Schloss Bethlen-Haller in Kokelburg: Bewegte Geschichte
Wir laden Sie heute zu einem Ausflug in das Herz Siebenbürgens ein. Unser Reiseziel ist diesmal die Gemeinde Cetatea de Baltă (dt. Kokelburg). Die Hauptattraktion vor Ort ist das Schloss Bethlen-Haller.
Ana-Maria Cononovici, 12.12.2018, 17:45
Cetatea de Baltă wurde 1177 erstmals unter der Bezeichnung Villa Cuculiensis Castri“ in päpstlichen Listen erwähnt. Die dortige Festung war Verwaltungssitz des Komitats Kokelburg im Großfürstentum Siebenbürgen, das 1876 in die Komitate Groß-Kokelburg und Klein-Kokelburg aufgeteilt wurde. Es ist eine Reise zurück in die Vergangenheit. Denn hier können Sie die Ruinen eines römischen Militärlagers aus dem 2.Jahrundert n. Chr. besichtigen. Die Ruinen liegen in einer Sumpflandschaft.
In der Innenstadt, neben dem Rathaus, befindet sich ein Denkmal, gewidmet den rumänischen Soldaten, die ihr Leben im ersten Weltkrieg verloren. Das kreuzförmige Denkmal wurde 1935 errichtet. Das drei Meter hohe Kreuz wurde auf einen Treppenabsatz gestellt. Ein Schild weist auf die Bedeutung des Denkmals hin.
In der Ortschaft leben schon seit Jahrhunderten Rumänen, Ungarn und Roma zusammen. Hier kann u.a. die Evangelisch-Lutherische Kirche, eine ehemalige katholische Kirche, an welcher romanische und gotische Kunst noch zu sehen sind, besichtigt werden. Mit den um 1060 erbauten zwei Türmen hielt sie dem Einfall der Mongolen von 1241 stand. Ein größeres Bild eines Tatarenkopfes ist in der Kirche noch erhalten. Eine weitere Sehenswürdigkeit vor Ort ist die rumänische griechisch-katholische Heilige Dreifaltigkeitskirche, eingeweiht am 27. Dezember 2009.
Die größte Attraktion in der Region ist allerdings das Bethlen-Haller-Schloss. Das Schloss liegt auf einem Hügel. Es wurde im französischen Renaissance-Stil des 17. Jahrhunderts (1615–1624) erbaut. Der Bauplan sah eine rechteckige Konstruktion vor. Die runden Türme an den vier Ecken hatten aber keine Verteidigungsfunktion. Das Schloss ist eine Nachstellung des Schlosses Chambord in Frankreich, allerdings im Kleinformat. Die Intendantin des Schlosses, Irina Incze, lieferte uns mehr Einzelheiten zum Schloss:
Das Schloss wurde 1560 als Jagdschloss gebaut. Es hatte überhaupt keine Verteidigungsrolle. Viele verwechseln das Schloss in Kokelburg mit der Burg, die es vor Ort gibt und die in den Geschichtsbüchern erwähnt wird. Die Burg lag irgendwo am Ufer der Kokel. Das Schloss wurde viel später errichtet, nach der Vorlage eines ähnlichen Schlosses am Ufer der Loire, allerdings in einem kleineren Format. Ursprünglich gab es lediglich die Mauer und die vier Türme an den Ecken. Erst später, um 1780, zu Zeiten des Großgrundbesitzers Haller, wurde das Schloss um das Giebeldreieck erweitert. Das Schloss wurde im Auftrag des siebenbürgischen Kanzlers Miklós Bethlen gebaut. Im Laufe der Zeit wurde das Aussehen der Burg von ihren Besitzern mehrfach verändert. Durch eine Heirat der Familien Bethlen und Haller entstand der Name des Schlosses: Bethlen-Haller. Das Schloss war im Laufe der Zeit im Besitztum von weiteren 45 adligen Familien. Es verzeichnete eine besonders abenteuerliche Entwicklung — das Schloss wurde im Laufe der Zeit verschenkt, geerbt, beim Kartenspielen verloren. Auch die Familie des Grafen Haller gewann das Schloss im Jahr 1780 bei einem Kartenspiel.“
Im Kommunismus diente das Schloss als Sitz eines staatlichen landwirtschaftlichen Produktionsbetriebs. Sein Zustand verschlechterte sich konstant. Irina Incze, die seit mehr als 35 Jahren im Schloss arbeitet, bestätigte uns diese Information. Und fügte noch hinzu:
Nach der Wende gelangte das Schloss in privater Hand. Zwischen 2000 und 2003 wurde es zum Teil saniert. Der Keller, das Erdgeschoss und der zweite Stock wurden renoviert. Der Sanierungsplan ist sehr ambitioniert — es sollen sogar die Türen sowie der Fußbodenbelag und die Fenster ersetzt werden. Wir empfangen derzeit nur die Touristengruppen, die unsere Weine kennenlernen möchten.“
Das Schloss liegt inmitten eines schönen Parks. Hinter dem Schloss ist ein Bauernhof, zu dem die Besucher künftig ebenfalls Zugang haben sollen. 18 Pferde werden hier gehalten und sollen den Touristen zur Verfügung stehen.
Die Innenräume sind geschmacksvoll eingerichtet. Zwei Ritter in schimmernder Rüstung empfangen die Gäste am Eingang. Schwerte, Lanzen und Schutzschilder erinnern an die ehemaligen Ritterzeiten. Ein Raum mit Jagdtrophäen weist auf vergangene Beschäftigungen hin. Der Zusammenhang mit der Weinproduktion wird durch die Wandmalereien, die den römischen Gott Bacchus abbilden, betont. Weinreben und königliche Mahlzeiten vervollständigen das Bild. Die Besucher können durch ein Fenster den ursprünglichen Boden erblicken. Auch die hölzerne Treppe, die in den Keller führt, ist im Original erhalten geblieben. Aussteuertruhen, bemalte Bänke, verschiedene andere Möbelstücke und Haushaltsgegenstände lassen die Stimmung von einst wieder aufleben.