In Bukarest sind Rumänen und Moldauer für Bessarabien auf die Straße gegangen
Tausende Rumänen sind am Sonntag in Bukarest auf die Straße gegangen, um ihre Solidarität mit der benachbarten Republik Moldau zum Ausdruck zu bringen. Ende November müssen die moldauischen Wähler eine für ihre Zukunft sehr wichtige Entscheidung treffen.
Bogdan Matei, 13.10.2014, 14:41
Auch wenn die gesamte rumänische Öffentlichkeit under dem Druck des Wahlkampfs vor der Präsidentschaftswahl am 2. November brodelt, wurde doch am Sonntag die Bukarester Stadtmitte zum Raum der Einheit. Einige Stunden lang ließen viele Rumänen die politischen Querellen beiseite und konzentrierten sich auf ein Ziel, das über alle politischen Parteien hinaus geht: die Solidarität mit der Republik Moldau. Über 10.000 Menschen marschierten auf den Straßen der rumänischen Hauptstadt, um ihre Unterstützung für die EU-Bestrebungen des Nachbarlandes zum Ausdruck zu bringen. Studenten und Rentner, Hochschulprofessoren und Arbeiter, Bürger, die mit links- oder rechtsgerichteten Parteien sympathisieren, Bukarester und Leute, die speziell für diese Aktion aus Chisinau angereist waren, alle Demonstranten teilten eine gemeinsame Meinung: Im heutigen politischen Kontext sei die Vereinigung der zwei Länder die einzige Lösung, damit die Republik Moldau nicht zum Opfer der russischen Agression wie die Ukraine wird.
Es war die 3. Auflage des Marsches für Bessarabien. Diese Solidaritätsaktion wurde 2012 ins Leben gerufen, anläßlich des 200. Jahrestages seit der Annektierung der rumänischen Provinz Bessarabien durch das damalige tsaristische Russland. In einem Teil des historischen Bessarabiens, das sich nach dem Ersten Weltkrieg mit Rumänien vereinigte, und 1940 von der Sowjetunion wieder getrennt und annektiert wurde, entstand die jetzige Republik Mokldau, die nach dem Scheitern des pro-bolschewistischen Moskauer Putschs von August 1991 ihre Unabhängigkeit erklärte.
Bessarabien ist Rumänien“ skandierten die zahlreichen Demonstranten beim Solidaritätsmarsch am Sonntag, und die jüngsten soziologischen Studien bestätigen, dass ein Großteil der rumänischen Bevölkerung diese Meinung teilt. Die Prozentzahl der rumänischen Bürger, die sich für die Vereinigung Bessarabiens mit Rumänien erklärten, war schon immer sehr hoch — zwischen 70 und 90 Prozent. Auch wenn sie etwas zurückhaltender waren, scheinen sich die Bessarabier inzwischen von den antirumänischen Vorurteilen befreit zu haben, die ihnen die sowjetische Propaganda während der 50 Jahre langen Besatzung eingeflößt hatte.
Laut Meinungsumfragen vom letzten Jahr begrüßen 52% der Bessarabier die Idee einer Vereinigung mit Rumänien. Keiner macht sich aber Illusionen, dass diese Vereinigung schon morgen stattfinden könnte. Die Rumänen auf den zwei Ufern des Pruts (diese Redewendung ist bei Politikern sehr beliebt) werden höchstwahrscheinlich im Rahmen der Europäischen Union zueinanderfinden. Die entschlossen westorientierte Dreiparteien-Regierungskoalition in Chisinau hat in den letzten 5 Jahren tiefgehende, manchmal sogar schmerzliche Reformen durchgeführt, die im Sommer von der Europäischen Union mit Assoziierungs- und Freihandelsabkommen belohnt wurden.
In nur anderthalb Monaten, am 30. November, werden in der Republik Moldau Parlamentswahlen stattfinden, deren Einsatz nicht nur politisch, sondern auch geopolitisch ist. Die in den Meinungsumfragen als Favoritin geltende, moskauorientierte kommunistische Partei lechzt nach Revanche, nachdem sie 2009 die Macht verloren hat. Im Falle eines Wahlsieges werde sie dafür sorgen, dass in der Republik Moldau die Weichen umgestellt werden — man werde Bukarest und der EU den Rücken kehren und sich wieder in Richtung Russland orientieren, erklärte die Partei der Kommunisten der Republik Moldau.