Sozialdemokraten gewinnen Parlamentswahlen in Rumänien
Am Sonntag gingen nur 40% der über 18 Millionen wahlberechtigten Rumänen an die Urnen, um ihre Parlamentarier zu wählen.
Ştefan Stoica, 12.12.2016, 17:05
Fast die Hälfte stimmte für die Vertreter der Sozialdemokratischen Partei (PSD), die sowohl bei der Abgeordnetenkammer als auch beim Senat 45% der Stimmen auf sich einigte. Parteichef Liviu Dragnea forderte für die Sozialdemokratische Partei das Amt des Premierministers. Dragnea erklärte, die Rumänen hätten ihren Willen ganz klar ausgedrückt und das müsse von allen Institutionen respektiert werden:
Ich wünsche mir, dass die stabile Demokratie in Rumänien beibehalten wird, indem unnötige Konflikte vermieden werden. Das bedeutet, dass alle fundamentalen Institutionen des Staates die Wahl der Rumänen verstehen und respektieren müssen.“
Die Sozialdemokratische Partei platzierte sich vor der bedeutendsten rechtsgerichteten Partei und zwar der Nationalliberalen Partei (PNL), deren Rückgang in der Wählergunst sich schon Sommer bei den Kommunalwahlen abzeichnete und von den Parlamentswahlen bestätigt wurde. Die Liberalen hofften am Sonntagabend mit den nur 20% der Wählerstimmen auf ein Wunder, um ihren Favoriten, den Parteilosen Dacian Cioloş an der Spitze der Regierung zu behalten. Hören wir nun Alina Gorghiu, die Vorsitzende der Liberalen:
Unser festgelegtes Ziel, eine parlamentarische Mehrheit für das Projekt Dacian Cioloş Premierminister zu bilden, ist ein Projekt, das noch im Spiel bleibt. Es hängt sehr viel von dem Endergebnis ab, von den Resultaten der anderen kleinen Parteien, ob sie ins Parlament kommen oder den Einzug verpassen.“
Die kleinen Parteien, an die Alina Gorghiu denkt, sind die Union rettet Rumänien (USR) die Partei der Volksbewegung (PMP), die die 5%-Schwelle überschritten haben. Sie können aber die Proporzrechnungen nach der Wahl nicht ändern. Die aus der Union Rettet Bukarest (USB) hervorgegangene USR hat versucht, an ihren Erfolg bei den Lokalwahlen in Bukarest anzubinden erhielt bei ihrem ersten Nationaltest über 9% der Wahlstimmen. Sie verspricht, eine Alternative zu den traditionellen Parteien zu sein. Unionsvorsitzender Nicuşor Dan dazu:
Eine Partei, deren Mitglieder bis jetzt keine Politik gemacht haben, ist zum ersten Mal nach der Wende ins Parlament eingetreten.“
ALDE, die Allianz der Liberalen und Demokraten, die auf einen abtrünnigen Flügel der Liberalen fußt und vom ehemaligen Premierminister Călin Popescu-Tăriceanu geleitet ist, wird ebenfalls im Parlament präsent sein und mit ihren circa 6% der Wählerstimmen vermutlich den Sozialdemokraten zur benötigten Regierungsmehrheit verhelfen.
In der Opposition wird die Partei der Volksbewegung (PMP) unter der Leitung des Ex-Staatschefs Traian Băsescu mit 5% sein. Der Demokratische Ungarnverband in Rumänien (UDMR) pocht nach vier Jahren in der Opposition hingegen auf eine Beteiligung an der Regierungskoalition. Er hat 6% der Stimmen erzielt. Parteichef Hunor Kelemen äußerte den Wunsch der Union, an den Beschlüssen der Legislative teilzunehmen:
Ich hoffe, dass unsere Parlamentsfraktion ein Wort zu sagen hat, was die Beschlüsse anbelangt, die im Parlament getroffen werden.“
Unter den neu Gewählten befindet sich kein unabhängiger Kandidat. Die Wahl von Sonntag bedeutet aus technischer Sicht die Rückkehr zur Listenwahl. Eine Premiere war die Briefwahl in der Diaspora, so dass die Rumänen, die außerhalb der Landesgrenzen leben, ihr Wahlrecht diesmal einfach ausüben konnten. Politisch gesehen stehen die Sachen zugunsten der Sozialdemokratischen Partei und deren Alliierter ALDE.
Die Parlamentswahlen von Sonntag bringen den Staatspräsidenten Klaus Iohannis in eine unbequeme Situation. Die Politkommentatoren fragen sich, ob der Staatschef dem Druck der Sozialdemokratischen Partei standhalten kann und sein Integritätskriterium nicht aufgeben werde. Klaus Iohannis hatte vor den Wahlen gewarnt, er werde keinen Ministerpräsidenten ernennen, der strafrechtlich verfolgt wurde oder gegen den noch ermittelt wird, und hatte dabei auf den Chef der Sozialdemokraten angespielt. Liviu Dragnea wurde wegen Wahlbetrugs beim Referendum für die Amtsenthebung von Ex-Staatschef Băsescu zu zwei Jahren Haftstrafe, allerdings zur Bewährung, verurteilt.