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Urteil im Fall Colectiv erst am 3. März

Bukarester Berufungsrichter verschieben Verkündung ein zweites Mal

Urteil im Fall Colectiv erst am 3. März
Urteil im Fall Colectiv erst am 3. März

, 04.01.2022, 10:41

Am Montag sollte das Appellationsgericht in Bukarest das Urteil im Berufungsverfahren zu einer der grö‎ßten Katastrophen sprechen, die sich je in Friedenszeiten in Rumänien ereignet hat — es geht um den Brand im Club Colectiv in Bukarest, bei dem 65 Menschen starben und mehr als 200 verletzt wurden. Doch die Verkündung wurde um weitere zwei Monate verschoben.


Am 30. Oktober 2015 war die Rockband „Goodbye to Gravity“ auf der Bühne des Clubs in einer ehemaligen Fabrik vor Hunderten von jungen Leuten aufgetreten. Kurz nach Beginn des Konzerts entzündete sich durch ein Feuerwerk die aus billigstem Plastikschwamm gebaute Schalldämpfung. 153 Sekunden lang dauerte das Feuer, Menschen in Panik drängten zur einzigen Fluchttür. Einige starben auf der Stelle an Brandverletzungen oder erstickten im Gedränge und am giftigen Rauch. Viele andere trugen mehr oder weniger schwere Verletzungen und Rauchvergiftungen davon, mehrere erlagen zu einem späteren Zeitpunkt diesen Verletzungen oder starben aufgrund von Infektionen, die sie sich im Krankenhaus zugezogen hatten. Einige der Patienten wurden zur medizinischen Behandlung ins Ausland gebracht. Der damalige Premierminister trat zurück, ebenso wie der Bürgermeister des vierten Bezirks, in dem sich der Colectiv-Club befand. Es gab Stra‎ßenproteste unter dem Motto „Korruption tötet!“. Strafverfahren wurden eingeleitet, Verhaftungen erfolgten. Am Ende eines langwierigen Gerichtsverfahrens verhängte dann das Bukarester Tribunal als erste Instanz im Dezember 2019 Haftstrafen von bis zu 13 Jahren und verfügte die Zahlung von umgerechnet 10 Millionen Euro Schadensersatz. Das Verfahren ging dann in die Berufungsphase über. Dabei forderte die Staatsanwaltschaft weiter hohe Haftstrafen für den ehemaligen Bürgermeister des 4.Bezirks, Cristian Popescu Piedone, aber auch für Beamte der Verwaltung, die Eigentümer des Clubs, Feuerwehrleute, Pyrotechniker und Vertreter der Feuerwerksfirma. Bei der letzten Verhandlung plädierten die Anwälte der Angeklagten auf mildere Strafen oder sogar Freispruch. Sie argumentierten, dass die Staatsanwälte und Richter der ersten Instanz falsche Abwägungen getroffen hätten, aber auch, dass eigentlich jeder für den Tod der 65 Menschen verantwortlich gemacht werden könne — vor allem seien es aber Organisationen, nicht einzelne Personen. Einer der Pyrotechniker sagte, er würde nicht verstehen, was er denn falsch gemacht hat, selbst wenn er 20 Jahre hinter Gittern verbringen würde. Die Besitzer des Clubs erklärten, dass sie keinen Gewinn machen wollten, sondern dass sie nur aus Liebe zur Musik ins Clubgeschäft eingestiegen seien. Eine Mutter, die ihre einzige Tochter verloren hatte, forderte stattdessen dass die Strafen mit der Zahl der Opfer multipliziert werden sollten. Eine andere Frau, die ihren Sohn beklagte, sagte, dass sie trotz allem auch Mitleid mit den Familien der Angeklagten empfinde.


Liviu Popescu, ein Überlebender des Kollektivs, zog das Fazit, dass sich in der Gesellschaft seit 2015 nichts geändert hat: „Was ist im Grunde genommen nach dem Brand im Colectiv passiert? Clubs, die vorher keine Brandschutzgenehmigung hatten, werden jetzt auf eigene Verantwortung betrieben, und praktisch kann sich das Desaster morgen leider wiederholen.“ Die Verhandlungen im Fall Colectiv wurden bereits Ende letzten Jahres abgeschlossen, doch die Richter verschoben die Urteilsverkündung zuerst auf den 3. Januar 2022. Trotz angespannter Erwartung in der Öffentlichkeit wurde sie erneut auf den 3. März verschoben.

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