Regierungskoalition einigt sich auf Strompreisdeckelung
Nach einem monatelangen Hickhack über die Energiepreispolitik hat man sich in der Bukarester Regierungskoalition endlich auf einen Konsens geeinigt.
Corina Cristea, 10.11.2022, 14:45
Die Regierungskoalition in Bukarest hat sich am Mittwoch auf eine Lösung zur Abfederung der hohen Energiepreise geeinigt, die von den privaten und gewerblichen Verbrauchern gleichermaßen erwartet wurde. Nach wochenlangen Diskussionen erzielten die Spitzenpolitiker der Liberalen (PNL), der Sozialdemokraten (PSD) und des Ungarnverbandes (UDMR) eine Einigung. Die neuen Bestimmungen gelten ab dem nächsten Jahr und betreffen Konsumenten mit einem Verbrauch von mehr als 255 kWh im Monat, die derzeit exorbitante Rechnungen bezahlen müssen, da die Tarife in den letzten Monaten auf ein noch nie dagewesenes Niveau gestiegen sind.
In Rumänien wurden die Strom- und Gaspreise ab dem 1. November 2021 gedeckelt, nachdem der Strom- und Gasmarkt am 1. Juli letzten Jahres komplett liberalisiert worden war, während gleichzeitig auf internationaler Ebene erhebliche Preiserhöhungen stattfanden. Die bisherigen Lösungsansätze haben Konsumenten mit einem Stromverbrauch bis zu 300 bzw. jetzt nur noch 255 kWh geschützt, während die anderen die freien Preise bezahlen mussten. Ungünstig wirkte sich auch die Tatsache aus, dass der durchschnittliche Stromverbrauch der Haushalte im vergangenen Jahr pandemiebedingt höher war als sonst.
Die Vereinbarung sieht nun vor, dass die derzeitigen Strompreis-Deckelungen auf umgerechnet knapp 14 Eurocents für einen monatlichen Verbrauch von bis zu 100 kWh und auf rund 16 Eurocents für bis zu 255 kWh beibehalten werden. Ab dem 1. Januar 2023 werden jedoch Haushalte, die diese Obergrenze überschreiten, und große Unternehmen einen Festpreis von etwa 26 Eurocents pro kWh bezahlen müssen. Kleine und mittlere Unternehmen, die Lebensmittel- und Pharmaindustrie sowie Gotteshäuser zahlen ebenfalls etwa 20 Eurocents pro kWh. Der Erdgaspreis bleibt unverändert: Haushaltskunden zahlen ca. 6 Eurocents pro Kilowattstunde, die restlichen Endverbraucher ca. 7 Eurocents.
Von den Oppositionsbänken aus fordert die nationalistische Allianz für die Einheit der Rumänen (AUR) die Regierungskoalition auf, dringend Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor steigenden Energiepreisen zu ergreifen. Der PSD-Vorsitzende Marcel Ciolacu sagte, dass die Regierung eine Dringlichkeitsverordnung zur Regulierung der Energiepreise verabschieden werde, dass aber gleichzeitig Änderungen an der aktuellen Verordnung vorgenommen würden, über die in der Abgeordnetenkammer derzeit noch diskutiert wird.
Laut einer Ende September veröffentlichten Studie verzeichneten die Stromrechnungen in Rumänien den höchsten Anstieg in der Europäischen Union — um 124 % gegenüber dem Referenzjahr 2015. Im Vergleich dazu lag der europäische Durchschnitt der Strompreiserhöhung bei 110 %. Darüber hinaus sind die Rumänen mit einer Inflation von rund 16 % konfrontiert, die ebenfalls höher ist als im europäischen Durchschnitt, was letztendlich bedeutet, dass hierzulande alle Menschen für die laufenden Ausgaben mehr Geld aus der Tasche ziehen müssen.