Rumänien trifft Alternativmaßnahmen zur Freiheitsstrafe
Rumänien wurde vom Europarat wegen der schlechten Lebensbedingungen in den Strafvollzugsanstalten kritisiert. Nun versuchen die rumänischen Entscheidungsträger, Maßnahmen zur Lösung dieser Sitruation zu treffen.
Roxana Vasile, 24.04.2018, 16:50
Das US-State Department hat vor einigen Tagen seinen Jahresbericht über die Praktiken im Bereich Menschenrechte veröffentlicht. Dabei wurde Rumänien von Kritik nicht verschont: es ging dabei unter anderen auch um die schlechten Bedingungen in den überfüllten Strafvollzugsanstalten, welche die vom Europarat festgelegten Standards nicht einhalten. Sollten die rumänischen Behörden keine Maßnahmen zur Lösung dieser Situation treffen, so drohte der Europarat Rumänien mit hohen Strafgeldern. Die rumänischen Steuerzahler sind keineswegs damit einverstanden, solche Strafgelder zu bezahlen. Darauf reagierte Rumänien letztes Jahr mit einem Gesetz, laut dem den Gefängnisinsassen, denen keine entsprechende Strafvollzugsbedingungen gesichert werden, ein Teil der Freiheisstrafe erlassen werden sollte. Laut dem neuen Gesetz werden den Gefangenen für jeweils 30 Tagen, die sie beginnend mit dem Jahr 2012 im Gefängnis unter nicht entsprechenden Bedingungen abgesessen haben, 6 Tage von der Freiheitsstrafe erlassen.
Die Maßnahmen der Bukarester Behörden gehen aber weiter. Am Montag hat der Rechtsauaschuss der Abgeordnetenkammer ein Gesetzesprojekt über Alternativmaßnahmen zum Strafvollzug angenommen. Das Gesetzesprojekt gilt aber nicht für Gewaltverbrechen, für Wiederholungstäter, für Einflußnahme, für Geben und Annehmen von Bestechung. Laut dem neuen Gesetzesprojekt werden die Verurteilten, die eine Freiheitsstrafe von höchstens 5 Jahren bekommen haben, und bereits ein Fünftel dieser Strafe abgesessen haben, den Rest der Strafe im Hausarrest verbüßen. Eine Variante wäre auch Hausarrest unter der Woche und Strafvollzuganstalt am Wochenende. Zwei weitere Vorschläge, die vom Rechtsausschuss der Abgeordnetenkammer angenommen wurden, sehen einen Straferlaß von 20 Tagen für eine wissenschaftliche Studie, die vom Verurteilten im Gefängnis verfaßt wurde, und Absitzen im Hausarrest für Freiheitsstrafen unter einem Jahr.
Der sozialdemokratische Abgeordnete Eugen Nicolicea (PSD, linksgerichtet, von der Regierung), Leiter des Rechtsausschüsses:
“Wenn der Richter eine Freiheitsstrafe unter einem Jahr verhängt hat, dann hat er festgestellt, dass es sich um eine nicht besonders schwere Straftat handelt. Das bedeutet, dass die Straftat für die Gesellschaft nicht so gefählich war, um si härter zu bestrafen. Wenn die Freiheitsstrafe höher ist, dann ist es klar, dass der Verurteilte keine Alternativmaßnahme genießen darf.”
Die rechtsgerichtete Opposition ist mit dem Gesetzesprojekt nicht einverstanden. Stelian Ion, von der Union Rettet Rumänien (USR):
“Wir müssen dabei auch an die ehrlichen Bürger in unserem Land denken. Viele Menschen empfinden Frustration, wenn sie sehen, dass die Strafverurteilten so mild behandelt werden. Andererseits werden die Verbrecher durch diese Erleichterungen der Strafen indirekt oder sogar direkt ermuntert, weiterhing Straftaten zu verüben. Sie wissen nun, dass von jetzt an die Urteile der Richter milder ausfallen werden.”
Die Entscheidung über das neue Gesetz wird das Plenum der Abgeordnetenkammer treffen.