Neues Rentengesetz: Opposition bei Abstimmung abgeschmettert
Das neue Rentengesetz ist am Montag in der Abgeordnetenkammer des rumänischen Parlaments durchgewunken worden.
Daniela Budu, 21.11.2023, 14:12
Das neue Rentengesetz ist am Montag in der Abgeordnetenkammer des rumänischen Parlaments durchgewunken worden. Zuvor war es im Senat verabschiedet worden, doch anders als in der Oberkammer kam es gestern vor der Abstimmung zu verbalen Schlagabtauschen zwischen Regierungskoalition und Opposition.
Vor der Debatte und der anschließenden Stimmabgabe war im Fachausschuss der Abgeordnetenkammer eine umstrittene Bestimmung klargestellt worden, die zu einer Kürzung bestimmter Renten nach der Neuberechnung gemäß der im neuen Gesetz festgelegten Formel geführt hätte. Ferner einigte man sich auch darauf, dass Bergleute weiterhin mit 45 Jahren in Rente gehen können. Zusätzliche Punkte zur Rentenberechnung gibt es auch für Bergleute, die unter Tage gearbeitet haben, sowie für Arbeitnehmer, die in der Kernforschung und im Abbau von radioaktiven Rohstoffen tätig waren.
Das neue Gesetz sieht unter anderem die schrittweise Angleichung des Rentenalters auf 65 Jahre für Frauen und Männer gleichermaßen sowie zusätzliche Punkte für Beitragszeiten von mehr als 25 Jahren vor. Premierminister Marcel Ciolacu, der zugleich Chef der Sozialdemokraten ist, sagte, das neue Rentengesetz sei gerecht, berechenbar und nachhaltig und und sei zudem mit der Weltbank und der Europäischen Kommission abgestimmt worden.
Die Renten werden im nächsten Jahr zweimal erhöht: einmal am 1. Januar um 13,8 % und nachträglich durch Neuberechnung. Der rumänische Staat muss diese Mittel bereitstellen. Mit dem neuen Haushaltsgesetz werden wir auch sicherstellen, das dies möglich wird.“
Arbeitsministerin Simona Bucura-Oprescu pflichtete ihrem Regierungs- und Parteichef bei und sagte, dass die Bestimmungen des neuen Gesetzes den Grundsatz der Gerechtigkeit und das Prinzip der Beitragsfinanzierung respektieren würden. Die Opposition hingegen äußerste ihren Ärger über das Eiltempo, in dem die Debatte und die Abstimmung vonstatten gingen. Mit ihrer komfortablen Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments hatten die Abgeordneten der sozialliberalen Koalition sämtliche Änderungsanträge der Oppositionsparteien USR, AUR und UDMR abgeschmettert. Darüber hinaus sind diese Parteien der Ansicht, dass die im neuen Gesetz vorgesehene Rentenerhöhung sich nicht wirklich finanzieren ließe — dazu würden die Mittel im Haushalt fehlen. So etwa monierte der AUR-Abgeordnete Antonio Andruşceac:
Wie können Sie uns glaubhaft machen, dass die Rentenreform in der von Ihnen vorgeschlagenen Form durchgeführt werden kann, wenn Sie uns nicht sagen können, wie sie die Haushaltsmittel dazu aufbringen wollen?“
Premierminister Marcel Ciolacu erwiderte mit der Beteuerung, dass man eine Lösung finden werde, und ließ die Frage nach der Finanzierungsquelle tatsächlich unter den Tisch fallen:
Es gibt 4,8 Mio. Rentner in Rumänien. 80 % von ihnen bekommen weniger als 3 000 Lei (ca. 600 Euro) Rente, und 60 % sogar weniger als 2 000 Lei (ca. 400 Euro). Der rumänische Staat muss diese Mittel bereitstellen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir den vollen Betrag aufbringen werden, wenn wir das Haushaltsgesetz vorlegen.“
Auch Christian Seidler, Abgeordneter der USR, hielt nichts vom Lavieren des Premierministers und nannte die Rentenreform geradewegs eine Lüge:
Auch die USR will höhere Renten und ein gerechtes Rentensystem, aber wir sagen schlicht Nein zu dieser legalisierten Lüge und zu dem Haushaltschaos, das Sie wissentlich verursachen wollen.“
Kritik kam auch von der fraktionslosen Abgeordneten und ehemaligen Arbeitsministerin Violeta Alexandru, die von den Liberalen aufgestellt worden war. Sie sagte, der Gesetzesentwurf habe Chaos verursacht und Angst ausgelöst, dabei wäre die Rentenreform eines der heißesten Eisen in der Regierungskoalition PSD-PNL gewesen, ein Thema, das man nicht einfach so vom Tisch wegfegen dürfe. Der ehemalige sozialdemokratische Arbeitsminister Marius Budăi hingegen findet, dass mit dem neuen Rentengesetz die Grundsätze der Fairness, Solidarität und Achtung voll und ganz“ eingehalten werden.