Kontroverse Reaktionen auf das rumänische Steuergesetz
Die Europäische Kommission fürchtet, dass Rumänien wegen der Steuererleichterungen, insbesondere die Senkung der Mehrwertsteuer, die Defizitziele nicht einhalten kann. Die Verantwortlichen in Bukarest widersprechen.
Ştefan Stoica, 26.06.2015, 18:00
Die internationalen Geldgeber Rumäniens haben auf das neue Steuergesetz des Landes mit Vorbehalt reagiert. Das Gesetz soll ein Mittel darstellen, den Konsum anzukurbeln und damit ein Wirtschaftswachstum anzuregen. Donnerstag hat es zu diesem Thema Gespräche gegeben, der Regierung in Bukarest ist es jedoch nicht gelungen, mit den Repräsentanten der Europäischen Kommission zu einer Einigung zu kommen. Brüssel befürchtet, dass die Steuererleichterungen, insbesondere die Absenkung der Mehrwertsteuer von 24 auf 19 Prozent das rumänische Staatsdefizit zu sehr in die Höhe treiben und damit die vereinbarten Grenzwerte für 2016 überschreiten.
Der Finanzminister Eugen Teodorovici hat versucht, diese Befürchtungen zu zerstreuen, jedoch ohne Erfolg. Teodorovici ist jedoch weiterhin von der Richtigkeit der Maßnahmen überzeugt: „Dieses temporäre Ansteigen des Defizits ist unter Kontrolle. 2016 werden wir auch dank des neuen Steuergesetzes ein maximales Defizit von 2,9 Prozent haben. Aber bis Herbst, wenn wir den Haushalt für das kommende Jahr haben werden, werden wir bei unnötigen Verwaltungsausgaben oder generell Wirtschaftsasugaben kürzen können ohne die Investitionen zu beeinflussen. So werden wir im Haushalt für 2016 das Defizit auf 2,5 Prozent senken können.“
Der Finanzchef sagt ferner, dass eine Absenkung der Mehrwertsteuer nicht nur den privaten Konsum ankurbeln, sondern zudem mehr als 100 000 neue Arbeitsplätze schaffen wird. Auch seitens der Opposition kommt Zuspruch. Der Liberale Gheorghe Ialomiţianu, einst selbst Finanzminister sagte, dass die von der Regierung präsentierten Wirtschaftszahlen darauf hindeuteten, dass die Steuererleichterungen nachhaltig seien. Der Internationale Währungsfonds und die Europäische Kommission bezweifeln jedoch, dass die von der Regierung vorgelegte Steuerschätzung so eintreffen wird. Gheorghe Ialomiţianu sieht den Einfluss der Mehrwertsteuersenkung auf den Haushalt bei einem Minus von zirka 3 Milliarden Euro.
Der Rat für Ausländische Investoren begrüßte seinerseits die jüngsten Steuersenkungen. Der Vizepräsident der Vereinigung Daniel Anghel sagte, dass eine differenzierte Mehrwertsteuer eine Maßnahme sei, die in vielen entwickelten Ländern bekannt ist. Das Niveau der Rumänischen Mehrwertsteuer sei im Vergleich zu anderen Staaten sehr hoch, das Problem sei es, die Gelder einzutreiben:
„Rumänien steht nicht gut da, was das Niveau der Steuereintreibung bei der Mehrwertsteuer betrifft. Wir treiben nur etwas mehr als 50 Prozent der geschätzten Mehrwertsteuer ein, die wir einsammeln könnten. Wir haben auch die Absenkung der Mehrwertsteuer auf neun Prozent bei Lebensmitteln begrüßt. Wenn wir die Mehrwertsteuer auf 19 Prozent senken, muss diese Maßnahme nachhaltig sein, sowohl kurz als auch langfristig. Wir wünschen uns eine Steuergesetzgebung und ein Steuerumfeld, das vorhersehbarer und transparenter ist. Wir wünschen uns nicht, dass nach einem oder zwei Jahren die Steuerpolitik erneut geändert wird.“
Der Sachverhalt wird auch am 14. Juli beim Treffen des Rates für Wirtschaft und Finanzen, kurz Ecofin genannt, besprochen werden. Der IWF wird im nächsten Monat jedoch nicht mehr zum Inspektionsbesuch ins Land kommen. Dann wird die Europäische Kommission ihre Abschlussbewertung nämlich bereits getroffen haben.