Talia Delgado aus Spanien: Rumänen knüpfen schnell Kontakte
Die freie Journalistin und Trainerin lebt seit nun schon 13 Jahren im Land.
Roxana Vasile, 29.01.2016, 18:59
Zum ersten Mal kam Talia Delgado 1998 nach Rumänien. Fünf Jahre später entschloss sie sich, endgültig umzusiedeln. Als Freelancerin hatte sie eine ausgezeichnete Gelegenheit, bei ihren Recherchen Land und Leute im Detail kennenzulernen. Und als zivilgesellschaftlich engagierte Frau konnte sie hautnah erleben, was gut oder weniger gut oder auch gar nicht in der rumänischen Gesellschaft funktioniert, und auch versuchen, etwas zu bewegen. Das Insiderwissen hilft ihr, Medien aus Spanien, Belgien, Ägypten oder Australien eine tiefere Einsicht in die rumänische Welt zu geben.
Aus Rumänien wollten sie besonders über den gesellschaftlichen Wandel in der Transformation nach dem Kommunismus erfahren — ich berichtete also über Kinder, alte Menschen, über Auswanderer. Auch über die Situation am rumänischen Arbeitsmarkt nach der Auswanderung so vieler Fachkräfte … Heute erzähle ich über positive Veränderungen. Denn es wurden nicht nur neue Shopping Malls gebaut, die ins Auge stechen. Auch die Mentalität verändert sich. Die Menschen werden sich der Macht bewusst, die der Bürger über die Politik hat. Politiker haben bisher eine (gelinde gesagt) nicht besonders gute Führungsleistung geliefert. Die Bürger haben gelernt, Basta! zu sagen. Am Anfang bemerkte ich sehr viele Missstände und sagte mir, dass es unmöglich ist, dass keiner dagegen protestiert. Seit 2011 ist die Stimme der Straße stärker geworden, es wird viel mehr demonstriert.“
Nachdem sie zwei Jahre in Suceava im Nordostzipfel Rumäniens als Freiwillige arbeitete, zog Talia Delgado nach Bukarest. Hier gründete sie mit EU-Fördermittel einen Verein, der sich mit Medienarbeit und Multikulturalität auseinandersetzt. Dabei gab sie eine Onlinezeitschrift für junge Leser heraus, die mit drei Preisen gewürdigt wurde — einem europäischen, einem amerikanischen und einem rumänischen. Am meisten habe ich mich über den Preis aus Rumänien gefreut — denn es ist eine außergewöhnliche Erfahrung, von einem fremden Land für ein Produkt in einer Fremdsprache gelobt zu werden“, erinnert sich Talia Delgado.
Heute arbeitet sie auch als Trainerin für Kommunikation und interkulturelle Ansätze — ihre Kunden sind rumänische Unternehmen, die den spanischen oder südamerikanischen Markt bedienen und die dortigen Hintergründe verstehen wollen. Und für die spanischen Expatriats, die in immer größerer Zahl in Rumänien leben und arbeiten wollen, hat Talia Delgado das Internetportal hispatriados.com gegründet.
Wir geben diesen Menschen in erster Linie den Rat, sich unter Rumänen zu mischen. Expats denken tendenziell, dass es für zwei Jahre hier keinen Sinn macht, sich anzustrengen, und suchen deshalb den Kontakt zu anderen Spanischsprachigen. Aber so können sie ein Land nicht verstehen. Wenn man sich wünscht, dass ein anderes Land wie das eigene ist, dann bleibt man lieber zuhause. Der Charme der Sache ist, mit den Leuten zu reden und etwas zu lernen. In Rumänien ist es ja auch leicht, zu sozialisieren. Die Menschen sind offen gegenüber Fremden — sie sind gerne bereit, zu feiern, Ratschläge zu geben und zu helfen. Ich rate den Expats also, über den äußeren Schein zu blicken und sich nicht von dem Bild beeinflussen zu lassen, das unsere Medien über Rumänien zeichnen. Sie sollten versuchen, sich unvoreingenommen ein eigenes Bild zu machen. Geht man von negativen Erwartungen aus, hat man in der Regel auch eine negative Erfahrung. Wenn man dann Schritt für Schritt die Menschen kennt, ihre Sprache lernt, versteht man auch ihre Wertvorstellungen, ihre Kultur und ihre Traditionen besser.“
Und Talia Delgado weiß, wovon sie spricht — denn ihr Rumänisch ist einwandfrei.