DNA beschlagnahmt das Eigentum des PSD-Vorsitzenden Liviu Dragnea
Die geplante Änderung der Justizgesetze sorgt für heftige Debatten in Rumänien.
Roxana Vasile, 22.11.2017, 16:30
Drei Gesetzesprojekte stellen zur Zeit die erste Priorität der PSD, der stärksten Partei der Regierungskoalition in Rumänien: Der Status der Richter und Staatsanwälte, die Funktionierung des Obersten Rates der Richter und Staatsanwälte und die Organisierung der Justiz. Die Sozialdemokratische Partei besteht darauf, dass die drei Gesetzentwüfe im Eilverfahren vom Parlament debattiert und angenommen werden. Es gibt aber viele Stimmen, die meinen, es gäbe gar keinen Grund für Eile. Die Chefin der Nationalen Antikorruptionsbehörde, Laura Codruta Kövesi, reklamierte den Mangel an Transparenz bei der Erarbeitung der Justizgesetze:
Jeder Richter oder Staatsanwalt in Rumänien ist sich vollkommen bewußt, dass es in den drei Gesetzen gewisse Probleme gibt, die korrigiert werden müssen — es geht um die Karriere der Richter und Staatsanwälte, um berufliche Beförderungen und andere Probleme, die diskutiert werden müssen. Die Vorwürfe aller Betroffenen beziehen sich auf die Art und Weise, wie die Regierung diese Gesetzesänderungen durchsetzen wollen, auf den totalen Mangel an Transparenz, auf die Tatsache, dass keine Beratungen stattgefunden haben. Es wird versucht, die Autorität des Justizminister auf die Aktivität der Staatsanwälte zu erhöhen – das ist eine schwere Verletzung der Unabhängigkeit der Staatsanwälte und indirekt auch eine Verletzung der Unabhängigkeit der Richter.”
Die Beschleunigung der Annahme der Justizgesetze im Eilverfahren soll letzte Woch bei einem Treffen der Führer der Sozialdemokratischen Partei beschlossen worden sein. Bei besagtem Treffen wurde eine Resolution gegen einen sog. illegitimen parallellen Staat” angenommen. Diese ominöse Organisation würde versuchen, die legitim gewählte politische Macht zu enthaupten”; eine Zielscheibe und ein zukünftiges Opfer des parallellen Staates” soll der PSD-Chef Liviu Dragnea werden, meinen die Sozialdemokraten. Am Dienstag hat die Antikorruptionsbehörde (DNA) das gesamte Eigentum und die Bankkonten des PSD-Vorsitzenden Liviu Dragnea beschlagnahmt, um einen Schaden von etwa 27 Millionen Euro zu ersetzen. Gegen weitere neun Personen wird im besagten Strafverfahren ermittelt. Dragnea wird die Gründung einer organisierten Gruppe zu Betrugszwecken und Amtsmissbrauch vorgeworfen. Anfang der 2000er Jahre, bei der Modernisierung mehrerer Landstraßen im Kreis Teleorman mit EU-Finanzierung wurden insgesamt 128 Millionen Lei (mehr als 27 Millionen Euro) veruntreut. Zur betreffenden Zeit war Liviu Dragnea Landratsvorsitzender im Kreis Teleorman (im Süden Rumäniens). Liviu Dragnea betrachtet sich als Opfer einer politischen Kampagne:
Immer wieder wenn die Sozialdemokratische Partei versucht, etwas Wichtiges für Rumänien zu tun, werde ich die Zielscheibe der andersgesinnten. Jetzt werde ich als Mittel zur Blockierung der Justizgesetze ausgenutzt. Und von wem? Von wem? Von Menschen, die sich verstecken und nicht ans Licht kommen wollen.”
Die Chefs der Koalitionsregierung kämpfen gegen ein Phantom, gegen einen sog. parallellen Staat”, den sie selbst erfunden haben. Die Regierenden selbst sind aber parallell zur rumänischen Gesellschaft, meinen ihre Kontrahenten, die die Aktionen der Sozialdemokratischen Partei (PSD) und der Allianz der Liberalen und Demokraten (ALDE) anfechten. Und die Zahl der Unzufriedenen steigt: Der Nationale Gewerkschaftsblock hat bekanntgegeben, dass er sich der Proteste der Zivilgesellschaft anschliessen wird. Dazu der Chef des Nationalen Gewerkschaftsblocks Dumitru Costin.
Das Exekutivbüro des Nationalen Gewerkschaftsblocks hat beschlossen, sich den Aktionen der Zivilgesellschaft in Bezug auf die berühmt-berüchtigten Änderungen der Justizgesetze anzuschließen. Von jetzt an wird der Nationale Gewerkschaftsblock an den von der Zivilgesellschaft organisierten Protestdemonstrationen teilnehmen, sowohl in Bukarest als auch in anderen rumänischen Städten. Eine korrekte Lösung für die Justizgesetze kann nur Gutes für alle rumänische Bürger bringen.”
Der Nationale Gewerkschaftsblock hat für den 12. Dezember eine großangelegte Protestdemonstration in Bukarest angekündigt.