Vorgezogene Parlamentswahlen im Gespräch
Die Frage der vorgezogenen Parlamentswahlen wird auf dem politischen Parkett in Bukarest immer häufiger erörtert.
Ştefan Stoica, 10.01.2020, 16:47
In den 30 Jahren der postkommunistischen Demokratie hat Rumänien viele politische und Regierungskrisen erlebt, aber keine wurde durch vorgezogene Wahlen gelöst, weil der Prozess kompliziert ist und viel Zeit erfordert. Dennoch haben die rumänischen Politiker das Szenario der vorgezogenen Wahlen derzeit recht häufig diskutiert, da die liberale Minderheitsregierung, die im November an die Macht kam, ihre Initiativen in einem noch immer von den Sozialdemokraten dominierten Parlament nicht fördern kann. Dem Kabinett des Liberalen Ludovic Orban ist es gelungen, mehrere Gesetze zu verabschieden, indem es dafür die Vertrauensfrage im Parlament gestellt hat, darunter auch den Haushalt 2020, was eine Premiere für die rumänischen Regierungen darstellt.
Obwohl das Verfahren legal ist, ist es fragwürdig, weil es die Möglichkeit für Debatten über die vorgeschlagenen Gesetzesentwürfe ausschließt. Nach 3 Jahren des Zusammenlebens mit der sozialdemokratischen Regierung und der linken Mehrheit, die von Anfang an ein offener politischer und institutioneller Krieg war, bekam Präsident Klaus Iohannis schließlich zu Beginn seiner 2. Amtszeit einen liberalen Partner, der jedoch erkannte, dass seine Befugnisse aufgrund der fehlenden Unterstützung begrenzt waren. Deshalb beschloss er, sich persönlich für die Förderung von vorgezogenen Wahlen zu engagieren.
Vorgezogene Wahlen können durchgeführt werden, wenn die derzeitige Regierung durch einen Misstrauensantrag abgesetzt wird oder wenn der Premier zurücktritt. Gemäß der rumänischen Verfassung muss das Parlament in beiden Fällen zwei aufeinanderfolgende Vorschläge für eine neue Regierung ablehnen, daher ist die Idee, eine parlamentarische Mehrheit zu bilden, die zwei aufeinanderfolgende Kabinette ablehnen sollte. Klaus Iohannis beabsichtigt, diese Frage mit den politischen Führern in Bukarest zu diskutieren:
Klaus Iohannis: Ja, ich will vorgezogene Wahlen. Natürlich ist ein Misstrauensantrag eine der Optionen, aber technisch gesehen wäre eine andere Option der Rücktritt des Premierministers. Ich werde diese Fragen mit dem Premier und anderen diskutieren.“
Der Premierminister und Vorsitzende der Nationalliberalen Partei Ludovic Orban hat bekräftigt, dass vorgezogene Wahlen nur dann ausgelöst werden können, wenn eine Parlamentsmehrheit für diesen Schritt geschaffen wird. Der Interimspräsident der sozialdemokratischen Partei PSD Marcel Ciolacu sagte, seine Partei habe keine Angst vor der Stimme der Rumänen, egal wann die Parlamentswahlen stattfinden. Er behauptet, die liberale Regierung sei eine Katastrophe und die Sozialdemokraten erwägen ernsthaft, einen Misstrauensantrag einzureichen. Eine Entscheidung in diesem Sinne werde in der kommenden Woche auf der Vorstandssitzung der Sozialdemokraten getroffen.
Marcel Ciolacu: Dies ist ein Antrag der PSD-Mitglieder, aber auch von der Gesellschaft. Es ist offensichtlich, dass man ein Land nicht regieren kann, indem man einfach die Vertraunesfrage stellt und das Parlament umgeht, man kann nicht versuchen, Wahlversprechen einzuhalten und die Fehler der Regierung durch Parolen zu vertuschen.“
Politische Analysten sind noch immer nicht von der Rhetorik des sozialdemokratischen Führers überzeugt, der versucht, eine Plattform für die zukünftigen internen Wahlen innerhalb der PSD aufzubauen. Die Sozialdemokraten haben sich noch nicht von den Wahlschocks von 2019 erholt, als sie sowohl die EP-Wahlen als auch die Präsidentschaftswahlen verloren. Eine kürzlich durchgeführte IMAS-Umfrage zeigt, dass, wenn jetzt Parlamentswahlen abgehalten würden, die Liberalen mit 45% gewinnen würden, während die PSD weniger als 20% der Stimmen erhalten würde