Laurent Jouault – ein Franzose im Land der Kontraste
Er tauschte eine Traumlandschaft in Frankreich gegen eine ebenso schöne Gegend in Rumänien. Der Kulturarbeiter und Fotograf betreibt eine eigene Werkstatt und ein Museum und erkundet Rumänien gerne auf eigener Faust.
Roxana Vasile, 15.01.2016, 17:36
Er tauschte eine Traumlandschaft in Frankreich gegen eine ebenso schöne Gegend in Rumänien. Früher wohnte er am Mont Saint Michel (in der Normandie), jetzt lebt er in Moeciu de Sus in den Südkarpaten, zwischen dem Königsstein und dem Bucegi-Gebirge. Laurent Jouault zog vor acht Jahren zu seiner heutigen Frau, einer gebürtigen Rumänin.
So führt dich das Leben… das Schicksal. Es wollte, dass ich eines Tages meinen Arbeitsplatz in Frankreich aufgab und nach Rumänien zog. Ich war zum ersten Mal 1997 hier. Ich bin anschließend regelmäßig hin und her gependelt, um mich schließlich endgültig hier nieder zu lassen. In meiner Heimat leitete ich ein Jugendheim. Ich war als Sozial- und Kulturarbeiter mit Kindern und Jugendlichen beschäftigt. Ich plante diverse Tätigkeiten, Ausflüge, kurzum: auf sie zugeschnittene Projekte. So kam es auch zu meiner ersten Rumänien-Reise: Es war ein Erfahrungsaustausch zwischen französischen und rumänischen Jugendlichen. Nachdem ich nach Moeciu übergesiedelt war, übte ich dieselbe Tätigkeit wie in Frankreich aus. Dort leitete ich unter anderem einschließlich eine Fotowerkstatt, also habe ich genau das weitergemacht, was ich am besten konnte: Ich bin Fotograf.“
Der Franzose aus Moeciu de Sus hat inmitten der Karpaten-Idylle die ehemalige Schreinerwerkstatt des Großvaters seiner Ehefrau umgewandelt. Hier ließ er eine Art Museum oder Galerie einrichten, in der die Geschichte der Fotografie und insbesondere der Filmfotografie entdeckt werden kann. Das Ganze nannte Jouault Die Bilderhütte“. Dafür gibt es einen besonderen Eintrag auf seinem Blog, am 16. Juli 2011: An diesem Tag kamen Freunde und Nachbarn aus Moeciu, der Nachbarstadt Râşnov, aber auch aus der Normandie, um der offiziellen Einweihung der Hütte beizuwohnen. Einen Ausstellungsraum in einem abgelegenen Dorf am Fuße der Karpaten zu eröffnen, mag sich als verrücktes Unterfangen angehört haben, erzählt der Franzose. Und dennoch:
Es ist ein Raum für das Publikum, es ist eine Ausstellung und ein Museum der alten Fototechnik zugleich. Da ich mit dieser Technik noch arbeite, stelle ich hier meine Arbeiten aus. Zum Glück wohne ich in einem durchaus touristischen Dorf, das heißt, es kommen regelmäßig Leute an den Wochenenden hierher. Dank der Bilderhütte lerne ich also viele Menschen kennen. Im Dorf selbst ist mein Museum zu einer Art Sehenswürdigkeit geworden, sowohl für Einheimische als auch für Touristen. Und das war auch meine ursprüngliche Absicht: Ich wollte eine Begegnungsstätte schaffen, ein Ort der Entdeckungen, der Offenheit gegenüber der Außenwelt, an dem ich hin und wieder Arbeiten anderer Künstler ausstellen oder mich mit ihnen über die alte Fototechnik austauschen kann.“
Wenn man im Ausland lebt, fühlt man sich irgendwie doch fremd im Adoptionsland, egal wie gut die Integration geklappt hat. Laurent Jouault hat allerdings eine in Moeciu geborene Ehefrau, die ihm die Anpassung leicht gemacht hat.
Die Einweihung der Bilderhütte hat mir ermöglicht, viele der Dorfbewohner kennenzulernen, so konnte ich viele Freundschaften schließen. Außerdem bin ich nicht der einzige Ausländer in Moeciu, hier leben noch ein Spanier und eine Deutsche, also gibt es schon einige Zugezogene hier. Sicher, es ist schwer, weit weg von der Heimat zu leben. Es gibt Momente, in denen man weg möchte, auch wenn es nur für einen Abend, ein Wochenende oder eine ganze Woche sein sollte. Sonst komme ich sehr gut mit der rumänischen Sprache aus, auch wenn ich Fehler mache, bekomme ich Komplimente von den Besuchern, die so tun, als ob sie überrascht wären, dass ich kein Rumäne bin.“
Moeciu ist für viele Rumänen der klassische Urlaubsort, in dem man Spaß haben und sich erholen kann. Die Umgebung, die frische, ozonreiche Luft, die spannenden Wanderwege in den umliegenden Bergen, die Reiseziele, aber auch die kleinen Siedlungen an den steilen Hängen machen die Gegend zu einem Stückchen rumänischen Paradies. Hier zu wohnen, ist eine Gelegenheit an sich. Jouault hat sich allerdings nicht auf die Region beschränkt, in der er seit acht Jahren wohnt. Er hat auch andere Regionen in Rumänien besucht — die Maramuresch im Norden, die Bukowina im Nordosten oder das Donaudelta im Südosten. Für ihn sei es eine gute Möglichkeit gewesen, sein Fotomaterial aufzustocken und sich auch ein gedankliches Rumänien-Bild zu schaffen.
Es ist eines voller Kontraste, das zeichnet Rumänien in meinen Augen am besten aus. Es ist der Kontrast zwischen den Verkehrsteilnehmern in Geländewagen mit Allrandantrieb und denen auf den Pferdewagen… Der Kontrast zwischen den Menschen, die Handys der neuesten Generation haben, und denjenigen, denen es ziemlich schlecht geht… Es herrscht eine Art Dynamik, aber auch eine Ungewissheit über den morgigen Tag.“
Für Laurent Jouault ist die Fotografie ein Synonym für Begegnung. Ergänzend könnte man sagen, dass es die Begegnung zwischen einem Franzosen und seinem Adoptionsland Rumänien ist. Ein Land, das er nicht mittels der von Medien verbreiteten Klischees, sondern durch die Linse seines Fotoapparates stets neu entdeckt.