Elektronische Stimme und Briefwahl erneut auf der Agenda des Bukarester Parlaments
Tausende Rumänen haben bei der jüngsten Präsidentschaftswahl von ihrem Wahlrecht nicht Gebrauch machen können. Grund war das Debakel bei den Wahllokalen im Ausland. Das Parlament greift infolgedessen erneut das Thema elektronische Stimme und Briefwahl auf
Bogdan Matei, 20.11.2014, 17:00
Die Zahl der rumänischen Bürger im Ausland liegt laut der jüngsten Einschätzung der Bukarester Behörden bei 3,2 Millionen. Egal ob sie Mitglieder einer historischen Gemeinde aus den Nachbarländern Rumäniens oder der in Westeuropa oder Nordamerika lebenden Diaspora sind, genießen sie dieselben Rechte wie ihre in Rumänien lebenden Mitbürger. Eines dieser Rechte ist ihre Stimme bei Präsidentschafts-und Parlamentswahlen abzugeben.
Die Bukarester Behörden haben sich dennoch bei der jüngsten Präsidentschaftswahl als nicht bereit erwiesen, für die rumänischen Bürger außerhalb der Landesgrenzen die erforderlichen Bedingungen zur Ausübung eines Grundrechtes wie die Stimmabgabe zu schaffen. Bei den vorausgegangenen Wahlen lag der Wählerstrom im Durchschnitt bei rund einhundert Tausend Menschen. Die bei Botschaften, Konsularabteilungen und Rumänischen Kulturinstituten im Ausland eingerichteten Wahllokale waren auch bei der Präsidentschaftswahl am 2. und 16. November für ähnliche Bedingungen vorbereitet.
Alles wurde aber zu einem Debakel. Knapp 160.000 Wähler sind bei der ersten Wahlrunde am 2. November und ca 380.000 bei der Stichwahl am 16. November im Ausland zu den Urnen gegangen. Das Wahlverfahren lief sowohl am 2. als auch am 16. November nach demselben Szenario: kilometerlange Warteschlangen und nach stundenlangem Warten in der Kälte haben tausende Wahlberechtigte von ihrem Wahlrecht dennoch nicht Gebrauch machen können.
Sowohl nach der ersten, als auch nach der zweiten Wahlrunde haben Außenminister Titus Corlăţean bzw Teodor Meleşcanu ihren Rücktritt bekannt gegeben. Beide erklärten auch dass es gesetzlich nicht möglich gewesen sei, die Anzahl der Wahllokale im Ausland zu erhöhen – eine solche Maßnahme hätte dazu führen können, dass das Ergebnis der Wahl gerichtlich anfechtbar gewesen wäre.
Jahrelang haben die Bukarester Behörden über die Einführung der elektronischen Stimme oder der Briefwahl als Möglichkeit, das Wahlverfahren im Ausland zu erleichtern diskutiert und dennoch die Maßnahme nicht getroffen. Nach dem letzten Debakel bei den Wahllokalen im Ausland griff das Bukarester Parlament erneut das Thema auf. In der Abgeordnetenkammer brachte der Diaspora-Abgeordnete Eugen Tomac aus der oppositionellen präsidentennahen Volksbewegung PMP den Gesetzentwurf zur Briefwahl ein.
Tomac erläutert: “Am Sonntag habe ich sechs Stunden in der Schlange gewartet um von meinem Grundrecht in Chişinău Gebrauch machen zu können. Vor einem Jahr hatte ich einen Gesetzentwurf zur Einführung der Briefwahl vorgeschlagen. Das Außen- sowie das Innenministerium haben ihren Beitrag zu diesem Gesetzentwurf gebracht, wir hatten vorher auch mit dem Permanenten Wahlausschuss darüber beraten. Duch die Organisierung der Präsidentschaftswahl in diesem Jahr hat die Regierung die im Ausland lebenden Rumänen geringgeschätzt.”
Der Vorsitzende der Abgeordnetenkammer aus der regierenden sozialdemokratischen Union Valeriu Zgonea erklärte hingegen, der Gesetzentwurf benötige wesentliche Verbesserungen und müsse von Sonderausschüssen des Parlaments noch besprochen werden: “Es handelt sich um einen Gesetzentwurf, der gegen das Gesetz über das Wahlverfahren verstoß. Der Gesetzentwurf liefert keine Informationen die das Verfasungsgericht als unentbehrlich betrachtet: wer trägt die Verantwortung, welche sind die finanziellen Auswirkungen. Zudem kann er einen wesentlichen Aspekt nicht garantieren: die Sicherheit bei der Wahl.” In der kommenden Woche soll ein Sonderausschuss für die Wahl der Abgebordneten und Senatoren über den Gesetzentwurf diskutieren, fügte Zgonea hinzu.