Einhaltung der Regeln weiter.


Die sozialen Netzwerke waren voll von Bildern aus dem Park Herăstrău, im Norden der Hauptstadt, wo am Samstag nach Einbruch der Dunkelheit viele Jugendliche die von den Behörden geforderten Regeln der sozialen Distanz ignorierten und an einer Party vor einigen Terrassen teilnahmen. Die Leute saßen auf den Terrassen sogar in Gruppen von zehn Personen, wobei nur sehr wenige von ihnen Masken trugen. Auf einigen Bildern sieht man Leute, die an Tischen sitzen, und das läßt vermuten, dass einige Terrassen illegal geöffnet wurden. Auf Facebook und Instagram gab es Bilder von einem Konzert in einer Allee des Parks Herăstrău, wo ein DJ Musik mischte und Hunderte von Menschen sich versammelten und tanzten. Der Spaß dauerte so lange, bis die Behörden eingriffen und die Leute überzeugten, nach Hause zu gehen.


Der erste Tag der Lockdown-Lockerung brachte auch den ersten Protest – mehrere hundert Menschen versammelten sich vor dem Sitz der Regierung in Bukarest und protestierten gegen die von den Behörden in den letzten zwei Monaten angeordneten Maßnahmen. Die Protestierenden klagten gegen Verletzung der Verfassung und kritisierten sogar die Weltgesundheitsorganisation. Mit eigenverantwortlichen Erklärungen, bei denen sie schwer zu überprüfende Gründe ankreuzten, gingen viele Rumänen auch außerhalb der Ortschaften, und die Polizei beschränkte sich im Allgemeinen darauf, sie an die während des Warnzustands geltenden Empfehlungen zu erinnern.


Am Wochenende gab es an den Grenzübergängen in Westrumänien große Menschenmengen, sowohl Einreisende als auch Ausreisende. Die von den Fahrzeugen gebildeten Warteschlangen erstreckten sich über mehrere Kilometer, wobei der überfüllteste Punkt der Grenzübergang Nădlac 1 war, wo die Wartezeit fast 8 Stunden dauerte.



Rumäniens Wirtschaft – Maßnahmen zur Ankurbelung



Premierminister Ludovic Orban, der diese Woche zur Regierungsstunde in der Abgeordnetenkammer einberufen wurde, sagte, die Regierung bereite einen Plan für die wirtschaftlichen Ankurbelung nach der Pandemie vor. Rumänien habe das höchste Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union im ersten Quartal dieses Jahres. Die parlamentarische Opposition hingegen ist der Ansicht, dass die Wirtschaftspolitik der Regierung einen Mangel an Lösungen aufweise. Eine kalte Dusche kam auch aus Brüssel. In ihren Wirtschaftsempfehlungen für Rumänien sagt die Europäische Kommission, dass das Haushaltsdefizit des Landes bei Beibehaltung der derzeitigen Politik in diesem Jahr minus 9,2% des BIP betragen wird, im nächsten Jahr minus 11,4%, so dass eine wirtschaftliche Rezession stattfinden wird. Die Kommission empfehlt unter anderem die Unterstützung in Form von Liquidität für die Wirtschaft, die insbesondere KMU und Freelancer zugute kommt, und die Ausweitung der Sozialschutzmaßnahmen. Der EU-Rat hat bereits eine Verordnung zur Umsetzung des sogenannten SURE-Programms verabschiedet, mit der Brüssel die von den europäischen Regierungen entworfenen Beschäftigungsmaßnahmen unterstützt. Nach Angaben des Arbeitsministeriums wurden in Rumänien bis zum 21. Mai über 600.000 Arbeitsverträge ausgesetzt und fast 400.000 gekündigt.



Rumänische Arbeitnehmer im Ausland



In der Nacht vom 8. auf dem 9. April machten sich ca. 2000 Menschen zur Spargelernte nach Deutschland auf. Dort angekommen, beschwerten sie sich über die schweren Arbeitsbedingungen. Bis jetzt ist nicht klar, ob die Behörden sie bei der Abreise unterstützt haben oder ob sie aus einer privaten Initiative mit Bussen und anschließend Charterflugzeugen aus der wegen Covid-19 abgeriegelten nordostrumänischen Stadt Suceava nach Deutschland gereist sind. Bei der Abreise ging es chaotisch zu: Sie respektierten weder die Schutzmaßnahmen noch konnten sie die Vermittlung einer Agentur vorweisen. Sie hatten lediglich individuelle Arbeitsverträge. Arbeitsministerin Violeta Alexandru, die bereits vergangene Woche gemeinsam mit dem Außenminister, Bogdan Aurescu deswegen im Parlament angehört wurde, sprach Anfang dieser Woche in Berlin mit ihrem Amtskollegen Hubertus Heil und der deutschen Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Violeta Alexandru bestärkte die rumänischen Arbeitnehmer, sich zu beschweren, wann immer ihre Rechte missachtet werden. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales räumte ein, dass Masseninfektionen wie die auf deutschen Schlachthöfen nicht akzeptabel sind und dass ihn die Infizierung der rumänischen Arbeitnehmer beschäme. Die rumänischen Arbeitnehmer müssen dieselben Rechte wie die deutschen auf Sozialschutz, Sicherheit und Gesundheit haben, sagte er.


Die beiden Minister, Alexandru und Heil, haben eine gemeinsame Absichtserklärung über verstärkte Zusammenarbeit im Bereich des Arbeitsmarktes und der Sozialpolitik unterschrieben. Gleichzeitig hat das Parlament in Bukarest auf Drängen der oppositionellen Sozialdemokraten einen Ausschuss eingesetzt, der die Abreise der rumänischen Saisonarbeiter während des Notstandes untersuchen soll.

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