Regierende Sozialdemokratische Partei strebt politischen Neuanfang an
Binnen eines Jahres hat die Sozial-Demokratische Partei die eigene Regierung zwei Mal zum Fall gebracht und 3 Ministerpräsidenten ins Amt eingeführt. Jetzt wünscht sich die PSD einen politischen Neubeginn und eine Effizienzsteigerung ihrer Ministerien.
Bogdan Matei, 06.03.2018, 16:12
Im Dezember 2016 haben die Sozial-Demokraten PSD die Parlamentswahl gewonnen und zusammen mit dem Juniorpartner ALDE (Allianz der Demokraten und Liberalen) die Regierung gebildet. Vor den Legislativwahlen, bei denen die PSD als klarer Sieger hervorging, war das Land von einem technokraten Übergangskabinett regiert worden. Weder Anhänger noch Oppositionelle hätten aber erwartet, dass erst nach einem halben Jahr im Amt, die Koalition PSD-ALDE den eigenen Premier und damit das eigene Kabinett durch Misstrauensvotum stürzen wird. Hintergrund war ein Machtkampf zwischen dem ehemaligen Ministerpräsidenten Sorin Grindeanu und dem PSD-Chef Liviu Dragnea. Januar 2018 entzog die stärkste Partei der Regierungskoalition dem neuen Premier die politische Unterstützung und brachte somit zum zweiten Mal die eigene Regierung zum Fall. Die dritte Regierung binnen eines Jahres wurde infolgedessen von der sozialdemokratischen Europaparlamentarierin und engen Vertrauten vom PSD-Chef Vorica Dăncilă gebildet.
Indes haben die Antikorruptionstaatsanwälte gegen den bereits für Wahlbetrug zu einer Bewährungsstrafe verurteilten Dragnea in zwei neuen Korruptionsverfahren schwere Vorwürfe erhoben. Weil sie den Parteichef heftig kritisierten, wurden zentrale Figuren der Sozial-Demokraten wie der ehemalige Premier Victor Ponta, der Europaabgeordnete Cătălin Ivan oder der Bürgermeister der größten Stadt im Nordosten des Landes Iaşi, Mihai Chirica aus der Partei ausgeschlossen. Ein Jahr lang gingen darüber hinaus Hunderttausende bei den größten Protesten im postkommunistischen Rumänien auf die Straße, um gegen die Absicht der regierenden Koalition, die Korruptionsgesetze zu ändern und den Status der Staatsanwälte neuzuregeln zu protestieren. Die Demonstranten warfen der Regierung vor, den Kampf gegen Korruption schwächen zu wollen.
Die stärkste Partei der sozialliberalen Regierungskoalition hat also ein Jahr politischer Turbulenzen hinter sich. Die PSD brauche aus diesem Grund einen politischen Neustart, glauben sowohl Politikbeobachter als auch Parteimitglieder. Darüber soll am Samstag in Bukarest, bei einem Sonderkongress besprochen werden. Zum Auftakt des bevorstehenden Kongresses der Partei fand am Montag ein Treffen des Exekutivkommitees. Wie der Vorsitz dabei beschloss, sollen mindestens 27 Staatssekretäre durch neue ersetzt werden. Mit dieser Maßnahme versuchen die Sozial-Demokraten, die Effizienz der Ministerien zu steigern. Auch die Arbeit der Minister soll demnächst bewertet werden. Innerhalb der Partei soll ebenfalls die Struktur des Ständigen Büros neugeregelt werden, ins Exekutivkommitee sollen von nun an acht Männer und acht Frauen gewählt werden. Die zweit-und drittstärksten Stellen in der Partei sollen im Anschluß durch direkte Abstimmung gewählt werden. Laut Medienberichten, sei es daher nicht ausgeschlossen, dass die Amtsinhaber Nicolae Bădălău Exekutivpräsident bzw der Generalsekräter Codrin Ştefănescu aus dem Amt entlassen werden.
Das Thema lässt allerdings die Presse darauf spekulieren, dass der Parteichef Liviu Dragnea den bevorstehenden Kongress der Sozial-Demokraten zum Anlass nehmen wird, um den Anhängerkreis der Bürgermeisterin Bukarestrs Gabriela Firea innerhalb der Partei zu schwächen. Laut Umfragen, sei Firea das beliebteste Mitglied der stärksten Partei der Regierungskoalition bei der rumänischen Bevölkerung. Neulich kritisierte die Bürgermeisterin den bitteren internen Kampf in der eigenen Partei und bezeichnete die Arbeit einiger Ministerien als nicht performant. Vor dem bevorstehenden Kongress hat Dragnea allerdings keinen Grund zur Aufregung. Selbst wenn der Parteichef von einer möglichen Abstimmung gesprochen hatte, wodurch er sich im Amt bestätigen lassen sollte, teilte er neulich mit, dass die Vorsitzenden der Parteilfilialen im Land eine solche Abstimmung für unnötig halten.