Ex-Präsident Iliescu muss sich wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht verantworten
Beim Obersten Kassations-und Justizgericht in Bukarest hat heute der Prozess in der Mineriade-Akte vom Juni 1990 angefangen. Für die Organisation der Mineriade, die vier Menschen das Leben kostete sei unter anderen Ion Iliescu direkt verantwortlich.
Florentin Căpitănescu, 20.02.2018, 16:27
Erst nach 28 Jahren gelangt der Fall der sogennanten Mineriade vor Gericht. Der Bergarbeitereinfall vom 13-15 Juni 1990 gilt als eine der schlimmsten Episoden in der Geschichte des postkommunistischen Rumäniens. Hohe Amtsträger der neunziger Jahre, unter ihnen die damaligen Präsident Ion Iliescu, Premier Petre Roman, Vizepremier Gelu Voican Voiculescu und Nachrichtendienstchef (SRI) Virgil Măgureanu müssen sich wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht verantworten. Laut der Militärstaatsanwaltschaft hätten die rumänischen Behörden einen systematischen und gewaltigen Angriff auf die Demonstranten auf dem Bukarester Universitätsplatz beschlossen und koordiniert. Die Bergarbeiter aus dem Schiltal (rum. Valea Jiului) sind im Juni 1990 gegen Gegner des Präsidenten Ion Iliescu brutal vorgegangen, die friedlich im Zentrum der rumänischen Hauptstadt friedlich protestierten.
Die Bergarbeiter seien im Auftrag und mit der Billigung des damaligen Staatspräsidenten gegen die Opositionellen des Regimes vorgegangen. Die Demokratie sei gefährdet, das war der Grund warum der damalige Staatschef die Minenarbeiter angestachelt hatte, nach Bukarest zu marschieren und die Aufstände brutal niederzuschlagen. Die Militärstaatsanwaltschaft macht neben den Bergarbeitern auch Vewantwortungsträger aus dem Innenministerium, Verteidigungsministerium und dem Nachrichtendienst SRI für die blutigen Auseinandersetzungen verantwortlich. Die negative Bilanz lautet: 1.400 Verletzte, 1.250 Menschen wurden des Grundrechts auf Freiheit beraubt. Die Bukarester Universität, oppositionelle Parteisitze und Redaktionen wurden verwüstet. Am 15. Juni richtete Ion Iliescu die folgende Botschaft an die Bergarbeiter: “Ich danke Ihnen nochmal für alles was sie an diesen Tagen bewiesen haben: dass Sie eine wahre Kraft sind, die ein starkes gesellschaftliches Engagement zeigt, vertrauenswürdige Menschen, die uns in schweren Zeiten zur Seite stehen”.
Dass die Mineriade-Akte im Sommer 2017 wieder geöffnet wurde ist auf einen Beschluss des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zurückzuführen, der von Rumänien die Wiederaufnahme des Verfahrens gefordert hatte. Politikbeobachter sind der Ansicht, dass die brutale Niederschlagung der Proteste das Image Rumäniens außerhalb der Landesgrenzen stark beschädigt habe. Die Verzögerung einer Urteilsvollstreckung zeigt nach wie vor, dass Rumänien in Sache Vergangenheitsbewältigung noch vieles nachholen muss.