Wassim Zardi aus Syrien: „Familie ist das Wichtigste im Leben“
Wassim Zardi stammt aus Syrien und kam ursprünglich wegen einer medizinischen Behandlung nach Rumänien. Als Leistungssportler verletzte er sich 2007 am Knie und sollte operiert werden. Doch die Operation fand nie statt – stattdessen blieb er in Rumänien. Heute betreibt er ein libanesisches Restaurant in der südwestrumänischen Stadt Craiova, ist verheiratet und bald Vater einer Tochter.

Hildegard Ignătescu und Sorin Georgescu, 24.04.2025, 17:30
Wassim Zardi erzählt zunächst, wie seine Übersiedlung nach Rumänien ihren Anfang nahm:
„Ich war schon als Kind Leistungsschwimmer, bis ich mich verletzte und eine Knieoperation brauchte. Ein Arzt in Syrien empfahl mir einen Chirurgen in Craiova. Zufällig war mein Vater gerade in Rumänien – dadurch war es einfacher, dorthin zu reisen. Ich kam für die Operation, aber da es in Craiova keine olympischen Schwimmbäder gab, meinte der Arzt, ich könnte auch ohne OP ein normales Leben führen, wenn ich mit dem Sport aufhöre. Also verzichtete ich auf den Eingriff. Eigentlich hätte ich dann zurück nach Hause gemusst, weil ich noch zur Schule ging. Aber ich sagte mir: ‚Warum sollte ich zurückgehen?‘ Ich hätte die elfte Klasse von vorn beginnen müssen. Ich entschied: Ich bleibe hier, mache mir hier eine Zukunft.“
Sein Vater unterstützte seine Entscheidung, also blieb Wassim Zardi hier, machte sein Abi und studierte anschließend.
„Mein Vater hatte Geschäfte in Rumänien aufgebaut und sagte mir: ‚Triff deine Entscheidung – wenn du hier bleiben willst, bleib einfach; wenn du zurück willst, kannst du zurück.‘ Ich blieb also, machte mein Abitur und schrieb mich zunächst für Zahnmedizin ein. Nach drei Jahren merkte ich, dass es nicht das Richtige für mich war. Also wechselte ich zur Physiotherapie und schloss mein Studium an der Sportfakultät in Craiova ab.“
Doch wie kam er zur Gastronomie?
„Irgendwann begann ich zu kochen. Es machte mir große Freude und beruhigte mich. Ich lud Freunde ein, ließ sie meine Gerichte probieren – vor allem traditionelle Speisen aus meiner Heimat. Das Heimweh spielte sicher auch eine Rolle. In Craiova gab es damals kaum Restaurants mit orientalischem Essen. Ich rief meine Tanten und meine Mutter an, um Rezepte von ihnen zu erfahren. Mit der Zeit konnte ich die Rezepte selbst verfeinern. Ich wollte meine Leidenschaft zum Beruf machen – und eröffnete mein erstes Restaurant. Warum ein libanesisches, obwohl ich Syrer bin? In Europa kennt man diese Küche einfach besser. Libanon und Syrien sind Nachbarn und – wie in Moldawien und Rumänien – die Küche ist in beiden Ländern fast identisch. Und das Restaurant wurde zu einem Renner in der Stadt.“
Als Wassim nach Rumänien kam, befand sich das Land im Wandel. Wie wurde er aufgenommen und was hat sich seitdem verändert?
„In Rumänien mochte ich vor allem die Menschen und die Art und Weise, wie ich hier aufgenommen wurde. Diese freundliche, herzliche Art – ich wurde so offen empfangen, das kannte ich von zu Hause gar nicht. Dort behandelten wir zwar Ausländer sehr gut, aber untereinander waren wir eher reserviert. Als Fremder fühlte ich mich hier wertgeschätzt und glücklich – dieses Gefühl war einer der Gründe, warum ich geblieben bin. Damals hieß es: ‚Willkommen in Rumänien‘. Heute möchte ich sagen: ‚Danke, dass ich hier sein darf!‘
Als ich 2007 hier ankam, war Rumänien gerade der EU beigetreten. Ich habe die Veränderungen miterlebt – vor allem in der Infrastruktur. Die Stadt hat sich stark entwickelt. Die Gesetze werden heute viel mehr respektiert. Früher musste man für jedes Land ein Visum beantragen – das dauerte Monate. Heute genieße ich die Freizügigkeit. Eine positive Entwicklung.“
Wassim Zardi stammt aus einem einst friedlichen Land, das inzwischen durch Bürgerkrieg in Chaos und Zerstörung gestürzt wurde. Pflegt er noch eine Beziehung zu seiner alten Heimat Syrien?
„Ich weiß nicht, ob es Glück oder Unglück war – als ich 2007 Syrien verließ, war das Land noch friedlich. Der Krieg begann erst 2011. Ich habe die schlimmen Zeiten nicht miterlebt, aber viele meiner Freunde – manche sind gestorben, andere geflohen. Von meinem alten Kumpelskreis ist kaum jemand übrig, nur noch ein oder zwei Freunde leben noch dort.
Erst vor einigen Monaten ist der Diktator Assad geflohen. Ich war überwältigt – ein gemischtes Gefühl von Freude, Angst und Sorge. Ich hoffe, dass es besser wird, aber es wird noch lange dauern, bis das Land sich erholt. Seit 2009 war ich nicht mehr dort – und ehrlich gesagt, habe ich Angst, dorthinzureisen. Ich möchte die schönen Erinnerungen nicht zerstören. Jetzt, wo ich eine Tochter erwarte, möchte ich ihr nur die schönen Dinge über meine Heimat und meinen Geburtsort erzählen.“
Zum Schluss fragten wie Wassim Zardi, ob er noch traditionelle syrische Feiertage und Bräuche einhält.
„Ich bin gut integriert in der rumänischen Gesellschaft. Wir feiern Weihnachten und Ostern, aber auch unsere eigenen religiösen Feste. Es ist schön, beides zu erleben – man ist Fremder und doch Zuhause. Ich bin ein glücklicher Mensch. Ich habe eine Familie, die Gott mir gegeben hat, oder eine, die ich mir mit seiner Hilfe selbst ausgesucht habe. Und ich freue mich besonders auf unsere Tochter, die bald auf die Welt kommt. Familie ist das Wichtigste im Leben.“