Enxhi Rista aus Albanien: „Mein Traum ist, eine große Regisseurin zu werden“
Enxhi Rista stammt aus Albanien: Sie kam im Alter von 17 Jahren nach Rumänien, um hier zu studieren, und nun ist die junge Frau in der rumänischen Filmbranche tätig.
Hildegard Ignătescu, 17.05.2022, 19:00
Enxhi Rista schrieb sich zunächst bei der Philologischen Fakultät der Babeș-Bolyai-Universität in Klausenburg ein, wo sie Rumänisch lernte. Danach zog sie nach Bukarest, wo sie sich einen Traum verwirklichen wollte, nämlich Filmwissenschaft und Regie zu studieren. Das tat sie auch an der Nationalen Universität für Film- und Theaterkunst (UNATC), wo sie ein Masterstudium belegte und nun als Doktorandin forscht. Sie arbeitet aber schon in der rumänischen Filmindustrie, und zwar als Filmproduzentin, Regisseurin und Projektkoordinatorin. In dieser letzten Rolle ist sie Mitglied im Organisatoren-Team mehrerer Filmfestivals wie Caravana Metropolis Cinema în Aer Liber“ (zu dt. Metropolis-Karawane für Freilichtkino“), und Kinodiseea International Children Film Festival.“ Sie wirkte auch bei einigen bekannten Film-Produktionen mit, darunter Die letzte Transhumanz“ von Dragoș Lumpan und Touch Me Not“, das vielfach preisgekrönte Dokudrama von Adina Pintilie. Enxhi Rista hat also schon vielfach Erfahrung in der rumänischen Filmindustrie gesammelt. Doch wie begann alles und was veranlasste sie, nach Rumänien zu ziehen?
Meine rumänische Story begann, als ich 17 Jahre alt war und noch in Albanien lebte. Ich hatte an einem Film-Workshop teilgenommen, bei dem ich einen Kurzstreifen drehen durfte; dabei wurde mit klar, dass das meine Zukunft sein wird — ich wollte Filmregisseurin werden. Also bat ich meine Eltern um Unterstützung, und insbesondere meine Mutter war mir eine Stütze — sie verstand, dass das mein Lebenstraum ist. Meine Familie ist aromunischstämmig, das hat mir erleichtert, ein Stipendium in Rumänien zu erlangen. Und so kam ich 2013 nach Rumänien. Zunächst habe ich Rumänisch an der Philologischen Fakultät in Klausenburg gelernt, denn vorher war mir die Sprache nicht geläufig; danach zog ich nach Bukarest, wo ich Filmregie an der Nationalen Universität für Film- und Theaterkunst studierte. Jetzt bin ich Doktorandin im dritten Studienjahr an derselben Hochschule. Meine Habilitationsschrift befasst sich mit einem sehr interessanten Thema, nämlich dem albanischen Kino im balkanischen Kontext.“
Enxhi Rista hat also ihren Traum verwirklicht, sie hat auch mehrere Filme gedreht; einer davon, der Streifen Er liebt meine Augen“ von 2019, wurde auf der Gopo-Filmgala mit einer Trophäe ausgezeichnet. Der Film wurde auch bei internationalen Filmfestivals in Deutschland und Portugal gezeigt. Die junge Regisseurin erzählt, wie der Dokumentar-Film entstanden ist:
Ich mag es sehr, Dokus zu drehen, ich hatte bereits zwei gemacht, doch »Er liebt meine Augen« ist der beste unter den dreien. Alles begann mit einem Workshop zusammen mit Studenten aus Deutschland; wir fuhren nach Botoșani in Nordostrumänien und dort suchten wir einen Monat lang nach Sujets im Umfeld der örtlichen Haftvollzugsanstalt. So fand ich meine Hauptfigur, die eine sehr interessante Lebensgeschichte hat. Der Mann saß — mit mehreren Unterbrechungen — seit 20 Jahren ein. Jedes Mal, wenn er zeitweilig freikam, zeugte er ein Kind mit seiner Ehefrau, und so kam es, dass sie innerhalb dieser 20 Jahre 6 Kinder bekamen. Es ist eine schöne Liebesgeschichte, die beiden sprachen über Liebe, Leben und Eifersucht, doch der Film ist in erster Linie über die Liebe der beiden füreinander. Und der Titel »Er liebt meine Augen« ist eigentlich die getreue Wiedergabe einer Aussage dieser Frau. Ich hatte bis dahin kaum eine Ahnung von der Welt der Vollzugsanstalten, doch auch dort gibt es schöne Geschichten und beeindruckende Menschen. Ich wusste, dass ich mich in einer Haftanstalt befinde, doch habe ich immer versucht, das Gute in der Umgebung und in den Menschen zu finden.“
Doch was schätzt Enxhi an ihrer Wahlheimat Rumänien und was bewog sie, hier zu bleiben?
Rumänien ist mein Zuhause und ich bin sehr stolz darauf. Es fühlt sich an, als ob ich hier aufgewachsen wäre, auch wenn ich erst im Alter von 17 Jahren hierherkam. Hier wurde ich erwachsen, hier bin ich persönlich wie beruflich gewachsen. Ich fühle mich einfach überall heimisch in Rumänien. Ich mag das hiesige Kulturleben, hier kann man viele Konzerte und Filmsets besuchen, was in Albanien weniger möglich ist, denn Albanien ist ein kleines Land und dort gibt es nicht so viele künstlerische Events wie in Rumänien. Sicherlich werden auch in Albanien einige Filme im Jahr gedreht, doch eben weniger als in Rumänien. Ich muss nicht immer selbst Regie führen, ich mag es auch, Teil des Produktionsteams zu sein. Mein Traum bleibt allerdings, mit der Zeit eine große Filmregisseurin zu werden.“
Enxhi Rista hat sich perfekt in Rumänien integriert. Doch fehlt ihr manchmal ihre erste Heimat Albanien nicht?
Doch — mir fehlt meine Familie. Ich vermisse meine Mutter und ihr Essen. Meine gesamte Familie ist in Albanien geblieben — meine Mutter, mein Vater, meine Großmutter und weitere Verwandte. Als Kind hatte ich in Albanien kaum Freunde, für mich begann alles hier in Rumänien. All meine Freunde sind hier, meine Mutter hat mich einmal besucht, und ich hoffe, dass diese Pandemie bald vorbei ist, damit mich beide Elternteile — Mama und Papa — besuchen können.“