Große Konkurrenz um Bukarester Rathaus
Am 27.September werden in Rumänien die Bürgermeister gewählt und zumindest in der Hauptstadt ist es ein begehrter Job. 18 Politiker – von Schwergewichten bis Newcomern – gehen diesmal ins Rennen.
Bogdan Matei, 26.08.2020, 14:38
In Bukarest leben etwa 10% der rumänischen Wähler — deshalb hat der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin der Haupstadt, abgesehen vom Staatschef, in der Regel die meisten Wähler hinter sich. Der Großraum Bukarest ist das reichste Gebiet Rumänien, der Stand der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Indikatoren ist über dem EU-Durchschnitt. Verständlich also, dass sich alle Parteien um das Amt des Stadtherren reißen.
In diesem Jahr sind die Kommunalwahlen mit mehr Ungeduld als sont erwartet. Ursprünglich für Juni vorgesehen, mussten sie auf September verschoben werden und die Mandate der Kommunalpolitiker wurden verlängert. Nach wie vor wird in einem einzigen Wahlgang abgestimmt, der Sieger bekommt den Posten.
Die 18 Bewerber bilden das gesamte politische Spektrum ab — von radikalen Linken bis konservativen Rechten ist alles da. Auch die Berufspalette der Kandidaten ist umfassend: Ökonomen, Ingenieure, Mathematiker, Tierärzte oder Fluglotsen sind unter ihnen.
Die Umfragen deuten auf einen Zweikampf hin. Die gesprächige und populäre Fernsehjournalistin Gabriela Firea wurde vor vier Jahren gewählt — sie war die erste Frau und die erste Sozialdemokratin in diesem Amt. An ihrer Seite beanspruchten die Sozialdemokraten auch alle sechs Stadtbezirke von Bukarest. Firea bewirbt sich wieder, doch ihre Bilanz fällt eher durchwachsen aus: Bukarest ist von Umweltverschmutzung und Verkehrsgedränge geplagt, die Fernheizung ist (salopp gesagt) im Eimer.
Fireas Hauptkontrahent ist der Mathematiker und Aktivist Nicuşor Dan. Aus seiner einstigen Union zur Rettung Bukarests ist die heutige USR entstanden, die jetzt drittstärkste Kraft im Parlament ist. Dan hatte sich später von der Partei getrennt, doch die USR und die Liberalen unterstützen ihn im Kampf um das Rathaus.
Außer ihnen sind noch zwei Schwergewichte im Rennen. Zum einen Altpräsident Traian Băsescu, der bereits im Jahr 2000 Oberbürgermeister war. Zum anderen Călin Popescu-Tăriceanu, früherer Premierminister. Einst waren sie Verbündete, dann Erzfeinde, doch Băsescu und Tăriceanu gelten bei einigen immer noch als effizientestes politisches Duo. Mit ihnen an der Führung zog Rumänien 2007 in die EU ein. Die beiden heute über 70jährigen Politiker muten mit ihren neuen Ambitionen teilweise lächerlich an, aber Kommentatoren sehen in ihrer Bewerbung auch den Versuch, ihrer jeweiligen Kleinpartei im Vorfeld der Parlamenstwahlen später im Herbst zu mehr Popularität zu verhelfen.