Kristina Piškur aus Slowenien: „Rumänien braucht stärkere Zivilgesellschaft“
Die studierte Politikwissenschaftlerin versucht als freiwillige Jugendarbeiterin, den Kindern und Jugendlichen kritisches Denken und soziales Engagement beizubringen.
Luana Pleşea, 08.01.2018, 18:00
Kristina Piškur hat in rumänischen Krankenhäusern und Sozialzentren als Freiwillige gearbeitet. Laut dem ursprünglichen Plan sollte sie ein Jahr in Rumänien bleiben. Das war vor zwei Jahren, derzeit arbeitet sie als Projektkoordinatorin von Jugendarbeit beim Verband Curba de Cultură“ im mittelrumänischen Landkreis Prahova. Die 28-jährige ist studierte Politikwissenschaftlerin. Sie wurde in Ljubljana geboren. Als sie nach Bukarest kam, wusste sie nicht viel über Rumänien:
Im September 2015 kam ich für ein Projekt einer Nichtregierungsorganisation im Bereich der klinischen Animation und Jugendarbeit nach Bukarest. In Bukarest habe ich in einer WG mit anderen Freiwilligen zusammengelebt. Wir bildeten ein internationales Team. Ich habe aus diesem Anlass zahlreiche Rumänen kennengelernt, die mich bei der Jugendarbeit inspiriert haben. Somit konnte ich verstehen, was Youth Work bedeutet, und wollte so viel wie möglich lernen. Als ich die Chance gekriegt habe, aufs Land zu ziehen, habe ich gar nicht gezögert, denn es gefällt mir sehr hier im Dorf Izvoarele, wo ich jetzt wohne. Ich habe mich hier sehr schnell integriert, fühle mich jeden Tag willkommen und deswegen bin ich hier geblieben. Am Anfang war ich sehr neugierig zu wissen, ob ich mich in eine völlig neue Gemeinde integrieren kann.“
Nach zweieinhalb Jahren in Rumänien möchte Kristina Piškur ihren Aufenthalt verlängern. Sie ist fest davon überzeugt, dass jede Änderung in einer Gesellschaft auf lokaler Ebene beginnt, darum versucht sie als Jugendarbeiterin den Kindern und Jugendlichen das kritische Denken und das soziale Engagement beizubringen:
Ich liebe so viele Sachen hier in Rumänien und ich weiß, dass ich hier noch einiges zu tun habe. Wie ich feststellen konnte, gib es unzählige Ähnlichkeiten zwischen Rumänien und Slowenien. Hier spüre ich dieselben Gefühle wie in meiner Kindheit in Slowenien. Wie gesagt glaube ich, dass man noch so vieles in Rumänien machen kann, und ich kann es nicht ertragen, wenn so viele Rumänen sagen, dass man in ihrem Land nichts mehr machen kann, dass alles verloren sei. Das bedeutet, dass Rumänien eine stärkere Zivilgesellschaft braucht. Eine wichtige Rolle spielt aus dieser Sicht die Jugendarbeit. Die Zivilgesellschaft kommt durch Bildung und direktes Handeln zustande.“
Was sich der Verband Curba de Cultură“ zum Ziel setzt, ist, den ländlichen Raum lebensfähig zu machen. Durch seine Projekte versucht der Verband die Schwierigkeiten zu verringern, mit denen sich die Jugendlichen im ländlichen Raum konfrontieren. Eine wesentliche Rolle kommt dabei dem Zugang zur Bildung zu. Nicht zuletzt setzten sich die Freiwilligen zum Ziel, den Kindern und Jugendlichen im ländlichen Raum mehrere Chancen auf eine bessere Zukunft und ein besseres Leben in ihrem Heimatort zu geben. Kristina Piškur gibt uns Einzelheiten über die Projekte des Verbands:
Hier im ländlichen Raum arbeiten wir mit neun europäischen Freiwilligen zusammen, deren Tätigkeit sich um die nicht-formale Bildung dreht. Sie machen bei Englisch- und Französischunterricht als Muttersprachler mit. Das ändert wesentlich die Dynamik der Unterrichtsstunden, aber das ist nicht der einzige Vorteil, denn in dieser geschlossenen Gemeinde öffnet dieser Unterricht den Geist der Jugendlichen. So zum Beispiel lernen sie zum ersten Mal einen Veganer aus Italien kennen und so finden sie heraus, was das bedeutet und warum er kein Fleisch und keine Milchprodukte isst. Es handelt sich eigentlich um interkulturelle Beziehungen, die wir fördern. Darüber hinaus hoffe ich, dass wir am Jahresanfang, im Januar oder Februar, ein neues Projekt anstoßen, das Jugendliche und Entscheidungsträger, also Mitglieder des Lokalrates aus dieser Gemeinde zusammenbringt, damit sie einen strukturierten Dialog aufbauen. Bei solchen Gesprächen versuchen wir, gemeinsame Interessen zu finden, so zum Beispiel was sich die Jugendlichen wünschen und wie die Lokalverwaltung dabei helfen kann. Die Initiative wird durch das Programm Erasmus+ finanziert und ich hoffe, dass die Gemeinde die positiven Auswirkungen direkt zu spüren bekommen wird. Ich hoffe, dass dieses Programm viele Jugendliche anlockt und dass sie somit verstehen, was es bedeutet, sich mit Entscheidungsträgern im konstanten Dialog zu befinden, Argumente vorzubringen und zusammen Lösungen zu finden, d.h., aktive Bürger zu werden.“