Staatsanwältin Kövesi in New York über Korruption: Justiz mit systematischen Angriffen konfrontiert
Die Lage des rumänischen Rechtssystems und die Bekämpfung der Korruption in Rumänien waren Themen, über die in New York und Brüssel debattiert wurde.
Daniela Budu, 24.05.2018, 17:04
Die Chefin der Antikorruptionsbehörde Laura Codruţa Kövesi wird oft sowohl von ihren Anhängern als auch von ihren Widersachern als die mächtigste Frau in Rumänien beschrieben. Ihre Anhänger behaupten, sie sei die Verkörperung des Kampfes gegen die Korruption, eine Art Göttin der Rache, die jene Politiker bestraft, die sich an öffentlichen Gelder anreichern. Die anderen meinen, sie sei die Chefin eines repressiven Apparats, der das Gesetz und die Menschenrechte verletzt, um politisch gesteuerte Anklagen anzufertigen.
Laura Codruţa Kövesi wurde in New York zu einer Debatte anlässlich der 15 Jahre seit dem Inkrafttreten des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die Korruption eingeladen. Die Chefin der Antikorruptionsbehörde DNA erklärte in ihrer Rede beim UN-Sitz, die größte Herausforderung Rumäniens sei die Beibehaltung der Unabhängigkeit der Richter und Staatsanwälte. Es habe mehrmals Versuche gegeben, die Gesetze der Korruptionsbekämpfung abzuändern, die Instrumente, die von den Staatsanwälten in den strafrechtlichen Ermittlungen gebraucht werden, abzuschwächen. Auch haben die Parlamentsabgeordneten der Aufhebung der Immunität einiger Politiker, die der Korruption beschuldigt waren, nicht zugestimmt. Das gesamte Rechtssystem habe sich mit Angriffen konfrontiert — durch die Verbreitung von Falschnachrichten oder durch öffentliche Erklärungen ihrer Widersacher habe man versucht, das Vertrauen in die Justiz zu unterminieren. So lautete das Fazit der DNA-Chefin über die letzten anderthalb Jahre, in denen die Regierungskoalition PSD-ALDE mehrfach beschuldigt wurde, sie versuche den Kampf gegen die Korruption zu stoppen und sich die Justiz hörig zu machen.
Die Antikorruptionsbehörde hat in den letzten fünf Jahren 14 Minister und Ex-Minister sowie 53 Parlamentsmitglieder vor Gericht gestellt. Davon sind 27 rechtskräftig verurteilt worden. Die Antikorruptionsbehörde hat in diesem Zeitraum Sicherungsmaßnahmen in Höhe von über 2,3 Milliarden US-Dollar angeordnet.
Der rumänische Justizminister Tudorel Toader hat aus Bukarest erwidert, die seiner Ansicht mach verfassungswidrigen Entscheidungen, die Freisprüche zu Gunsten angeklagter Personen sowie die Verjährung mutmaßlicher Straftaten seien keine Fake News. Der Justizminister hatte den Staatspräsidenten Iohannis aufgefordert, die DNA-Chefin ihres Amtes zu entheben. Toader fragte sich weiter rhetorisch, ob man im Fall der jüngsten Freispruch-Urteile ebenso von rechtsstaatlichen Prinzipien sprechen könne. Er bezog sich dabei auf den Fall des ehemaligen sozialdemokratischen Premiers Victor Ponta und seines Ministers Dan Şova, des Senatsvorsitzenden Călin Popescu-Tăriceanu, des ehemaligen Senators und Richters des Verfassungsgerichtes Toni Greblă, die in der letzten Woche in unterschiedlichen Verfahren für unschuldig gesprochen wurden.
Die meisten Medien in Bukarest sind sich überwiegend einig: Der Kampf gegen die Korruption müsse ungeachtet der Erfolge oder der Misserfolge fortgesetzt werden. Das wird auch von dem jüngsten Bericht der Europäischen Kommission über Rumänien bestätigt. Die Entwicklungen im letzten Jahr würden die Unwiderruflichkeit der Reformen im rumänischen Rechtssystem und die Bekämpfung der Korruption in Frage stellen, was ebenfalls das Geschäftsumfeld bedrohe, so der Länderbericht über die Fortschritte Rumäniens im Justizwesen.