Globetrotter Piers Posner: „In Rumänien mag ich die Ursprünglichkeit der Lebenskultur“
Piers Posner ist ein richtiger Weltenbummler. Er wurde in der Stadt Buffalo im US-Bundesstaat New York geboren und wuchs in einem künstlerischen familiären Umfeld auf.
Hildegard Ignătescu und Sorin Georgescu, 03.10.2024, 17:45
Piers Posner ist ein richtiger Weltenbummler. Er wurde in der Stadt Buffalo im US-Bundesstaat New York geboren und wuchs in einem künstlerischen familiären Umfeld auf. Sein Vater war Dichter und organisierte zu Hause in den 1960er Jahren literarische Abende mit Künstlern der sogenannten Beat-Generation. Bislang hat Piers Posner in mehreren Ländern auf der ganzen Welt gelebt. Aus New York war er zunächst nach Kalifornien gezogen, danach hat er in Griechenland und in England gelebt und übersiedelte anschließend zurück in die USA, wo er dekorative Kunst studierte. Nach einer Fortbildung beim berühmten Auktionshaus Sotheby’s & Christie’s eröffnete er einen kleinen Antiquitätenladen.
1998 lernte er im Rahmen eines Projekts der Vereinten Nationen in Großbritannien eine Rumänin kennen, die später seine Ehefrau wurde. Nach einer viermonatigen Reise kreuz und quer durch Rumänien ließen sich die beiden in Bukarest nieder und gründeten eine Familie, aus der zwei Kinder hervorgingen. In Rumänien verdiente Piers seinen Lebensunterhalt als Englischlehrer und wurde bald für seinen innovativen Unterricht bekannt. Mittlerweile ist er geschieden und lebt mit seiner Tochter in London. Heute arbeitet er als DJ und kommt mit einem Koffer voller Vinylplatten immer noch regelmäßig nach Bukarest. Außerdem träumt er davon, irgendwann einmal wieder in Rumänien zu leben.
Zunächst wollten wir wissen, was ihn an Rumänien so fasziniert hat, dass er beschloss, für lange Zeit hier zu bleiben.
„Nachdem ich meine künftige Frau kennengelernt hatte, entwickelte ich eine Leidenschaft für alles in Rumänien: das Land, die Kultur, das Essen, und die gewisse Rückständigkeit im positiven Sinne – soll heißen: eine unveränderte Ursprünglichkeit, wie sie beispielsweise in England vor 200 Jahren noch vorhanden war. Und ich habe gute Erfahrungen mit Menschen aus allen sozialen Schichten gemacht, ob Bauern oder Stadtmenschen, arme oder reiche Leute. Außerdem habe ich stets gutes Essen bekommen und war meistens von geradlinigen, unverstellten, gastfreundlichen und warmherzigen Menschen umgeben.
Als wir 2010 nach Bukarest zogen, fuhr ich zweimal einen voll bepackten Lastwagen von London bis hierher. Das waren insgesamt über 5 000 km, denn ich wollte auch unsere Kinder hierher holen, damit sie in Rumänien unverfälscht, ohne den ganzen Schnickschnack wie Markenklamotten aufzuwachsen können. Und so wuchsen beide auf der Straße spielend im Stadtviertel Cotroceni auf. Wir haben oft auch meine Schwäger in Constanța besucht und sind generell viel herumgekommen. Ich kann einfach keine negativen Eindrücke oder Erlebnisse im Zusammenhang mit Rumänien erwähnen. Ich bin nicht naiv, mit ist sehr wohl bewusst, dass es viele Probleme in Rumänien gibt, doch in England ist es genau so, dort haben wir nicht weniger Probleme.“
Wie viele Ausländer, die es über kürzere oder längere Zeit nach Rumänien verschlagen hat, findet auch Piers Posner, dass die Einheimischen hierzulande viel zu oft grundlos nörgeln und nicht schätzen, was sie haben.
„Die Rumänen beklagen sich allzu oft, dass die Dinge sich viel zu schnell ändern würden. Ich sage aber: Schaut her, in Rumänien bringen wir aber trotzdem immer noch die Zeit auf, uns zu treffen, auf ein Bier zu gehen und uns in langen Gesprächen auszutauschen. Und hier ist es viel einfacher, auf die Menschen zuzugehen. Ich lebe derzeit im Süden Englands, und dort sind die Menschen… politley unfriendly, um es auf englisch zu sagen. Das heißt, dort es ist schwer, sich mit Menschen zusammen zu tun, die man nicht schon jahrelang kennt. Hier ist die Gesellschaft immer noch aufgeschlossener.“
Piers Posner hat Rumänien früher kreuz und quer bereist, von Siebenbürgen bis ins Donaudelta. Hat er einen bestimmten Ort in sein Herz geschlossen?
„Es gibt in Siebenbürgen ein kleines Dorf, wo früher die Zucht von Wasserbüffeln betrieben wurde – heute nicht mehr. Das Dorf heißt Movile (dt. Hundertbücheln) und liegt im ehemaligen Siedlungsgebiet der Siebenbürger Sachsen auf der Strecke zwischen Sibiu (Hermannstadt) und Sighișoara (Schäßburg). Meine ehemalige Frau und ich hatten im Jahr 2000 für wenig Geld zwei sächsische Bauernhäuser erworben und danach ein Vielfaches in die Instandsetzung investiert, denn die Häuser und das Gehöft waren seit 1937 nicht mehr renoviert worden. Wir haben dort jahrelang mit unseren Kindern gelebt, haben oft schon morgens den örtlich hergestellten Räucherspeck mit Zwiebeln und Schnaps genossen. Ein Leben ohne den üblichen Marken-Schnickschnack, wie ich schon sagte. Die beste Entscheidung meines Lebens war, meine Kinder hierher zu bringen.“