Michał Wasiucionek aus Polen: „Bukarest hat einen südländischen Charme“
Der Historiker Michał Wasiucionek arbeitet in Bukarest beim New Europe College und dem Gesichtsinstitut Nicolae Iorga. Der Pole hat in Florenz ein Doktoratsstudium zur Geschichte der Walachei abgeschlossen.
Hildegard Ignătescu, 21.07.2020, 18:00
Michał Wasiucionek ist Historiker und lebt in Rumänien seit einigen Jahren. Er wurde in Warschau geboren und dort hat er auch seine Studien abgeschlossen. 2006 hat er Rumänien mit einigen Freunden zum ersten Mal besucht, damals hat er das ganze Land bereist und sich in Rumänien verliebt. Später hat er sich um ein Erasmus-Stipendium an der Universität Bukarest beworben und ein Doktorat in Florenz über die Geschichte der Walachei und die Beziehung dieser historischen Provinz des heutigen Rumäniens zum Osmanischen Reich abgeschlossen. 2015 ist er für seine Recherche zurück nach Rumänien gekommen. Rumänisch hat er schnell gelernt, die rumänische Sprache bezeichnet unser Gesprächspartner als eine seiner Leidenschaften.
Michał war unser Gast in der Rubrik Neue Heimat, neues Leben“ auch im Jahr 2018, jetzt erfahren wir von ihm was er in den letzten zwei Jahren gemacht hat und wie er die Isolation in seiner Wahlheimat verbrachte:
Die letzten zwei Jahre waren für mich eher eine Zeit der Kontinuität, es war die Zeit, in der ich mich in Bukarest eingewurzelt habe, ich arbeite sowohl beim Institut für Fortgeschrittene Studien »New Europe College« als auch beim Geschichtsinstitut »Nicolae Iorga« in Bukarest. Ich habe mich hier wirklich eingelebt. Ich setze meine Recherche zum Thema Beziehungen der Walachei zum Osmanischen Reich und ihre Auswirkungen auf die Geschichte Rumäniens fort. Wie ich ‚das Ende der Welt‘ verbracht habe? Das war eine äußerst interessante Erfahrung. Ich musste für meine Recherche viel unterwegs sein und beim Ausbruch der Pandemie war ich in der Türkei. Es war eine komplizierte Zeit, was die Bewertung verschiedener Alternativen angeht, und ich beschloß, so schnell wie möglich nach Rumänien zurückzukehren, damit ich nicht gezwungen werde, im Ausland zu bleiben. Ehrlich gesagt, hätte ich mehr lesen sollen, ich hätte Bücher lesen sollen, die ich schon lange lesen wollte, hatte aber keine Zeit dafür. Den Nachrichtenkonsum habe ich zudem deutlich reduziert. Ich habe Nachrichten nur in einem klar begrenzten Zeitraum verfolgt, denn ich fand alles überwältigend und wollte nicht in Panik geraten.“
Im letzten Jahr des Doktoratsstudiums musste Michał zwischen Bukarest und Florenz wählen, er hat sich für die rumänische Hauptstadt entschieden. Er hat sich in Bukarest schnell eingelebt und sich ein neues Leben aufgebaut. Dieses Jahr hat er wegen der Coronavirus-Pandemie seine Familie in Polen noch nicht besucht. Michał ist glücklich in Rumänien und möchte hier langrifistig bleiben, sagt er:
Ich habe mir hier ein neues Leben aufgebaut und habe derzeit keinen Plan, Rumänien zu verlassen. Meine Eltern hatten am Anfang meiner Entscheidung nicht zugestimmt, aber nach ihrem ersten Besuch hier sagten sie, sie verstehen warum ich mich für Rumänien entschieden habe. Sie hätten erwartet, dass ich nach meinem Doktoratsstudium in Rom oder Florenz bleibe. Was ich hier besonders mag, ist in erster Linie, dass die Menschen warmherzig und nett sind, dass ich hier eine lockere Atmosphäre und eine positive Energie gefunden habe. Rumänien und Bukarest haben mir immer gefallen, sie strahlen einen besonderen Charme aus, einen südländischen Charme, den man nicht vom ersten Augenblick an bemerkt. Trotz der Probleme, mit denen sich das Land konfrontiert, hat dieser Ort eine positive Energie.“