Streit um Präsenzunterricht: Impfquote des Lehrpersonals oder Inzidenz ausschlaggebend?
Über 2 Mio. Schüler und Kinder im Vorschulalter gehen seit einer Woche wieder in den Präsenzunterricht in Rumänien. Doch nun ist ein Disput zwischen dem Bildungs- und dem Gesundheitsressort über die geltenden Auflagen entbrannt.
Daniela Budu, 15.11.2021, 15:00
Der Präsenzunterricht ist nur in Schulen gestattet, wo mindestens 60% der Lehrkräfte und des Verwaltungspersonals geimpft sind, ungeachtet der Covid-Neuerkrankungen in der betreffenden Ortschaft. Das Bildungsministerium fordert eine Aufhebung der Impfquotenpflicht im Zusammenhang mit dem Präsenzunterricht in Ortschaften, wo die Inzidenz der Neuerkrankungen unter 3 je 1000 Einwohner liegt; doch das Gesundheitsministerium sieht darin eine epidemiologische Gefährdung“ und lehnt eine Lockerung der Auflagen ab. Vielmehr empfiehlt das Gesundheitsressort eine Beibehaltung der geltenden Regelungen, um nach einer gewissen Zeit feststellen zu können, inwiefern die Maßnahmen greifen.
Das Bildungsministerium hingegen besteht darauf, dass man an Schulen eine differenzierte Berechnung der Impfquote anwenden sollte — 60% Geimpfte unter Lehrkräften allein sollten in der Auffassung des Bildungsressorts reichen, um den Präsenzunterricht wiederaufzunehmen, auch wenn in der betreffenden Schule die Gesamtquote des geimpften Personals unter 60% liegt. Zurzeit und mit den geltenden Regelungen findet in etwa 13.000 Schulen Präsenzunterricht statt, während 5.000 Bildungseinrichtungen auf Online-Unterricht setzen müssen.
Meinungsverschiedenheiten gibt es auch um die durchzuführenden Testungen. Das Gesundheitsministerium will Schüler und selbst die jüngsten Kita-Gänger zweimal wöchentlich durch Schnelltests auf Corona testen lassen — die entsprechenden Speicheltest-Sets sollen in ausreichender Anzahl noch in dieser Woche an alle Schulen ausgeliefert werden. Durch die einfach durchzuführenden Testungen, die keine medizinischen Fachkenntnisse erforderlich machten, könnte man die infizierten Kinder aussortieren und somit weitere Infektionen vermeiden, sagt der Arzt Andrei Baciu, Staatssekretär im Gesundheitsministerium:
Das Testen erfolgt vor Ort — in der Schule. Das Verfahren ist detailliert beschrieben, wir haben ein systematisches Procedere erarbeitet, so dass es in allen Schulen in derselben Art und Weise durchgeführt wird. Positiv Getestete werden erneut durch PCR- oder Antigen-Tests überprüft, denn dies ist die einzige Möglichkeit einer realen und sicheren Diagnose. Es ist nichts Kompliziertes und auch kein großes Kunststück — ich glaube, hierzulande hat sich fast jeder einmal testen lassen oder einen Selbsttest durchgeführt. Wir müssen also systematisch vorgehen, um so wenig Neuerkrankungen wie möglich zu erzielen.“
Doch nicht alle teilen die Auffassung des Gesundheitsministeriums. Zwei gewichtige Lehrergewerkschaften ließen verlautbaren, dass Lehrkräfte nicht verpflichtet werden dürfen, Testungen bei Schülern und Kinder im Kita-Alter durchzuführen, vielmehr sollte das Testen eine Aufgabe der Familie sein. Die Gewerkschaften fordern daher eine Aufhebung der geltenden Auflagen, denn sie würden in ihrer Auffassung nur zu Störungen im Unterricht führen und Schulen und Kitas zu Infektions-Hotspots machen. Auch eine Umfrage unter Lehrkräften, die vom Dachverband der Lehrergewerkschaften durchgeführt wurde, hat ergeben, dass drei Viertel der Lehrer es ablehnen, die Testung der Schüler überwachen oder selbst durchführen zu müssen.