Italienisches Streiflicht im Bukarester Jazz-Universum: Paolo Profeti
Italiener sind – so das allgemeine Stereotyp – für Pizzas und Spaghetti berühmt, aber auch für Opern und O sole mio. Der heute in Bukarest lebende Jazzmusiker Paolo Profeti räumt mit diesen Klischees auf.
Roxana Vasile, 13.03.2015, 16:49
Das Leben gibt den Menschen manchmal Zeichen, und es kommt vor, dass die Menschen diese Zeichen auch wahrnehmen. Auch Paolo Profeti schien eine gewisse unsichtbare Kraft nach Rumänien zu ziehen:
Keine Ahnung, ob das eine Rolle gespielt hat, aber mein bester Freund seit mehr als 25 Jahren ist zur Hälfte Rumäne. Nach Bukarest kam ich zum ersten Mal, als ich 17 Jahre alt war. Italien liegt nicht weit von Rumänien — weder geographisch, noch von meinem eigenen Empfinden her. Ich habe immer eine gewisse Anziehung für Osteuropa gespürt. Als Stadt scheint mir Bukarest sehr interessant und schön zu sein. Ich liebe es, hier zu wohnen. Ich denke, ich habe hier eine Art zuhause gefunden — auf jeden Fall fühle ich mich hier wie zuhause!“
Paolo verliebte sich in eine rumänische Frau und entschloss sich vor etwa zwei Jahren, endgültig nach Bukarest zu ziehen. Hier hat er als Jazzmusiker bereits Erfolg. Er spielt in der Big Band des rumänischen Rundfunks, die gerade ein Superkonzert mit dem weltweit besten Akkordeonspieler Richard Galliano veranstaltet hat. Profetis Gelingen beruht auf einer jahrelangen Leidenschaft für Jazz, erzählt er:
Zu spielen begann ich mit 13, nachdem ich zufällig eine Platte mit John Coltrane und Rashied Ali gehört hatte — das Saxophon schien mir besonders kraftvoll zu sein und es hat mich in seinen Bann geschlagen. Ich habe zwar in Italien auch Agrarwissenschaft studiert, einfach aus Angst, 100 Prozent Musiker zu sein. Aber ich hatte die Musik im Blut. Ich legte deshalb nach mit einem Studium an der internationalen Musikakademie in Mailand, am Centre des musiques Didier Lockwood bei Paris und am Conservatorio di musica Giuseppe Verdi in Mailand“, zählt Profeti die Stationen auf.
Seit einem Jahr spielt Paolo Profeti in der Big Band von Radio Rumänien mit — eine interessante Erfahrung, denn ein großes Orchester zwingt dem improvisationsfreudigen Italiener eine bestimmte Disziplin auf, denn nicht weniger als fünf Saxophonisten sind in der Band. In Bukarest eröffnete sich dem italienischen Künstler eine ganze Jazzwelt:
Ich spiele auch mit in der Bucharest Jazz Orchestra, einer Band, die gerade drei Jahre alt wurde und von Sebastian Burneci geleitet wird. Er spielt auch in der Radio Big Band, aber Trompete. Wir haben auch eine ‚live recording session‘ in einem Jazzclub aufgenommen — Bukarester Geschichten ist aber eine Musik, die nur die Wurzeln im Jazz hat, die dann aber auch Richtung Hip-Hop abbiegt und auch George Enescu neu auslegt“, beschreibt der Italiener seine Arbeit hier. Er hat inzwischen auch seine eigene Band — die Paolo Profeti European Collective“ –, mit der er an der eigenen LP Waiting for Bucharest“ arbeitet. Die Musik soll in Bukarest, aber auch in Sibiu und Cluj promotet werden.
Irgendwie scheint der Tag für Paolo Profeti mehr Stunden zu haben — denn der Italiener will jetzt auch unterrichten — aber nicht Jazz, Hip Hop, Enescu oder House, ein Genre, das ihm gleichermaßen liegt:
Als kleiner Junge wollte ich Tänzer werden — mein erster Traum. Seit 11 Jahren tanze ich Tango und ich liebe das. Viel Zeit bleibt mir nicht, aber es ist gut, mehrere Leidenschaften zu haben. Sobald ich mit meinem Album fertig bin, gehe ich mit einer Freundin, die Tango-Lehrerin ist, nach Iaşi, um dort zusammen Tango-Unterricht zu geben“, sagt Paolo Profeti.
In den letzten Jahren haben Hunderttausende Rumänen den Weg nach Italien gewählt. Anscheinend geht das auch umgekehrt — und für immer. Oder wie es Profeti in seiner Komposition ausdrückt: Milan-Bucharest, One Way“ (Mailand — Bukarest‚ nur Hinfahrt).